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Querschläger

Querschläger

Titel: Querschläger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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Solidarität oder so. Und es gab auch einen von diesen Aktionstagen, wo alle in kleinen Gruppen zusammensitzen und Plakate entwerfen und diskutieren, wie es zu so was kommen kann und wie man selbst reagieren soll, wenn ein Mitschüler von der Schule geflogen ist und man dann mitkriegt, dass er sich mehr und mehr zurückzieht und so. Aber da waren wir erst in der 7. oder 8. Klasse, damals. Ich meine, wer nimmt denn so was ernst in dem Alter? Erfurt – das war sozusagen am anderen Ende der Welt, wissen Sie?
Dragan Z., 18, Schüler der 12. Klasse
     
Ich weiß noch, dass wir irgendwann mal so ein Plakat erarbeitet haben. NIE WIEDER stand da quer obendrüber, und darunter waren lauter Dinge aufgezählt, die angeblich verhindern sollen, dass so was wieder passiert. Dass jemand durchdreht und alle umbringt, meine ich. Wir wollen achtsam miteinander umgehen, stand da, fast wie bei der Super-Nanny, wenn sie ihre Familienregeln aufstellt. Kennen Sie das? Meine Mutter guckt das andauernd. Wir wollen einander zuhören, schreiben sie da immer auf solche bunten Karten. Und dann kleben sie die Karten alle zusammen auf ein Blatt und hängen es irgendwo hin. Genau wie wir damals mit unserem Plakat an diesem Aktionstag. Und was das bringt, das sieht man doch jetzt. Waren wir denn auf irgendwas vorbereitet? Hatten wir auch nur den Hauch einer Chance?
Gina-Marie T., 17, Schülerin der 12. Klasse
Ich hatte eigentlich nicht das Gefühl, dass er mich töten wird. Keine Ahnung, warum. Vielleicht, weil er mir direkt in die Augen gesehen hat.
Justin G., 13, Schüler der 7. Klasse
Er trieb uns vor sich her, den Flur runter und durch den Durchgang zum Neubau. Ich habe gesehen, wie links und rechts neben mir welche zu Boden fielen. Leute, meine ich. Schüler. Echt, wenn ich jetzt drüber nachdenke, finde ich es total komisch, dass es nicht noch viel mehr Tote gegeben hat.
Elena E., 17, Schülerin der 11. Klasse
     
Ich habe nichts gesehen. Ich bin einfach nur gerannt. Es war, als ob die Luft um mich herum explodiert. Andauernd Schüsse. Und wenn du gedacht hast, jetzt ist es endlich vorbei, ging es wieder von vorn los.
Marco C., 13, Schüler der 8. Klasse

Dienstag, 18. September 2007
    1
    »Einen See?«
    »Um Himmels willen, nein«, widersprach Verhoeven seiner Frau, die ihn über den Frühstückstisch hinweg ansah, als habe er den Verstand verloren. Er war gegen sechs Uhr früh erwacht und barfuß in den Garten gegangen, um den Morgentau zwischen seinen Zehen zu spüren und den Duft der feuchten, offenen Erde zu genießen. Und dort im Garten, bei den Rosenbüschen, hatte eine Idee, mit der er sich seit ein paar Wochen trug, urplötzlich Gestalt angenommen. »Bloß ein Teich«, fügte er mit einem – wie er hoffte – entwaffnenden Lächeln hinzu. »Etwas, das hübsch aussieht und sich leicht pflegen lässt.«
    »Aha.« Silvies Miene drückte noch immer erhebliche Skepsis aus. »Und wo genau hattest du dir diesen Teich vorgestellt?«
    »Das kleine Rasenstück hinten bei den Rosen wäre ideal«, antwortete Verhoeven, wobei er sich bemühte, den Hauch von Sarkasmus zu überhören, der in ihren Worten mitschwang. »Es ist nicht zu sonnig und böte überdies ausreichend Raum für eine Sitzgruppe.«
    Seine Frau nickte. Ernsthaft, wie es schien, doch er kannte sie lange genug, um zu wissen, dass sie sich prächtig amüsierte. »Und da könnten wir dann im Sommer sitzen und Kaffee trinken, während wir unsere Tochter dabei beobachten, wie sie … Tja, und hier kommen wir an den interessanten Punkt, nicht wahr?« Sie sah ihn an. »Ich meine, soll Nina lediglich kleine Boote aus Holz oder Legosteinen fahren lassen, oder dachtest du zusätzlich an eine wie auch immer geartete Fauna?«
    »Warum nicht?«
    »Koi-Karpfen?«
    »Gott bewahre«, lachte Verhoeven. »Schließlich hast du einen Beamten des gehobenen nicht technischen Dienstes geheiratet und nicht einen von diesen Zahnärzten, die armen, unwissenden Leuten den Mund voller Gold spritzen, um sich jedes Jahr den passenden Porsche zu ihren neuen Gärtnern leisten zu können, und …« Er hielt inne, als ihm auffiel, dass seine Frau die Anspielung auf den Beruf ihres Vaters und den Verschleiß an Hauspersonal ihrer Eltern nicht annähernd so witzig fand wie er selbst. »Na, wie auch immer, ich hatte eher an etwas Erschwinglicheres gedacht«, setzte er eilig hinzu. »Goldfische, zum Beispiel. Die sind schön robust und brauchen wenig Pflege.«
    Seine Frau zog ihre makellos glatte Stirn in Falten.

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