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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Häuschen vor Hoffnung, er könnte seine Bürde loswerden, und verzweifelt vor Angst, es könnte vielleicht nicht klappen. Inzwischen war in ganz Amsterdam der Aktienmarkt heftig in Bewegung geraten, da Aaron de la Vega die V.O.C. leer verkaufte. Alles würde zu einer Invasion Englands führen. Heute Nacht war alles flüssig geworden. Dies war keine Zeit für Stillstand.
    Ein Mann mit einer Straußenfeder am Hut tanzte vorbei und sie musste an Jack denken. Als sie mit ihm quer durch Deutschland ritt, hatte sie nichts als ihre Federn und sein Schwert und ihrer beider Verstand – und dennoch hatte sie sich sicherer gefühlt als jetzt. Was brauchte sie, um sich wieder sicher zu fühlen?
    »Es ist schön, Freunde an warmen Orten zu haben«, sagte Eliza zerstreut, »aber hier gibt es niemanden, der mich haben wollte, Monsieur. Ihr wisst ganz genau, dass ich nicht von adliger, ja nicht einmal vornehmer Geburt bin – ich bin zu exotisch für die Holländer und zu gewöhnlich für die Franzosen.«
    »Die Mätresse des Königs wurde als Sklavin geboren«, sagte d’Avaux. »Jetzt ist sie eine Marquise. Ihr seht, da zählt nichts außer Geist und Schönheit.«
    »Aber der Geist irrt, und die Schönheit lässt nach, und ich will kein Haus auf Pfählen sein, dass jeden Tag ein bisschen tiefer in den Sumpf einsinkt«, sagte Eliza. »Ich muss irgendwo haften . Ich muss ein Fundament haben, dass sich nicht dauernd bewegt.«
    »Wo ist denn ein solches Wunder zu finden?«
    »Geld«, antwortete Eliza. »Hier kann ich zu Geld kommen.«
    »Und doch ist dieses Geld, von dem Ihr sprecht, eine Chimäre – ein Produkt der kollektiven Phantasie von einigen Tausend Juden und gemeinen Leuten, die sich draußen auf dem Dam gegenseitig anbrüllen.«
    »Am Ende kann ich es aber – Stück für Stück – in Gold verwandeln.«
    »Ist das alles , was Ihr wollt? Denkt daran, Mademoiselle, Gold besitzt nur deshalb einen Wert, weil manche Leute sagen, dass es das tut. Lasst mich Euch eine Episode aus der jüngsten Geschichte erzählen: Mein König fuhr an einen Ort namens Orange – Ihr habt davon gehört?«
    »Ein Fürstentum im Süden Frankreichs, nahe Avignon – Wilhelms Lehen, wenn ich mich recht entsinne.«
    »Vor drei Jahren begab sich mein König also nach Orange, in dieses kleine Familienlehen von Prinz Wilhelm. Trotz dessen Ambitionen auf militärischen Ruhm konnte mein König kampflos einmarschieren. Er machte einen Spaziergang auf der Festungsanlage. Dort blieb Le Roi an einer steinernen Brustwehr mit Zinnen stehen, brach ein winziges Stück loses Mauerwerk – nicht größer als Euer kleiner Finger, Mademoiselle – heraus und warf es auf den Boden. Dann ging er fort. Innerhalb weniger Tage waren sämtliche Mauern und Befestigungsanlagen der Stadt von Le Rois Regimentern niedergerissen und Orange war so mühelos von Frankreich geschluckt worden, wie Mr. Sluys dort drüben ein Stückchen von einer reifen Frucht verschlingen würde.«
    »Wozu erzählt Ihr mir diese Geschichte, Monsieur, außer um mir zu erklären, warum Amsterdam mit Flüchtlingen aus Orange voll ist und Wilhelm Euren König so abgrundtief hasst?«
    »Morgen hebt Le Roi vielleicht ein Stückchen Gouda auf und wirft es seinen Hunden hin.«
    »Dann würde Amsterdam fallen, wollt Ihr damit sagen, und mein sauer verdientes Gold wäre die Kriegsbeute für ein betrunkenes Regiment.«
    »Euer Gold – und Ihr, Mademoiselle.«
    »Ich verstehe solche Dinge viel besser, als Ihr glaubt, Monsieur.Was ich nicht verstehe, ist, warum Ihr so tut, als wärt Ihr daran interessiert, was mit mir passiert. In Den Haag war ich für Euch ein hübsches Mädchen, das Schlittschuh laufen konnte und dadurch Monmouths Aufmerksamkeit erregen und Mary unglücklich machen und Zwietracht in Wilhelms Haus säen würde. Und alles kam genau so, wie Ihr es beabsichtigt hattet. Aber was kann ich jetzt für Euch tun?«
    »Ein schönes und interessantes Leben führen – und Euch von Zeit zu Zeit mit mir unterhalten.«
    Eliza lachte laut und herzhaft auf und zog damit funkelnde Blicke von Frauen auf sich, die nie so – oder vielleicht auch gar nicht – lachten. »Ihr wollt mich als Eure Spionin haben.«
    »Nein, Mademoiselle. Ich möchte Euch als meine Freundin haben.« Das sagte d’Avaux schlicht und fast traurig und darauf war Eliza nicht vorbereitet. In dem Moment wirbelte d’Avaux geschickt auf den Fußballen herum und packte Elizas Arm. Ihr blieb kaum etwas anderes übrig als mit ihm zu gehen – und

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