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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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mehrere gleichzeitig in Arbeit. Enoch erklärte Jack, dass das Gemisch vierundzwanzig Stunden lang durchgewalkt werden musste. Dann wurde der Zuber umgestülpt und das Zeug auf dem Erdboden aufgehäuft. Bei dieser speziellen Erzgrube waren Dutzende solcher Haufen über die Wiese verteilt, jeder einzelne durch eine Abdeckung aus grobem Tuch vor dem Regen geschützt und mit einem kleinen Schild versehen, dem zu entnehmen war, wie lange er schon dort saß. »Dieser hier wurde zum letzten Mal vor zehn Tagen bearbeitet – der ist jetzt fällig«, erklärte Enoch ihm, nachdem er einen Blick auf eins der Schilder geworfen hatte. Tatsächlich rollten später einige von den Arbeitern ein leeres Fass zu diesem Haufen, schaufelten das Gemisch hinein, fügten Wasser hinzu und fingen an, es von neuem mit den Füßen zu bearbeiten.
    Enoch setzte seinen Rundgang fort, schlug Planen zurück, um die Haufen zu inspizieren, und bot den älteren Bergleuten hier und da seinen Rat an. Seit dem Eintreffen der Besucher waren nach und nach grüppchenweise Einheimische aus den Wäldern gekommen, die ihnen nun folgten, durch ihre eigene Neugier angezogen, aber durch ihre Angst auch wieder zurückgedrängt. »Dieser hier hat zu viel Quecksilber«, sagte er über einen Haufen, »deswegen ist er schwarz.« Ein anderer dagegen hatte die Farbe von Kleie. Er brauchte mehr Quecksilber. Die meisten von ihnen wiesen eine Grauschattierung auf, was offensichtlich erwünscht war – und genau in diese fuhr Enoch mit der Hand, um ihre Temperatur zu überprüfen. Zu den kalten musste Kupferschlacke hinzugefügt werden, während die übermäßig heißen Wasser brauchten. Enoch hatte eine kleine Wanne mit Wasser bei sich, in der er Proben von den Haufen wusch, bis sich auf dem Wannenboden kleine Silberlachen bildeten. Einer der Haufen, durch und durch aschfarben, wurde für fertig befunden. Arbeiter schaufelten ihn in Schubkarren und brachten ihn hinunter zu einem Bach, wo ein kleiner Wasserfall geschaffen worden war, um die Masse zu waschen. Das Wasser schwemmte das ascheartige Material in wirbelnden Wolken fort und hinterließ einen silberfarbenen Rückstand. Den füllten sie in kegelförmige Säcke wie die, die man zur Herstellung von Zuckerhüten verwendete, und hängte sie über Töpfen auf, sodass sie aufgereiht waren wie die Zitzen eines Mutterschweins, nur dass sie keine Milch gaben, sondern Quecksilber herabtröpfeln und in den Säcken eine glänzende, halbfeste Masse entstehen ließen. Die formten sie, wie kleine Jungen Schneebälle formten, zu Kugeln und legten sie, immer mehrere auf einmal, in Schmelztiegel. Jeden Tiegel deckten sie mit einem eisernen Gittersieb ab, drehten das Ganze auf den Kopf und setzten es so auf einen entsprechenden, halb in der Erde vergrabenen Tiegel, dessen Boden mit Wasser bedeckt war, sodass die beiden bündig abschlossen und eine Kapsel bildeten, die durch das Eisensieb in zwei Hälften geteilt war. Dann vergruben sie es unter Kohlen und ließen es brennen, bis es rot glühte. Nachdem es abgekühlt war, kratzten sie die Asche weg und nahmen es auseinander, um festzustellen, dass das Quecksilber, das aus den Kugeln ausgeschieden worden und durch das Sieb entwichen war, jetzt unten herumschwamm und oben eine Traube von zusammengeballten, porösen Kugeln aus reinem Silber hinterlassen hatte, aus denen jetzt Thaler geprägt werden konnten.
    Auf dem Rückweg verbrachte Jack die meiste Zeit in Gedanken über das, was er gesehen hatte. Nach einer Weile fiel ihm auf, dass Enoch Root zufrieden vor sich hin gesummt hatte, offensichtlich erfreut darüber, dass er es geschafft hatte, Jack so gründlich zum Schweigen zu bringen.
    »Die Alchimie ist also durchaus zu etwas Nutze«, sagte Enoch, als er merkte, dass Jack aus seinen Gedanken auftauchte.
    »Habt Ihr das erfunden?«
    »Ich habe es verbessert. Früher haben sie nur Quecksilber und Salz genommen. Die Haufen waren kalt und mussten ein ganzes Jahr ruhen. Wenn aber Kupferschlacke zugesetzt wird, werden sie warm und vollenden die Umwandlung innerhalb von drei oder vier Wochen.«
    »Und Quecksilber kostet...?«
    Enoch lachte leise. »Ihr klingt wie Eure verehrte Freundin.«
    »Das ist die erste Frage, die sie mir stellen wird.«
    »Das ist unterschiedlich. Ein guter Preis für einen Zentner liegt etwa bei achtzig.«
    »Achtzig was ?«
    »Piaster«, sagte Enoch.
    »Da muss man schon genau sein.«
    »Das Christentum ist nur eine Ecke der Welt, Jack«, sagte Enoch. »Außerhalb

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