Quicksilver
dass er mit seiner Frage einen Tiefschlag gelandet hatte – doch dann musterten sie ihn von Kopf bis Fuß, eine machte eine gewisses gutturales höhnisches Geräusch, und dann feixten die Fischweiber alle und rieten ihm, mit seinen lächerlichen Fragen doch zu Les Invalides zurückzuhumpeln. »Ich bin kein Veteran – welcher Idiot zieht denn schon los und wirft sich für reiche Männer in die Schlacht?«, gab Jack zurück.
Das gefiel ihnen, und dennoch waren sie vorsichtig. »Was bist du denn dann?« – »Ein passe-volante !« – »Ein Landstreicher!«
Jack beschloss, etwas zu versuchen, was der Doktor ein Experiment nennen würde: »Nicht irgendein Landstreicher«, sagte Jack, »hier steht der Schuss-in-den-Ofen-Jack.«
» L’Emmerdeur!«, stieß eine jüngere, nicht ganz so gorgonenhafte Fischverkäuferin hervor, noch bevor er es ganz ausgesprochen hatte.
Es folgte ein Augenblick vollkommenen Schweigens. Und dann wieder der gutturale Laut. »Du bist der vierte Landstreicher innerhalb eines Monats, der das behauptet -«
»Und der am wenigsten überzeugende -«
» L’Emmerdeur ist ein König unter den Landstreichern. Sieben Fuss groß.«
»Geht immer bewaffnet, wie ein Edelmann.«
»Trägt einen juwelenbesetzten Krummsäbel, den er dem Großen Türken höchstpersönlich entrissen hat -«
»Dank seiner Zauberkraft werden Hexen verbrannt und Bischöfe verwirrt.«
»Er ist kein heruntergekommener Krüppel mit einem verhutzelten Bein und einem, das in die merde getaucht wurde!«
Jack schüttelte seine stinkende Hose ab, dann die Unterhose und enthüllte damit sein Beweisstück. Dann schmiss er, um zu zeigen, dass er kein echter Krüppel war, die Krücke hin und fing an, mit nacktem Arsch eine Gigue zu tanzen. Die Fischweiber konnten sich nicht entscheiden, ob sie ohnmächtig werden oder toben sollten. Als sie ihre Selbstbeherrschung wiedergewonnen hatten, begannen sie, händeweise schwarz gewordene Kupfer- Deniers nach ihm zu werfen. Das zog Bettler und Straßenmusikanten an, von denen einer anfing, auf einer cornemuse die Musik dazu zu spielen, während er umherschlurfte, mit den Füßen die wertlosen Münzen zu einem kleinen Haufen zusammenschob und, falls nötig, den Bettlern einen Tritt an den Kopf verpasste.
Nachdem sich nun durch persönliche In-Augenschein-Nahme seine Identität bestätigt hatte, musste jedes der Fischweiber vortreten, glitzernde Schauer aus Fischschuppen von ihrem flatternden, blutund schleimbefleckten Rock schütteln und mit Jack tanzen – der dazu eigentlich keine Geduld hatte, es aber nutzte, um in jedes Ohr, das ihm nahe genug kam, zu flüstern, dass, wenn er je ein bisschen Geld hätte, er etwas davon demjenigen Menschen geben würde, der ihm den Namen der adligen Person sagen könnte, die gerne verdorbenen Fisch aß. Doch bevor er es mehr als zwei- oder dreimal sagen konnte, musste er seine Unterhose packen und davonlaufen, denn ein Aufruhr am anderen Ende der Hallen sagte ihm, dass der Generalleutnant der Polizei unterwegs war, um eine kleine Machtdemonstration zu geben und aus den Fischweibern herauszupressen, was immer er an Bestechungsgeldern, Liebeskünsten und/oder kostenlosen Austern kriegen konnte, wenn er im Gegenzug bei diesem unverzeihlichen Getöse ein Auge zudrückte.
Von dort begab Jack sich zu dem Mietstall, holte Türk und mietete noch zwei weitere Pferde. Er ritt zu dem Haus zur Goldenen Fregatte in der Rue Vivienne und ließ verlauten, er sei auf dem Weg hinunter nach Lyon – irgendwelche Botschaften?
Das kam Signor Cozzi äußerst gelegen. Sein Haus war heute voll mit nervösen Italienern, die Nachrichten und Wechsel schrieben, und Trägern, die so etwas wie Geldschatullen aus der Mansarde herunterund aus dem Keller heraufschleppten, und dann gab es auf der Straße vor dem Haus noch eine kleine Ansammlung von Straßenkurieren und rivalisierenden Bankiers, die Spekulationen darüber austauschten, was da drin wohl vor sich ging – ob Cozzi etwas wusste, was sonst niemand wusste? Oder ob es nur ein Bluff war?
Signor Cozzi kritzelte etwas auf ein Stück Papier und nahm sich nicht einmal die Mühe, es zu versiegeln. Er trat auf Jack zu, griff, da Jack sie nicht schnell genug ausstreckte, nach seiner Hand und gab ihm die Botschaft mit den Worten: »Nach Lyon! Es ist mir egal, wie viele Pferde Ihr dabei totreitet. Worauf wartet Ihr noch?«
Jack wartete eigentlich, um zu sagen, dass er sein Pferd überhaupt nicht totreiten wollte , aber Signor Cozzi war
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