Quicksilver
durch das er und Eliza gekommen waren, denn das Haus der Familie Huygens lag nicht weit von dieser Ecke des Palastes entfernt.
»Ich wäre unzählige Male hingefallen, hätte der Herzog mich nicht gestützt«, warf Mary ein.
»Würde ein Botschafter es auch tun?«, sagte d’Avaux, und bevor Mary antworten konnte, glitt er von der Seite an sie heran und warf sie fast um. Wild um sich schlagend, griff sie nach dem Arm des Botschafters und bekam ihn gerade noch rechtzeitig zu fassen. Ihr Gefolge drängte sich um sie, um sie wieder auf ihre Kufen zu stellen; dabei erwischte der javanesische Zwerg mit jeder Hand eine ihrer Pobacken und schob mit aller Kraft nach oben.
Der Herzog von Monmouth bekam von diesem Drama überhaupt nichts mit, so sehr war er damit beschäftigt, Eliza genauestens in Augenschein zu nehmen. Er fing mit ihrem Haar an, arbeitete sich bis zu ihren Knöcheln hinunter und dann wieder hinauf, bis er, völlig verblüfft, in ein paar blaue Augen schaute, die seinen Blick erwiderten. Das führte zu einem kurzen Anfall von Desorientierung, den d’Avaux (der Marys Hand zwischen seinen Ellbogen und Brustkorb geklemmt hatte) nutzte, um zu sagen: »Ihr solltet unbedingt eine Runde Schlittschuh laufen, Euer Gnaden, Eure Beine strecken – wir Anfänger werden einfach ein paar Minuten auf dem Vijver umhertorkeln.«
»Mademoiselle?«, sagte der Herzog und reichte ihr eine Hand.
»Euer Gnaden«, sagte Eliza, und nahm sie.
Zehn Herzschläge später waren sie draußen auf dem Spij. Eliza ließ Monmouths Hand los und machte eine halbe Drehung, sodass sie die Schließung des Wassertors hinter ihnen verfolgen konnte; durch die Gitterstäbe hindurch erspähte sie Mary von Oranien, die aussah, als hätte jemand sie in den Bauch geboxt, und Jean Antoine de Mesmes, Comte d’Avaux, der aussah, als täte er dergleichen Dinge mehrmals am Tag. In Konstantinopel hatte Eliza einmal geholfen, eins der anderen Sklavenmädchen festzuhalten, während ein arabischer Chirurg ihr den Blinddarm entfernte. Das hatte gerade mal zwei Minuten gedauert. Sie hatte sich gewundert, dass ein Mann mit einem scharfen Messer und ohne jede Hemmung, es zu benutzen, solche Dinge so schnell erledigen konnte. Genauso verhielt es sich mit d’Avaux und Marys Herz.
Als sie erst einmal den Spij hinter sich gelassen hatten, wurde der Kanal breiter, und Monmouth vollführte eine dramatische Pirouette – schnell rotierende Mengen von Fleisch und Knochen -, nicht eben anmutig, aber Eliza konnte den Blick nicht abwenden. Womöglich war er technisch ein besserer Läufer als sie. Er sah, wie Eliza ihm zuschaute , und nahm an, sie bewundere ihn. »Während des Interregnums war ich zur Hälfte hier und zur Hälfte in Paris«, erklärte er, »und habe viele Stunden auf diesen Kanälen zugebracht – wo habt Ihr gelernt, Mademoiselle?«
Indem ich mich über wogende Eisschollen vorwärtskämpfte, um Seemöwenscheiße von Felsen abzukratzen , erschien Eliza als geschmacklose Antwort auf die Frage. Mit genügend Zeit hätte sie sich vielleicht eine gewitzte Geschichte ausgedacht – aber ihr Kopf war zu sehr damit beschäftigt zu ergründen, was hier vor sich ging.
»Oh, verzeiht meine Neugierde – ich vergaß, dass Ihr inkognito seid«, sagte der Herzog von Monmouth, während sein Blick die schwarze Schärpe streifte, die d’Avaux ihr gegeben hatte. »Das und Euer züchtiges Schweigen sprechen Bände.«
»Tatsächlich? Was steht denn in diesen Bänden drin?«
»Die Geschichte einer reizenden Unschuld, missbraucht von irgendeinem germanischen oder skandinavischen Adligen – war es am Hof von Polen-Litauen? Oder war es der berüchtigte Frauenverprügler, Prinz Adolf von Schweden? Sagt nichts, Mademoiselle, außer dass Ihr mir meine Neugier verzeiht.«
»Schon geschehen. Seid Ihr derselbe Herzog von Monmouth, der sich bei der Belagerung von Maastricht ausgezeichnet hat? Ich kenne jemanden, der in dieser Schlacht gekämpft hat – oder der zumindest dort war – und der ausführlich von Euren Taten berichtet hat.«
»Ist es der Marquis de -? Oder der Comte d’ -?«
»Ihr vergesst Euch, Monsieur«, sagte Eliza und strich über die Samtschärpe.
»Noch einmal – bitte nehmt meine Entschuldigung an«, sagte der Herzog mit einem unverschämten Grinsen auf den Lippen.
»Ihr könntet Euch vielleicht wieder reinwaschen, indem ihr mir etwas erklärt: Die Belagerung von Maastricht war Teil eines Feldzugs, der die holländische Republik von der Landkarte fegen
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