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Querschläger

Querschläger

Titel: Querschläger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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Eltern und zweier hochbegabter Brüder nicht länger standgehalten hat. Der immer und überall der Depp gewesen ist. Ein Loser ohne jede Perspektive.
    Trotzdem wird Nikolas Hrubesch das benutzte Plastik mitnehmen, wenn er das Gebäude in der Maske eines Opfers verlässt. Später. Hinterher. In seinem Rucksack befindet sich noch ein zweiter, ein kleinerer, einer, der nach Schüler aussieht. In den wird er die Folie legen, nachdem er Sven Strohte erschossen hat. Und falls die Bullen auf die Idee kommen sollten, in seine Tasche zu gucken, werden sie sogar ein paar Wurstbrotkrümel in seinem Rucksack finden. In diesem Punkt ist er absolut detailversessen.
    Detailversessen und sooooo gut!

Raum 304, 3. Stock, 11:49 Uhr
    Miranda Kerr entfaltet den Zettel, den Angela Lukosch aus ihrem Matheheft gerissen hat. Sie weiß, was sie erwartet, zumindest sinngemäß, weil es eigentlich immer dasselbe ist, was diese Schlampen ihr schreiben, aber sie weiß auch, dass sie keine Wahl hat. Sie muss es sich trotzdem ansehen. Es über sich ergehen lassen. Es irgendwie aushalten.
    Sich unbeeindruckt zeigen ist das Einzige, das ihr vielleicht helfen kann. Eines fernen Tages. Das behauptet zumindest Hannah, ihre Freundin, wenn sie einander abends ihre Sorgen erzählen, per Internet, weil Hannahs Vater bei Siemens ist und vor einem knappen Jahr nach Kolumbien abkommandiert wurde, um den Ingenieuren dort irgendein blödes Programm zur Optimierung von Arbeitsabläufen zu erklären.
    Wenn du dich unbeeindruckt zeigst, verlieren sie die Lust, mailt Hannah .
    Und sie selbst fragt dann: Wann?
    Und Hannah mailt zurück, sie müsse Geduld haben.
    Geduld! Miranda Kerr starrt auf den Zettel in ihren Händen. Das Euter der ungelenk gezeichneten Kuh mit den beiden Zitzen wie überdimensionale Brustwarzen verschwimmt vor ihren Augen. Aber sie tut so, als sähe sie hin. Genau hin. Den dicken schwarzen Pfeil auf die Zitzen hätten sie sich wirklich sparen können! Genauso wie das Wort »Hängetitte«, das in großen runden Buchstaben unter dem Euter schwebt. Alles klar. Botschaft angekommen. Miranda Kerr beißt sich von innen in die Wange, bis sie den Schmerz kaum noch aushalten kann. Ist ja nichts Neues, denkt sie, während sie sich fragt, wie es sein kann, dass diese Art von Beleidigung ihr noch immer so wehtut. Wie lange es dauert, bis man immun ist. Gegen Mädchen wie Angela Lukosch und ihre Freundin Mirja. Gegen all den Dreck, den diese bornierten Schnepfen über ihr auskübeln. Jeden Tag aufs neue.
    Ihre Fingerspitzen beginnen zu zittern, und nur mit äußerster Mühe widersteht sie der Versuchung, ihr T-Shirt zurechtzuzupfen, das die zwanzig Pfund Übergewicht, die sie mit sich herumschleppt, trotz seiner Weite nicht kaschieren kann.
    Du darfst sie nicht merken lassen, dass sie dich mit so was treffen können, mailt Hannah aus Kolumbien.
    Ihre Mutter sieht das ein wenig anders. Du musst dich zur Wehr setzen, sagt sie, wenn sie ausnahmsweise mal Zeit hat, sich mit den Problemen ihrer Tochter zu befassen. Zeig ihnen, dass sie das nicht mit dir machen können!
    Miranda Kerr legt die Kuhzeichnung vor sich auf das Matheheft, in dem sämtliche Lösungen schon seit fünf Minuten fertig sind, und überlegt, warum sie den beiden, die ihr das antun, so oft auf den Leim gegangen ist. Warum es ihr nicht einfach genügt hat, die Klügste zu sein. Chancen zu haben. Später. Eines fernen Tages. Wenn es irgendwann mal darauf ankommt, was man im Kopf hat.
    Du bist ein phantastischer Mensch, mailt Hannah. Und Modelfiguren sind doch eh nur was fürs Fernsehen …
    Zu ihrer Rechten schielt Sebastian Wernecke nach ihrem Zettel. Auch so einer, mit dem hier kaum jemand etwas anfangen kann. Deshalb, und nur deshalb sitzt er neben ihr. Aus der Not heraus, sozusagen. Die Bank der Verstoßenen. Miranda Kerr lächelt bitter. Dabei haben früher immer alle neben ihr sitzen wollen. Und sei es nur, um abzuschreiben.
    Sie denkt an Hannahs Worte von wegen »nicht merken lassen« und hält Sebastian Wernecke die Zeichnung hin. Er betrachtet sie eine Weile und fängt dann verhalten an zu kichern. Vielleicht, weil er denkt, dass sie dergleichen von ihm erwartet. Vielleicht auch, weil er tatsächlich amüsiert ist.
    Auf der anderen Seite des Raumes tauscht Angela Lukosch einen Blick mit ihrer nervigen Busenfreundin. Miranda Kerr sieht es, aber sie versucht so zu tun, als ginge sie das alles gar nichts an. Bis heute kann sie sich nicht erklären, was sie getan hat, um ein solches Maß an

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