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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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andere Mädchen, du musst sie erst kennen lernen, und dann erweist sich, was wankelmütig erscheinen möchte, eindeutig als Beständigkeit – ja sogar Treue. Deshalb musst du von unserer süßen Kleinen als Erstes wissen, dass ihre Bohrung leicht nach oben und backbord von der Mittellinie abweicht. Und eng ist sie, unsere jungfräuliche Wendy, weshalb wir von der Wumm-Wumm-Mannschaft scharf nach passender Stopfung ausschauen und sorgfältig damit haushalten müssen...«
    Jemand von der Mannschaft der »Manila-Überraschung« stößt einen Moment lang die Stückpforte dieser Kanone auf, und die Sonne scheint herein. Doch die Manila-Überraschung steht auf der Backbordseite des Schiffes. »Wir segeln südwärts!?«, ruft Daniel aus.
    »Gibt keine bessere Art, vor einem Nordwind zu laufen«, sagt Dappa.
    »Aber in dieser Richtung liegt Cape Cod nur ein paar Meilen entfernt! Was ist denn das für eine Fluchtroute?«
    »Wie Ihr ganz richtig vermutet, werden wir irgendwann durch den Wind wenden müssen, um aus der Cape Cod Bay zu entkommen«, sagt Dappa liebenswürdig. »Wenn wir das tun, wird Teachs Flotte mit uns wenden. Aber seine Schiffe sind Fock- und Achtersegler, können dichter am Wind segeln und kommen schneller voran als unsere liebe Minerva, ein Rahsegler. Vorteil Teach.«
    »Sollten wir dann nicht Nordkurs halten, solange wir können?«
    »Er würde uns binnen Minuten einholen – seine ganze Flotte gemeinsam, im Zusammenwirken.Wir wollen Teachs Schiffe nach Möglichkeit eins nach dem anderen bekämpfen. Also heißt es vorläufig Südkurs. Unter vollen Segeln vor dem Wind laufend, sind wir schneller als sie. Teach weiß also, dass wir ihn, wenn er uns nach Süden verfolgt, vielleicht abhängen. Aber er weiß auch, dass wir über kurz oder lang drehen und Richtung Norden aufkreuzen müssen – also wird er so etwas wie eine Postenkette bilden lassen und auf uns warten.«
    »Aber wird Teach dies alles nicht vorausahnen und sich bemühen, seine Flotte zusammenzuhalten?«
    »Bei einer wohl disziplinierten Flotte, die auf Sieg bedacht ist, wäre das so. Aber das hier ist eine auf Beute bedachte Piratenflotte, und nach den Regeln und Rechnungsbüchern der Piraterie fällt der Löwenanteil dem Schiff zu, das die Beute aufbringt.«
    »Aha – der Kapitän eines jeden Schiffs hat also einen Anreiz, sich selbständig zu machen und uns einzeln anzugreifen.«
    »So ist es, Dr. Waterhouse.«
    »Aber wäre es für eine kleine Sloop nicht tollkühn, ein Schiff mit – alldem hier anzugreifen?« Daniels Geste schließt das Geschützdeck ein – einen wimmelnden Basar, auf dem munter Kanonenkugeln, Geschossringe, Pulverfässchen, Lügen, Versprechungen und Witzworte getauscht werden.
    »Nicht, wenn das Schiff unterbemannt und der Kapitän ein seniler Feigling ist. Wenn Ihr mir jetzt bitte in den Laderaum folgen wollt – keine Sorge, ich zünde die Laterne an, sobald wir uns vom Schießpulver entfernt haben – na bitte, da haben wir’s. Ein aufgeräumtes Schiff, meint Ihr nicht auch?«
    »Wie bitte? Aufgeräumt? Ja, für ein Schiff wohl schon...«, sagt Dr. Waterhouse, dem Dappa manchmal ein wenig zu subtil ist – ein Überschuss an Quecksilber in der Konstitution.
    »Danke, Sir. Aber es ist ein Nachteil, wenn wir mit Donnerbüchsen kämpfen müssen.Wie Ihr vielleicht wisst, besteht der Vorzug einer Donnerbüchse darin, dass sie, was immer an Nägeln, Kieselsteinen, Splittern und Scherben herumliegen mag, zur Waffe werden lässt – doch hier auf der Minerva haben wir es uns zur Gewohnheit gemacht, dergleichen zusammenzufegen und über Bord zu werfen, und das mehrmals am Tage. In Zeiten wie diesen bedauern wir es dann, dass wir es versäumt haben, es aufzuheben.«
    »Ich weiß mehr von Donnerbüchsen, als Ihr Euch vorstellen könnt. Was soll ich tun?«
    »In Kürze wird einer der Männer Euch beibringen, wie man Mörsergranaten herstellt – aber ganz so weit sind wir noch nicht – jetzt möchte ich Euch bitten, in den Laderaum zu gehen und -«
    Was Dappa ihm als Nächstes erzählt, glaubt Dr. Waterhouse erst, als er dort unten steht. Den Laderaum kennt er bisher noch nicht, und er vermutet, dass er dem chaotischen Repositorium der Royal Society ähneln wird – aber weit gefehlt. Die großen Fässer und Ballen sind mit bewundernswerter Ordentlichkeit gestapelt und festgezurrt, und es gibt sogar ein an das Treppenschott geheftetes Diagramm, das die Lage jedes Gegenstands angibt und aufführt, worum es sich dabei handelt

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