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Quellen Der Lust

Quellen Der Lust

Titel: Quellen Der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Krahn
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– eine Tatsache, die ihn gleichermaßen beunruhigte und ängstigte. Nie zuvor hatte es ihm etwas ausgemacht, Menschen ihre Geheimnisse zu entlocken und ihnen seinerseits einen Sack voll Lügen zu präsentieren. All das gehörte zu seiner Arbeit. Schließlich konnte er Verdächtigen schlecht erklären: „Guten Tag, ich bin ein Spion der englischen Krone und gekommen, um Ihre Geheimnisse zu lüften. Aber wenn Sie sie mir einfach erzählen, würde mir das eine Menge Zeit und Mühe ersparen.“
    Aber weil er ihr nicht sagte, wer er war, begann jede Lüge wie bittere Medizin zu schmecken. Was nur bedeuten konnte, dass die Anflüge von Unzufriedenheit, die er in den letzten Monaten erlebt hatte, bedeutender waren, als er es geglaubt hatte. Wenn er es nicht ertrug, Lügen zu erzählen, dann waren seine Tage als Spion definitiv gezählt. Tatsächlich hatte er mehr als einmal an diesem Tag erwogen, ihr die Wahrheit zu sagen, aber sein Verstand hatte ihm zur Vorsicht geraten. Schließlich kannte er sie nicht gut genug, und selbst wenn sie ein Geheimnis mit ihm geteilt hatte, andere bewahrte sie noch – die Tatsache, dass sie eine Mätresse gewesen war, sowie ihre geheime Identität als Charles Brightmore. Aber sein Herz – sein Herz, das noch nie zuvor so betört gewesen war – sagte ihm, dass sie diese Geheimnisse nur deswegen nicht preisgab, um sich zu schützen und ihren Ruf in Little Longstone. Die Gründe waren nicht belanglos.
    „Himmel, was machst du für ein finsteres Gesicht“, sagte Genevieve, und ihre Stimme schreckte ihn aus seinen Gedanken. „Ich möchte wirklich nicht wissen, an wen du gerade denkst.“
    Simon lächelte ihr zu. „Tatsächlich habe ich an dich gedacht.“
    „O je. Das kann nichts Gutes heißen.“
    „Im Gegenteil, es war sehr gut.“
    „Dein Gesichtsausdruck sagt etwas anderes.“
    „Das lag nur an meiner Unfähigkeit, das richtige Wort zu finden. Ich dachte daran, wie schön dieser Tag gewesen war, und begriff dann, dass schön ein viel zu nichtssagendes Wort dafür ist.“ Beauty blieb stehen, um an einem Büschel trockenen Grases zu schnüffeln, und Simon wandte sich zu Genevieve um. „Es war …“
    „So viel besser als nur schön?“, schlug sie mit der Andeutung eines Lächelns vor.
    „Ja.“ Er hob ihre Hand – ihre nicht behandschuhte Hand – an die Lippen und küsste ganz leicht ihre Finger. „Es war die Art von Tag, die ich gern wiederholen möchte.“
    Seine Hoffnung, dass sie seine Gefühle erwidern würde, schwand und erstarb schließlich, als ihre leichte Belustigung verschwand und sie stattdessen traurig wurde. Alles in ihm erstarrte vor Enttäuschung. Zur Hölle. Zweifellos hatte sie den Tag nicht so sehr als etwas Besonderes empfunden wie er, auch wenn dies der erste Hinweis darauf war.
    Nur mit äußerster Mühe gelang es ihm, einen neutralen Gesichtsausdruck zu bewahren. Als sie nichts sagte, ihn nur ansah aus diesen traurigen Augen, sprach er endlich die offensichtliche Wahrheit aus, die zwischen ihnen lauerte wie eine dunkle Wolke. „Du willst das nicht.“ Die Worte klangen resigniert, als er sie aussprach, und so fühlte er sich auch.
    In ihre Augen trat noch mehr Kummer, und sie schüttelte den Kopf. „Das stimmt nicht. Ich will das auch. Es ist nur …“ Sie trat zurück und ging ein paar Mal hin und her, ehe sie sich zu ihm umdrehte. Dann hob sie den Kopf und sah ihm ins Gesicht. „Ich fürchte, ich war nicht ganz ehrlich zu dir, Simon. Und wenn wir mehr Zeit miteinander verbringen sollten – einander wieder sehen, so wie heute, dann möchte ich, dass keine Lügen zwischen uns stehen.“
    Sein Gewissen versetzte ihm einen Stich wegen seiner eigenen Unehrlichkeit, doch er beschloss, das zu ignorieren. „Ich höre.“ Als sie zögerte, sagte er leise: „Genevieve, ich gebe dir mein Wort, dass dies – was immer du mir sagen wirst – unter uns bleiben wird.“
    „Danke.“ Sie schluckte, dann sprach sie hastig und atemlos weiter. „Meine Verhältnisse sind nicht so, wie ich dich glauben ließ. In Wahrheit bin ich keine Witwe. Tatsächlich war ich nie verheiratet. Zehn Jahre lang war ich die Mätresse eines Aristokraten, eines Mannes, dessen Mätresse ich noch immer wäre, hätte er nicht letztes Jahr unser Verhältnis beendet, weil er es nicht mehr ertragen konnte, dass meine nicht mehr perfekten Hände ihn berührten. Um des Anstandes und der Diskretion willen habe ich mich als Witwe ausgegeben.“ Sie hielt inne, leckte sich über die Lippen

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