Quest
legte ein Messer mit scharfer, kurzer Klinge dazu und wandte sich um.
Nackt bis auf Socken und Schamhose sah er noch magerer aus als sonst. Sein ohnehin schmales Gesicht mit den weichen Zügen wirkte eingefallen, die Haut grau, glanzlos und trocken.
»Mu ss das wirklich sein?« fragte er.
Vileena lächelte. »Nein, mu ss es nicht. Aber Sie wollen Ihre Verdauungsbeschwerden loswerden, oder?«
Kuton warf einen skeptischen Blick auf das Tablett mit dem Messer. »Und Ihr seid sicher, da ss das hilft?«
»Ein Heiler ist sich seiner Sache niemals sicher«, erwiderte Vileena. »Aber mein Lehrer, Tennant Rabiri Siuda, hat wahre Wunder damit vollbracht.«
Tennant Kuton seufzte. »Also gut.« Er kletterte auf die Liege, drehte sich auf den Bauch und nahm ein, was er offenbar als eine entspannte Haltung ansah. »Es tut sicher weh.«
»Ein bi ss chen.« Vileena stell te sich das Tablett zurecht und fuhr dann mit den Fingern über seinen Rücken, auf der Suche nach den richtigen Punkten. An einigen Stellen mu ss te sie eine Tastelektrode zu Hilfe nehmen, da manche Punkte nur über die charakteristische Veränderung des elektrischen Hautwiderstands aufzuspüren waren. Sobald sie einen Punkt identifiziert hatte, trug sie eine winzige Menge der Paste Schwarz auf und strich sie mit einem Spatel flach, so da ss sie haftete.
»Wie geht es eigentlich Ihrem Schützling?« fragte sie dann, um ihn abzulenken, und griff nach dem Messer.
Kuton tat ihr den Gefallen, kurz verwirrt zu sein. Sie setzte rasch den ersten Schnitt in die Haut, den zweiten gleich daneben, durch die Paste hindurch, die sie sofort in die schwach blutende Wunde rieb.
Der Historiker vergrub das Gesicht in seinen Armen. Offenbar wollte er sich den Schmerz nun doch nicht anmerken lassen.
»Mein Schützling?« kam seine Stimme dumpf und gepre ss t. »Ihr meint Bailan?«
»Den Jungen von Pashkan, ja.« Vileena dachte daran, wie sie den unerwarteten Gast hier gehabt hatte zur Untersuchung, eingeschüchtert von all der fremden Technik und dem Umstand, an Bord eines riesigen Raumschiffs zu sein. Gro ss e Galaxis - der junge Mann war ein Virenarsenal auf zwei Beinen gewesen, eine wandelnde biologische Attacke. Nur mit Mühe und gro ss en Dosen von Staub Gelb hatte sie ihm eine Quarantäne ersparen können.
»Dem geht e s gut. Hat sich gut eingelebt…«
Der Tennant zog zischend die Luft ein, als Vileena den nächsten Schnitt setzte.
»Er ist uns eine gro ss e Hilfe, wirklich. Ohne ihn hätten wir nicht einen Bruchteil dessen entziffert, was wir bis jetzt geschafft haben.«
»Und? Ist etwas Brauchbares dabei?«
»Ja, sicher! Wir haben doch dem Kommandanten schon drei gro ss e Berichte geschickt…? « Seine Stimme erstarb. Vileena hörte eine andere Art von Schmerz darin.
»Sowas zeigt er mir nicht«, erklärte sie sanft in die Stille hinein, die plötzlich herrschte.
Kuton schwieg eine ganze Weile, schien den nächsten Schnitt überhaupt nicht zu bemerken, obwohl der an der rechten Flanke sa ss , die weitaus schmerzempfindlicher war als der Rücken. Sie rieb die Paste ausgiebig ein, wartete.
»Es war so verdammt kalt«, murmelte Kuton schlie ss lich. Er klang, als schliefe er halb. »Die Nächte, versteht Ihr? Ich hätte gern so einen Fellsack gehabt wie der Junge einen hatte. Mir war so kalt… ich konnte nicht einschlafen vor Kälte…«
Vileena nickte langsam, obwohl er das nicht sehen konnte, und spürte, wie sich ein Lächeln auf ihr Gesicht schlich. Das war es wieder, dieses geheimnisvolle Phänomen, auf das ihr Lehrer so viel Wert ge legt hatte. Irgendwann im Lauf der Behandlung, hatte er immer betont, steigt in dem Kranken eine Erinnerung hoch, die bis dahin wie eine Ladung in seinem Energiesystem gefangen war und so das Ungleichgewicht bewirkt hat, das ihn erkranken lie ss . Die Erinnerung kommt, und mit ihr scheint die Ladung zu entweichen. Das ist der Punkt der Umkehr. Heilung setzt ein. Sie wartete noch eine Weile, aber es kam nichts mehr.
»Geben Sie mir bitte noch Ihren linken Arm«, bat sie ihn.
Er tat wie gehei ss en und verfolgte die Prozedur des Auffindens, Einstreichens und Einschneidens mit zusammengebissenen Zähnen. »Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, was das bewirken soll. Mir kommt das vor wie Zauberei.«
»Die Paste«, erklärte Vileena, während sie die Schnitte rieb,
»entzündet sich in der kleinen Wunde und gibt dadurch eine Zeitlang Signale in das Energiesystem des Körpers ab, die es wieder
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