Quellen Der Lust
eine stärkende Teepause einzulegen, während Jack sich nach Clapfords Wohnsitz erkundigte.
„Sein Gut liegt an der Cambridge Road, ganz hier in der Nähe“, sagte er mit gespielt guter Laune, als er die beiden Frauen zur Kutsche führte. „Diesmal habe ich ein gutes Gefühl. Noch eine halbe Stunde, und ich wette, dass Ihre Suche beendet sein wird.“
Nachdem er Mercy die Stufen hinaufgeholfen hatte und sich nun zu Mariah umdrehte, um ihr seine Hand anzubieten, sah diese ihn einen Moment schweigend an und senkte dann ihre Stimme.
„Ich habe noch einmal darüber nachgedacht“, sagte sie. „Um sicher zu sein, dass ich den passendsten der infrage kommenden Männer auswähle, sollte ich mir in jedem Fall alle drei noch verbleibenden Kandidaten ansehen, bevor ich eine endgültige Entscheidung treffe.“ Sie standen so nahe beieinander, dass es nicht zu übersehen war, wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich.
„Den Teufel werden Sie. Das könnte Tage, ja, Wochen dauern.“ Er sah sie erst erschrocken, dann vorwurfsvoll an. „Sie haben versprochen, innerhalb von zwei Wochen zu heiraten.“
„ Falls ich den richtigen Mann finde“, erwiderte sie und konnte sich des unangenehmen Gedankens nicht erwehren, dass seine Mission an ihrer Seite sofort beendet wäre, wenn sie heiratete. Eine Heirat, die außerdem das Ende ihrer über alles geliebten Unabhängigkeit bedeuten würde, sagte sie sich schnell, um jeden Gedanken an ihn zu vertreiben.
„Clapford ist der richtige Mann. Er ist reich. Oder wird es zumindest bald sein.“
„Das ist Ihre Bedingung für eine Ehe“, sagte sie scharf. „Nicht meine .“
Er errötete, ließ aber die Anschuldigung nicht auf sich sitzen.
„Immerhin ein klügeres Auswahlverfahren als die Anzahl von Soßenflecken auf einem Wams zu zählen“, sagte er hitzig. „Glauben Sie mir, schon heute Abend werden Sie die zukünftige Lady Clapford sein.“
Und wenn nicht?, las er die stumme Frage in ihren Augen.
Ein heißer Blitz durchzuckte ihn, als sie ihn beim Einsteigen streifte. Schon wieder spürte er die verfluchte Heiratsgenehmigung in seiner Tasche rascheln.
9. KAPITEL
Clapford House war ein geräumiges, aus einfachen Backsteinen erbautes Landhaus, das auf einem kleinen baumlosen Hügel lag. Die Überreste des wohl einstmals gut gepflegten Rasens ragten nur noch als vereinzelte Halme aus dem Boden, und hie und da wuchsen wilde Büsche und hohes Unkraut. Das herausstechendste Merkmal der Zufahrt zum Haus war ein großer Teich mit einem von Ranken bewachsenen Brunnen in der Mitte. Knietief im Teich standen ein Mann in hohen Stiefeln und drei barfüßige Jungen mit Händen voller Unkraut und Schlamm.
Als die Kutsche näher kam, öffnete Jack das Fenster. Sie hörten den Mann Anweisungen bellen und dabei auf einzelne Stellen im Teich deuten.
„Es ist Oktober“, sagte Mariah und zitterte unter der kalten Brise, die durch das Fenster hereinwehte. „Was um alles in der Welt machen diese Leute um diese Jahreszeit im Teich?“
„Frieren sich den Hintern ab“, brummte Mercy.
Sobald die Kutsche vor dem schmucklosen Hauseingang hielt, sprang Jack heraus. Erst nach langem und lautem Klopfen an der Tür wurde ihm von einem alten Diener geöffnet, der gegen das schwache Licht anblinzelte.
„John St. Lawrence. Ich bin hier, um Mr. Clapford einen Besuch abzustatten. Sagen Sie ihm bitte, dass ich im Auftrag des Prinzen hier bin.“
Der alte Mann seufzte schwer und trat dann aus dem Haus. Er ließ Jack vor der Tür stehen, überquerte die mit Kieselsteinen bedeckte Einfahrt und ging weiter in Richtung des Teichs. Jack verzog verständnislos das Gesicht und sah hinüber zu Mariah und Mercy, die gerade mit Hilfe des Kutschers ausgestiegen waren. Beide bemerkten seinen verwirrten Ausdruck und gingen zu ihm hinüber.
„Sir, Sie haben Besuch“, rief der alte Diener mit heiserer Stimme. Er versuchte, die Aufmerksamkeit seines Herrn mit einem Winken zu erregen, und rief dann noch einmal zu ihm hinüber. „Im Auftrag des Prinzen!“
Der Mann im Teich hörte auf, Befehle zu brüllen, und hielt seine Hand ans Ohr, um den alten Butler verstehen zu können. „ Was ist mit dem Prinzen ?“
Der Mann im Teich war also Clapford, dachte Mariah mit Schrecken.
„ Auftrag des Prinzen! “
„Hoppla, ich hab einen!“ Einer der Jungen hielt einen großen Fisch mit orangefarbenen und schwarzen Punkten hoch, der in der kalten Luft verzweifelt hin- und herzappelte. „Das gibt ein feines
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