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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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aus zwei, vier oder sogar sechs zueinander passenden Tieren und – in einer Ecke – Pferde für Soldaten: Schlachtrösser, um auf dem Marsfeld unter den Augen des Königs zu paradieren. Jack ging in diese Richtung und schaute sich um. Er sah kein einziges Pferd, das er gegen Türk eingetauscht hätte, wenn er in eine Schlacht hätte reiten müssen. Allerdings waren diese hier im Vergleich zu Türk, der wochenlang in einem Mietstall geschmachtet und als einzige Bewegung einen gelegentlichen Rundgang im Hof des Stalles genossen hatte, in einem ausgezeichneten Zustand, gut beschlagen und gut gepflegt.
    Jack wusste, wie er das in Ordnung bringen konnte. Doch bevor er die Place Royale verließ, richtete er den Blick nach oben und brachte eine Weile damit zu, die Gebäude zu betrachten, die sich über den Park erhoben – so versuchte er, etwas über seine künftige Kundschaft zu erfahren.
    Im Gegensatz zum größten Teil von Paris bestanden sie aus Backsteinen, was es Jack auf wundersame Weise warm ums Herz werden ließ, denn es erinnerte ihn an das gemütliche alte England. Die vier großen Gebäude, die sich über den Toren in den vier Himmelsrichtungen erhoben, hatten gewaltige steile Dächer, zwei und drei Stockwerke hoch, mit Balkons und Gauben, deren Spitzenvorhänge gegen die Kälte gerade alle zugezogen waren – doch Jack konnte sich gut vorstellen, wie ein wohlhabender Pferdezüchter hier sein Pariser pied-à-terre hatte, sodass er mit einem Blick aus seinen Fenstern ein Auge auf den Markt haben konnte.
    Auf einem der großen Plätze in der Gegend – Jack konnte sie sich gar nicht mehr alle merken – hatte er ein Denkmal von König Louie gesehen, wie er in die Schlacht ritt, mit weißen Feldern auf dem Sockel, in die die Namen der Siege, die er noch erringen, und der Länder, die er noch erobern würde, eingemeißelt werden sollten. So hatten auch manche Gebäude leere Nischen, die darauf warteten (jedenfalls sah es in Paris alle Welt so), mit den Statuen jener Generäle bestückt zu werden, die diese Siege für ihn erkämpfen würden. Jack musste einen Mann finden, der seinen Ehrgeiz dareinsetzte, für immer in einer dieser Nischen zu stehen, und ihn davon überzeugen, dass er mit Türk oder einem seiner Nachfahren zwischen den Beinen größere Chancen hatte, Schlachten zu gewinnen. Doch als Allererstes musste er Türk in eine ordentliche körperliche Verfassung bringen, und das hieß, ihn reiten.
    Er wollte die Place Royale verlassen und passierte gerade das Tor an ihrer südlichen Seite, als hinter ihm ein Tumult ausbrach. Das Zischen von eisernen Radreifen, die über Pflastersteine schleiften, die scharfen Huftritte von Pferden, die sich in unnatürlichem Gleichschritt bewegten, die Rufe von Lakaien und Umstehenden, die jedermann zum Platzmachen aufforderten. Jack humpelte immer noch auf der Krücke einher (er wagte es nicht, das Schwert außer Sichtweite zu haben, und offen tragen konnte er es nicht). Und als er nun nicht schneller vorwärtskam, stieß ein stämmiger Diener in taubenblauer Livree ihn aus dem Weg und ließ ihn über das Pflaster taumeln, sodass sein »gutes« Bein knietief in einer mit stehender Scheiße gefüllten Abflussrinne versank.
    Jack hob den Blick und sah die vier Pferde der Apokalypse auf sich zustürzen – jedenfalls hatte er für einen Moment diese Vorstellung, denn sie schienen alle leuchtend rote Augen zu haben. Doch als sie vorbeipreschten, verschwand diese Vision aus seinem Kopf, und er beschloss, dass ihre Augen in Wirklichkeit rosafarben gewesen waren. Vier Pferde, bis auf rosafarbene Augen und gesprenkelte Hufe alle schneeweiß, mit Zaumzeug und Geschirr aus weißem Leder, zogen eine außergewöhnliche Kutsche, in Form und Farbe einer weißen Muschel gleich, die, reich mit Girlanden und Lorbeerkränzen, Cherubim und Meerjungfrauen aus Gold verziert, auf einer schäumenden Welle über das blaue Meer ritt.
    Diese Pferde riefen ihm Elizas Geschichte wieder ins Gedächtnis, war sie doch, damals in Algier, für ein solches eingetauscht worden.
    Jack ging quer durch die Stadt zu den Markthallen, wo die Fischweiber, die Entsetzen über die Scheiße an seinem Bein vortäuschten, ihn mit Fischköpfen bewarfen, während sie irgendein Wortspiel mit par fume riefen.
    Jack fragte, ob es schon einmal vorgekommen sei, dass der Diener irgendeines reichen Mannes eigens zu dem Zweck gekommen sei, verdorbenen Fisch für seinen Herrn zu kaufen.
    Der Ausdruck in ihren Gesichtern zeigte,

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