Quicksilver
schwärmten fächerförmig in die zahllosen Tavernen und Bordelle am linken Seineufer aus und hauten ihr Geld auf den Kopf. Auf diese besondere Art von Arbeit war Jack aufmerksam geworden, als er einmal mit Bob von Dünkirchen nach Waterloo ritt, nachdem der einige Zeit unter John Churchill an der Seite der Franzosen in Deutschland gekämpft hatte, wo verschiedene Landstriche, die die Frechheit besaßen, an La France anzugrenzen, verwüstet worden waren. Bob hatte sich bitter darüber beklagt, dass viele französische Regimenter aufgrund dieser Praxis so gut wie keine effektive Stärke besaßen. In Jacks Ohren dagegen hatte das Ganze wie eine Gelegenheit geklungen, die nur ein Trottel ungenutzt verstreichen ließ.
Jedenfalls war diese Prozedur der Dreh- und Angelpunkt für Jacks Verständnis von der Art, wie Paris funktionierte. Auf das Problem des Verkaufs von Türk angewandt, sagte es ihm, dass irgendwo im südlichen Teil des Marais nahe der Seine reiche Männer wohnten, denen nichts anderes übrig blieb als sich im Handel mit Militärpferden zu betätigen – oder, wenn sie überhaupt ein Fünkchen Verstand hatten, mit Zuchthengsten, die in der Lage waren, neue zu zeugen. Jack sprach mit dem Mann, der den Mietstall betrieb, und er folgte Heuwagen, die vom Land hereinkamen, und Aristokraten, die von den Militärparaden auf dem Marsfeld zurückritten, und erfuhr, dass auf der Place Royale ein Pferdemarkt par excellence stattfand .
Nun war dies einer jener Plätze, die Leute wie Jack nur als Lücke mitten in der Stadt kannten, abgeriegelt durch Tore, durch die ein aufmerksamer Bummler manchmal einen kurzen Blick auf sonnenbeschienenes Grün erhaschen konnte. Während Jack von allen Seiten hineinzukommen versuchte, wurde ihm klar, dass der Platz ein Quadrat war, mit großen Scheunentoren in den vier Haupthimmelsrichtungen und hohen, prächtigen Gebäuden, die sich über jedem dieser Tore erhoben. Umstanden war er von einer Reihe von hôtels , womit in Paris die privaten Stadthäuser reicher Adliger gemeint waren. Zweimal die Woche waren die Tore rettungslos verstopft mit Karren, die Heu und Hafer hinein- und Pferdemist hinausbrachten, und einer verblüffenden Anzahl edler, von Stallburschen blank geriebener Pferde. In angrenzenden Straßen wurde ein bisschen Pferdehandel betrieben, aber für Jack war offensichtlich, dass dies verglichen mit dem, was auf der Place Royale vor sich ging, kaum mehr als ein Flohmarkt war.
Er bestach einen Bauern, ihn in einem Heuwagen in das Geviert zu schmuggeln. Als er gefahrlos herauskommen konnte, stieß der Bauer ihn mit dem Stiel einer Heugabel in die Rippen, worauf Jack sich wand und auf den Boden hinausglitt – das erste Mal seit seiner Ankunft in Paris, dass er auf echtem Gras stand.
Die Place Royale entpuppte sich als ein von Walnussbäumen beschatteter Platz (theoretisch jedenfalls; als Jack sie sah, waren die Blätter schon abgefallen und zusammengerecht worden). In der Mitte stand ein Denkmal von König Louies gutem altem Papa, Louie dem XIII. – natürlich zu Pferd. Der ganze Platz war von gewölbten Kolonnaden umgeben, so wie die Handelshöfe in Leipzig und die Börse in Amsterdam, aber diese hier waren breit und hoch, mit Scheunentoren, die auf private Höfe dahinter gingen. Sämtliche Tore und sämtliche Arkaden waren so breit, dass nicht nur ein einzelner Reiter, sondern eine von vier oder sechs Pferden gezogene Kutsche hindurchpasste. Damals war es gleichsam eine Stadt innerhalb der Stadt, gebaut ausschließlich für Leute, die so reich und wichtig waren, dass sie auf dem Pferderücken oder in privaten Kutschen lebten .
Das war die einzige Erklärung für die Größe des Pferdemarktes, der um Jack herumtobte, als er aus dem Heuwagen kletterte. Hier wimmelte es so von Pferden, wie es in den Pariser Straßen von Menschen wimmelte – die einzigen Ausnahmen waren durch Seile abgetrennte Bereiche, in denen die Ware umhergeführt und von den Käufern beurteilt und eingestuft werden konnte. Jedes Pferd, das Jack sah, hätte er sich, wenn er ihm auf einer Straße in Deutschland oder England begegnet wäre, als das edelste Pferd gemerkt, das er je gesehen hatte. Hier dagegen waren solche Pferde nicht nur alltäglich, sondern auch noch aufs Sorgfältigste gestriegelt und gebürstet, fast als wären sie poliert, ihre Mähnen und Schweife waren gekämmt, und verschiedene Tricks hatte man ihnen auch beigebracht. Es gab Pferde, die unterm Sattel gehen sollten, Kutschengespanne
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