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Quellen Der Lust

Quellen Der Lust

Titel: Quellen Der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Krahn
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der Tat einiges über einen Mann erfahren, wenn man seine Essgewohnheiten beobachtet.“ Ihre Augen verengten sich, und sie blickte ihm ins Gesicht. Er war nicht so unvorsichtig, sich der Herausforderung zu stellen. „Nehmen wir zum Beispiel Ihre Angewohnheiten.“
    „Meine?“ Er machte eine wegwerfende Geste und schlug die Beine übereinander, wobei er versuchte, zu ignorieren, dass sowohl seine Ohren als auch sein bestes Stück nach mehr verlangten.
    „Heute Morgen haben Sie das Frühstück so hastig hinuntergeschlungen, als ob eine Wolfsmeute nur darauf warte, es Ihnen wegzuschnappen.“ Sie neigte den Kopf und sah ihn forschend an. „Ich würde sagen, Sie sind mit einer Meute Brüder aufgewachsen.“
    „Wenn Sie vier als eine ‚Meute‘ ansehen, dann haben Sie recht.“
    „Und ich nehme an, Sie sind weder der Älteste noch der Jüngste.“ Ihr Blick schien bis in sein Inneres zu dringen.
    „Ich bin der dritte von fünf Söhnen, alle noch am Leben und in bester Gesundheit. Nicht, dass das etwas heißen würde, abgesehen davon, dass die St. Lawrences ein zähes Völkchen sind.“
    Ihr wissendes Lächeln deutete an, dass sie diese Mitteilung sehr aufschlussreich fand.
    „Der mittlere Sohn“, sinnierte sie. „Nie der Erste, nie der Letzte. Wahrscheinlich immer von irgendjemandem zu irgendetwas gezwungen. Das erklärt so einiges.“
    „Und was zum Beispiel?“ Für seinen Geschmack trafen ihre Schlussfolgerungen leider allzu oft den Nagel auf den Kopf.
    „Ihre Essgewohnheiten. Schnell, schnell, schnell. Sie nehmen sich nie die Zeit, etwas zu genießen.“ Ihre Augen nahmen einen weichen Ausdruck an. „Haben Sie jemals langsam in das weiche Fruchtfleisch einer sonnengewärmten, frisch gepflückten Erdbeere gebissen … und darauf geachtet, wie sich der Geschmack allmählich auf Ihrer Zunge verbreitet?“ Ihre Fingerspitzen wanderten unter seinem gebannten Blick über ihr Kinn und ihren Hals. „Haben Sie jemals den Fruchtsaft so lange es ging im Mund behalten und ihn dann langsam die Kehle hinunterfließen lassen? Und dann gespürt, wie dieser flüssige Sonnenschein Wärme und Leben in Sie brachte?“
    Er musste sich räuspern, um wieder die Herrschaft über seine Stimme zu erlangen.
    „Essen ist Nahrungsaufnahme“, erklärte er, während er in seinem tiefsten Innern spürte, dass er Erdbeeren von nun an mit völlig anderen Augen ansehen würde. „Nichts weiter.“
    „Nun, ich denke, einige sehr weise Männer würden dieser Aussage widersprechen.“
    Er verzog das Gesicht. „Die haben noch nicht das Kutteln- und Steckrübensandwich Ihrer Köchin probiert.“
    Sie brach in ein so klares und ungekünsteltes Lachen aus, dass es in seinen Ohren fast wie Musik klang. Mercy schreckte auf und blinzelte in die Runde. Sie wirkte so verdutzt, dass auch Jack in Gelächter ausbrechen musste.
    „Ich gebe zu, dass Sie in Bezug auf Aggies Sandwich recht haben, aber im Großen und Ganzen bleibe ich bei meiner Meinung“, sagte sie lächelnd. „Es trägt bedeutend zum persönlichen Gleichgewicht bei, wenn man sich die Zeit nimmt, die kleinen Freuden des Lebens zu genießen: Essen und Trinken, Musik, Farben und Formen.“ Ihre Heiterkeit wandelte sich nun in eine Warmherzigkeit, die ihn irgendwo tief in seinem Inneren berührte. „Was mögen Sie denn eigentlich, Jack St. Lawrence? Vom Küssen einmal abgesehen?“
    „A-aber, Mrs. Eller …“ Er sah von ihr zu Mercy, und ihm graute, als er das Interesse auf dem Gesicht der alten Magd sah. Verlegen öffnete er den obersten Knopf seiner Weste und rutschte unbehaglich auf seinem Sitz hin und her.
    „Pferde. Ich interessiere mich für Pferde und für die neuen mechanischen Erfindungen, die sie ersetzen werden. Lokomotiven und Dampfzüge.“ Er sah sie vorsichtig an, als erwarte er, dass sie ihn auslache. Als dies ausblieb, verspürte er das Bedürfnis, fortzufahren. „Außerdem bin ich sehr am Aufbau und der Technik elektrischer Erfindungen interessiert, zum Beispiel am Telefon, am Telegraphen und an Straßenlampen.“
    „Dann sind Sie also ein Mann, der gerne versteht, wie etwas im Einzelnen funktioniert.“
    „Das könnte man wohl so sagen.“
    „Wir haben mehr gemeinsam, als Sie denken. Was mögen Sie noch? Sie scheinen auch ein Liebhaber der Jagd und aller ‚männlichen‘ Sportarten zu sein.“
    Er sah sie einen Augenblick prüfend an, und als er aufrichtiges Interesse in ihrem Gesicht las, konnte er nicht umhin, ihr die Wahrheit zu sagen.
    „Eigentlich

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