Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Querschläger

Querschläger

Titel: Querschläger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
Vom Netzwerk:
können.«
    Silvie nickte und tastete nach dem Knoten, der die bemehlte Halbschürze hinter ihrem Rücken zusammenhielt. »Hast du Hunger?«
    Verhoeven überlegte einen Augenblick, dann sagte er Ja. Das Leben, unser Leben, geht weiter, dachte er. Alles andere wäre pure Heuchelei!
    Mit einem Gefühl der Erleichterung folgte er seiner Frau in die Küche, deren Fenster von der Hitze des Backofens beschlugen. Dahinter klebte nachtschwarze Düsternis.
    »Wie geht es unserer Kleinen?«
    »Sie hat eine Menge Fragen gestellt, und ich habe mich nach Kräften bemüht, wahrheitsgemäß zu antworten, ohne ihr allzu viel Angst zu machen.« Silvie trat an den Kühlschrank und nahm eine Schüssel mit Nudelsalat heraus. »Es wird bestimmt nicht leicht in den nächsten Wochen. Aber ich denke, sie wird damit fertig werden. Irgendwie.« Sie drehte sich zu ihm um. »Ist Nudelsalat okay für dich, oder möchtest du lieber was Warmes?«
    »Nudelsalat ist perfekt«, entgegnete Verhoeven und nahm sich eine Gabel aus der Schublade des Küchenschranks. »Und vielleicht bekomme ich ja anschließend auch noch ein Stück von diesem …« Er zeigte auf die Tür zum Backofen.
    »… Buchweizenkuchen«, ergänzte Silvie bereitwillig. »Liebend gern. Er müsste jeden Moment fertig sein.«
    Verhoeven zog argwöhnisch die Augenbrauen zusammen. »Buchweizenkuchen?«
    »Sei so gut und warte mit deiner Ablehnung, bis du ihn probiert hast, okay?«
    »Und das Rezept für diese ökologisch korrekte Köstlichkeit hast du nicht zufällig von …«
    »Rieß-Sempers?«, fiel Silvie ihm ins Wort, indem sie die frisch gespülte Rührschüssel wieder im Schrank unter der Spüle verstaute. »Nein, stell dir vor, das habe ich ganz allein gefunden. Und zwar in diesem klugen Kochbuch hier.« Sie hielt ihm ein schmales Heftchen mit einem hübsch gestalteten Schutzumschlag unter die Nase.
    »Oh, mein Gott«, rief Verhoeven in grenzenlos übertriebener Verzückung, »sollte dieser Abstecher in die erhabenen Sphären gesunder Ernährung tatsächlich bedeuten, dass unser süßer kleiner Dominik schon wieder zum Kaffee kommt?« Er unterbrach sich und schlug sich dann in ebenfalls grenzenlos übertriebenem Entsetzen eine Hand vor den Mund. »Oh nein, natürlich nicht zum Kaffee, denn Kaffee würde den Blutdruck eines adipösen Fünfjährigen wahrscheinlich in rekordverdächtige Höhen treiben und womöglich dazu führen, dass unser kleiner dicker Engel einfach explodiert. Und das wäre doch jammerschade, nicht wahr?« Er duckte sich, um dem Topflappen auszuweichen, den seine Frau nach ihm warf. »Also keinen Kaffee«, resümierte er. »Aber, hey, wie wär’s mit Kakao? Vorausgesetzt, die liebe Putte bekommt von Kakaopulver keinen Ausschlag und stirbt«, fügte er in Anspielung auf Dominik Rieß-Sempers viel beschworene Glutamat-Allergie hinzu.
    »Weißt du, dass du einfach widerlich bist?«, kicherte Silvie, indem sie die Backofentür öffnete und einen erstaunlich wohlriechenden Napfkuchen herauszog. »Ich verstehe wirklich nicht, was du gegen das arme Kind hast.«
    »Das arme Kind ist ein überaus raffinierter Casanova im Engelskostüm«, entgegnete Verhoeven. »Und wenn deine weiblichen Gene dich nicht zu einem vollkommen unverständlichen Entzücken über jede Form von billigem Kindchenschema verdammen würden, könntest du nicht umhin, mir zuzustimmen.«
    »Aber deine Tochter liebt diesen Jungen«, bemühte seine Frau, sehr zu seinem Leidwesen, wieder einmal ein altbekanntes Argument. »Und ich glaube kaum, dass dabei ein wie auch immer geartetes Kindchenschema eine Rolle spielt.«
    »Sondern?«, hakte Verhoeven nach, weil ihn die Antwort auf diese Frage von jeher brennend interessierte.
    »Zunächst einmal ist Dominik ein wirklich lieber Kerl.« Silvie Verhoeven ignorierte das skeptische Gesicht ihres Mannes und führ stattdessen ungerührt mit ihrer Aufzählung von Dominik Putten-Sempers Vorzügen fort: »Er ist klug …«
    »Ich bitte dich!«
    »… und er ist hilfsbereit.«
    »Oh ja, na klar, ich weiß, wie hilfsbereit er ist«, versetzte Verhoeven grimmig. »Wenn er keine neue Hose angehabt hätte, würde er meinen Teich – und ich betone: meinen Teich – ganz und gar allein gebaut haben!«
    »Das ist nicht nett, Hendrik«, lachte seine Frau, indem sie ihren Kuchen aus der Form löste und zum Auskühlen auf den Küchenschrank stellte.
    »Aber es ist die Wahrheit«, beharrte Verhoeven. »Dieser Junge ist ein lupenreiner Opportunist, der ungeniert seinen

Weitere Kostenlose Bücher