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Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Titel: Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
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Kopf. »Wenn das so wäre, würdest du nicht mehr leben«, murmelte sie.
    »Das ist eine einmalige Liebeserklärung. Danke. So etwas hört man auch selten. Wechseln wir bitte das Thema. Ich kotze sonst. Das ist angesichts der Enge hier nicht ratsam.« Er war zornig, weil er sich wie ein Amateur hatte übertölpeln lassen. »Also, bitte. Warum bist du jetzt hier und knallst Menschen ab? Reiche Erbin arbeitet nebenberuflich als Killerin? Was soll das?«
    Er spürte geradezu, wie sie eine böse Antwort herunterschluckte.
    »Max, ich muss dir doch nicht extra erklären, dass diese Aufzeichnungen«, sie zeigte auf die Kladden, »mich nicht kaltlassen. Es geht nicht darum, dass mein Großvater kein lupenreiner Demokrat war. Und dass das Geld, mit dem er und diese Männer vor Jahrzehnten ihre Reichtümer erschaffen hatten, nicht ganz legal war. Es geht um die Zukunft. Meine Firmen geben mehr als hunderttausend Menschen weltweit Arbeit. Wer immer diese Aufzeichnungen in die Hände bekommt, irgendein halb gebildeter Pressefuzzi oder ein interessierter Opferanwalt, der nur Dollarzeichen in seinen Augen hat, wird aber kein Verständnis für die Zeit damals haben. Er würde das Lebenswerk meines Vaters zerstören. Und wofür? Die Toten stehen nicht mehr auf. Das ist vorbei.«
    Quercher sah sie verächtlich an. »Das hat dein Opfer Rieger auch gesagt. Schwamm drüber. Kurze Zeit später hast du ihm ein Hochleistungsprojektil in den Kopf gedonnert. So viel zu ›Schwamm drüber‹.«
    Sie weinte. Einfach so. Still und schluchzend ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Er legte seine Hand auf ihr Bein. Zu einer größeren Geste war er nicht in der Lage. Wäre Lumpi nicht an seiner Seite gewesen, hätte er das Gefühl gehabt, in einer Gruft zu liegen. All diese Geschichten aus dem Geheimdienstmilieu waren so deprimierend. Sie bestanden immer nur aus Grautönen. Es gab kein wirkliches Gut und Böse. Natürlich hatte Hannah den alten Rieger aus rein egoistischen Gründen getötet. Sie hatte Angst um ihr eigenes Leben. Und sie glaubte, die Interessen ihrer Firmen schützen zu müssen. Sie hatte Hudelmeier über den Haufen geschossen, um an Aufzeichnungen zu kommen, die mehr als sechzig Jahre alt waren. Einfach so. Sie hatte ihn draußen liegen gelassen. Nicht, dass Quercher Mitleid mit Hudelmeier gehabt hätte. Aber all das war ihm so fremd, stieß ihn ab, weil es nichts mit seinem Verständnis von Recht und Ordnung zu tun hatte. Für Hannah schien das alles ein Spiel zu sein. Für ihn war es das Leben. Das war wohl der Unterschied.
    Hannah wischte sich die Tränen von den Wangen. »Du hast aber die USB-Sticks. Damit kannst du sie alle hier im Tal hochgehen lassen. Und du hast mir sehr geholfen.«
    Wieder quietschte es über ihnen. Beide blickten hoch zu der Stahltür. Das Geräusch war grässlich und hörte nicht mehr auf. Sie sahen, wie sich das Metall durchbog, immer stärker die Halterungen belastete. Dann schlug die Stahltür auf. Und mit ihr fielen Schneemassen hinunter in den Keller. Erstarrt vor Schreck, drückten Quercher und Hannah sich an die Wand. Dann war wieder Ruhe. Die frische Luft, mochte sie noch so kalt sein, roch köstlich, fand Quercher. Hannah stand auf und schlängelte sich zwischen zwei zerborstenen Balken hindurch, die über dem Eingang lagen. Sie zog sich an ihnen hoch und sah sich um. Dann kehrte sie zurück.
    Er trank aus der Flasche, die fast leer war, einen Schluck Enzian. Hannah legte ihre Decke über Quercher und Lumpi. Er sah sie erstaunt an, schwieg aber.
    Sie packte die Kladden zurück in die Sporttasche und zog aus der Dunkelheit seine Glock hervor. »Die ist für dich. Ich habe sie gereinigt. Für den Fall, dass du noch einmal unangemeldeten Besuch bekommst. Schieß mir bitte nicht in den Rücken.«
    »Willst du mich hier allen Ernstes allein zurücklassen?«, fragte er erstaunt.
    »Nimm mir das nicht übel. Ich habe noch etwas zu erledigen. Und da brauche ich einen Vorsprung. Wie ich dich kenne, würdest du versuchen, mich aufzuhalten. Du bist ein Romantiker, einer, der noch an Gut und Böse glaubt.«
    »Noch eins, Hannah. Wo und wie hast du das Schießen gelernt? Oder gehört die Entenjagd zu deinen Hobbys?«
    Sie lächelte nicht, als sie antwortete. »Ich sagte bereits, dass Riegers Leute mich nach dem Tod meiner Eltern bedroht haben. Mir wurde deutlich gemacht, dass bestimmte Unternehmen, an denen mein Vater beteiligt war, weiterzuführen seien. Das waren Tarnfirmen. Ich habe anfangs zugestimmt.

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