Quicksilver
sollte. Wilhelm opferte die Hälfte seines Landes, um diesen Krieg zu gewinnen. Ihr kämpftet gegen ihn. Und dennoch genießt Ihr im Augenblick, nur wenige Jahre später, die Gastfreundschaft eben dieses Wilhelm, im innersten Zirkel von Holland.«
»Das ist noch gar nichts«, sagte Monmouth liebenswürdig, »denn nur ein paar Jahre nach Maastricht habe ich bei Mons an Wilhelms Seite gegen die Franzosen gekämpft, und Wilhelm war mit jener Mary verheiratet – sie ist, wie Ihr sicher wisst, die Tochter von König James II., vormaliger Herzog von York, Admiral der englischen Flotte, bis Wilhelms Admiräle sie aus dem Wasser hinausschossen. Und so könnte ich noch stundenlang fortfahren.«
»Wenn ich einen solchen Feind hätte, würde ich nicht ruhen, bis er tot wäre«, sagte Eliza. »Um die Wahrheit zu sagen, ich habe tatsächlich einen Feind, und ich ruhe nun schon eine ganze Weile...«
»Wer ist es?«, fragte Monmouth begierig, »der, der Euch das Schlittschuhlaufen beigebracht hat und dann -«
»Es ist ein anderer «, antwortete Eliza, »aber seinen Namen weiß ich nicht – unsere Begegnung fand in einer dunklen Kabine auf einem Schiff -«
»Welches Schiff?«
»Ich weiß es nicht.«
»Unter welcher Flagge fuhr es?«
»Einer schwarzen.«
»Potz Blitz!«
»Ach, es war die typische Piratengaleone – nichts Besonderes.«
»Ihr wurdet von heidnischen Piraten gefangen genommen?!«
»Nur ein Mal. Passiert öfter, als Ihr Euch vielleicht vorstellt. Aber wir schweifen ab. Ich werde nicht ruhen, bis die Identität meines Feindes bekannt ist und ich ihn ins Grab gebracht habe.«
»Nehmt aber einmal an, Ihr erfahrt seine Identität, und es stellt sich heraus, dass er Euer Großonkel und der Schwager Eures Cousins und der Pate Eurer besten Freundin ist?«
»Ich spreche nur von einem Feind -«
»Ich weiß. Aber die königlichen Familien Europas sind so miteinander verwickelt, dass Euer Feind all diese Beziehungen zu Euch auf einmal haben könnte.«
»Oje, was für ein Durcheinander.«
»Ganz im Gegenteil – das ist die Höhe der Zivilisation«, sagte Monmouth. »Nicht dass wir unseren Groll aufeinander vergäßen – weit gefehlt. Das wäre undenkbar. Wenn aber unsere einzige Abhilfe darin bestünde, uns gegenseitig ins Grab zu bringen, wäre ganz Europa ein einziges Schlachtfeld!«
»Ganz Europa ist ein Schlachtfeld! Ist Euch das nicht aufgefallen?«
»Meine Beteiligung an den Kämpfen in Maastricht und Mons und an anderen Orten hat mir dafür kaum Zeit gelassen«, sagte Monmouth trocken. »Ich sage Euch, es könnte viel schlimmer sein – wie der Dreißigjährige Krieg oder der Bürgerkrieg in England.«
»Da habt Ihr vermutlich Recht«, sagte Eliza und dachte an die vielen zerstörten Schlösser in Böhmen.
»Im modernen Zeitalter stillen wir unseren Rachedurst bei Hofe. Zuweilen mag das auch im Duell gipfeln – aber in der Regel führen wir Kriege mit Witz , nicht mit Musketen . Dabei kommen nicht so viele Menschen um, und es gibt – wie man sieht – Damen die Möglichkeit, mit von der Partie zu sein.«
»Verzeihung?«
»Habt Ihr je eine Muskete abgefeuert, Mademoiselle?«
»Nein.«
»In unserer Unterhaltung dagegen habt Ihr bereits eine ganze Menge verbaler Breitseiten abgefeuert. Ihr seht also, auf dem höfischen Schlachtfeld stehen Frauen auf gleichem Fuß mit den Männern.«
Als Eliza die Glocken des Rathauses vier Uhr schlagen hörte, ließ sie ihre Fahrt auslaufen und kam zum Stehen. Monmouth schoss an ihr vorbei, vollführte eine heldenhafte Drehung und fuhr mit einem dümmlichen Lächeln auf den Lippen zurück.
»Ich muss gehen, um mich mit jemandem zu treffen«, sagte Eliza.
»Darf ich Euch zum Binnenhof zurückbegleiten?«
»Nein – dort ist d’Avaux.«
»Findet Ihr kein Vergnügen mehr an der Gesellschaft des Botschafters?«
»Ich fürchte, er wird versuchen, mir einen Pelzmantel zu schenken.«
»Das wäre ja schrecklich!«
»Die Genugtuung möchte ich ihm nicht geben... irgendwie hat er mich benutzt.«
»Der König von Frankreich hat ihm den Befehl erteilt, sich so beleidigend wie möglich Mary gegenüber zu verhalten. Da Mary heute in mich verliebt ist …«
»Wieso?«
»Wieso sie in mich verliebt ist? Ich bin gekränkt, Mademoiselle.«
»Ich weiß sehr wohl, warum sie in Euch verliebt ist. Ich meinte, wieso der König von Frankreich einen Grafen hinauf nach Den Haag schickt, nur um sich beleidigend zu verhalten?«
»Oh, der Comte d’Avaux macht nebenbei noch viele
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