Quicksilver
der Ferne verlor.
Das Ende vom Lied war dann, dass Monsieur Esphahnian an dieser Stelle bei seiner eigenen Familie in Ungnade fiel. Irgendwie schlug er sich wieder nach Marseille durch, holte Madame Esphahnian und ihre (damals schon) drei Söhne und vielleicht eine Tochter oder zwei (Töchter wurden, wenn sie in die Pubertät kamen, gerne gen Osten verschifft) ab und ließ sich im Laufe der Zeit bis nach Paris treiben (Ende des 1. Aktes), wo sie seitdem alle versucht hatten, beim Rest der Familie in Isfahan wieder gut Wetter zu machen. Das taten sie vor allem, indem sie Kaffee en detail verkauften, aber sie würden so gut wie alles absetzen -
»Auch Straußenfedern?«, platzte Jack heraus, der sich neben Leuten wie den Esphahnians letztlich nicht verschlagen und clever genug fühlte. Und so wurde der Verkauf dieser Straußenfedern, den Jack eineinhalb Jahre zuvor auf einem Hehlermarkt in Linz im Handumdrehen hätte erledigen können, jetzt zu einer globalen Verschwörung, die Esphahnians aus so entfernt liegenden Städten wie London, Alexandria, Mocha und Isfahan einbezog, denn an sie und noch andere wurden Briefe verschickt, in denen gefragt wurde, welchen Preis Straußenfedern einbrachten, ob die Tendenz nach oben oder nach unten ging, was eine Straußenfeder Klasse A von einer solchen Klasse B unterschied, wie man eine B für eine A ausgeben konnte et cetera . Während sie auf diese Auskünfte warteten, blieb Jack an der Federnfront wenig zu tun.
Für eine Weile vergaß sein verwirrtes Hirn Türk ganz und gar. Als er schließlich zu dem Mietstall zurückging, war der Besitzer kurz davor, das Pferd zu verkaufen, um das Geld für das ganze Heu, das es gefressen hatte, wieder hereinzubekommen. Jack bezahlte seine Schulden und fing an, sich ernsthaft Gedanken darüber zu machen, wie er das Schlachtross in Bares verwandeln könnte.
In früheren Zeiten war es so gewesen: Er hing in der Gegend der Place Dauphine herum, am spitzen, stromabwärts gelegenen Ende der Île de la Cité, wo sie mitten unter dem Pont-Neuf ausläuft. Es war die königliche Hinrichtungsstätte, und so gab es dort immer etwas zu sehen. Auch wenn keine Hinrichtungen stattfanden, traf man dort auf Quacksalber, Jongleure, Puppenspieler, Feuerschlucker; und wenn nicht, konnte man wenigstens die herabbaumelnden Überreste der Gehängten von letzter Woche anglotzen. Doch an Tagen großer Militärparaden traten die Aristokraten, die angeblich den Oberbefehl über verschiedene Regimenter hatten – oder zumindest von König Louie dafür bezahlt wurden, ihn zu haben – aus ihren pieds-à-terre und hôtels particuliers am rechten Seineufer und warben auf ihrem Weg über den Pont-Neuf Stadtstreicher an, um ihre Regimenter auf deren Sollstärke aufzufüllen. Für ein paar Stunden wurde die Place Dauphine zu einem betriebsamen Markt von Körpern. Verrostete Musketen wurden ausgegeben, Geld wechselte die Besitzer und die neu formierten Regimenter marschierten unter den Beifallsrufen der patriotischen Zuschauer hinüber ans linke Ufer. Sie folgten den eleganten Schlachtrössern dieser Aristokraten durch die Stadttore, dort an den Kreuzungen, wo die gemeinere Art von Kriminellen bewusstlos an den Schandpfählen hing, und dann kamen sie, außerhalb der Stadtmauern, nach St-Germain-des-Prés: in einen großen viereckigen Gebäudekomplex aus Mönchsbehausungen, umgeben von flachem Land, wo manchmal riesige Messen mit seltenen Waren stattfanden. Der Seine stromabwärts folgend, kamen sie an ein paar Herrschaftshäusern adliger Familien vorbei, doch im Allgemeinen wurden die Gebäude niedriger und einfacher und wichen Gemüse- und Blumenfeldern, die von wohlhabenden Bauern bestellt wurden. Der Blick auf den Fluss war zumeist durch die Stapel von Bauholz und die zu Ballen verpackten Waren versperrt, die das linke Ufer säumten. Doch nach einer Weile machte er eine Biegung nach Süden, und sie überquerten den Grasplatz vor Les Invalides – einem von seiner eigenen Mauer und seinem Graben umgebenen Komplex – und erreichten das Marsfeld, wohin König Louie mit seinem ganzen Gepränge von Versailles aus gekommen war, um seine Truppen zu inspizieren – was in jenen Zeiten vor Martinet hauptsächlich bedeutete, sie zu zählen. Also standen die passe-volantes (so nannte man Leute wie Jack) auf (oder stützten sich, falls sie nicht aufstehen konnten, auf jemanden, der es konnte) und wurden gezählt. Die Aristokraten wurden ausgezahlt, und die passe-volantes
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