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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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sich ganz und gar auf eine sehr komplizierte und sich ständig wandelnde Sympathie zwischen ihr und der Stute verlassen.
    Fatio holte sie erst ein, als sie den größten Teil der Strecke nach Scheveningen zurückgelegt hatte. Sie wurden in einiger Entfernung von zwei Männern verfolgt, bei denen es sich vermutlich um Angehörige der St. Georgsgilde handelte. Solange die beiden nicht so nahe herankamen, dass sie Pistolenkugeln in ihre Richtung feuern konnten, kümmerten sie Eliza und Fatio nicht sonderlich. Erklären ließ sich alles später.
    »Das Schiff... das wir gesehen haben...«, rief Eliza, die Worte in Abständen hervorstoßend, wenn sie nicht gerade nach Atem rang oder von der Stute durchgerüttelt wurde. »War das die jacht?«
    »Genau die... Es ist... die Météore, das Flaggschiff... des Duc... d’Arcachon! Wir dürfen... annehmen, dass es... voller Dragoner … steckt!«, gab Fatio zurück.
    Hinter ihnen hatte jemand auf einem Wachturm in Den Haag in ein Horn zu stoßen begonnen. Es war ein Signal für den Befehlshaber der Wache in Scheveningen, der dem Stadtrat in Den Haag verantwortlich war; sehr bald würden Fatio und Eliza dahinter kommen, wie gewissenhaft dieser Befehlshaber war und wie gut er seine Wachleute organisiert hatte.
    Um zehn nach zehn erreichten sie das Bootshaus in Scheveningen. Im Näherkommen sah Eliza am Strand einen Sandsegler, an dem ein Schiffbauer arbeitete, und rief »Aha!«, weil sie glaubte, sie seien rechtzeitig gekommen. Doch dann bemerkte sie Radspuren im Sand und folgte ihnen nordwärts den Strand entlang, bis sie einen zweiten Segler sah, der bereits eine Meile entfernt war und sich im Seewind auf die Seite legte.
    Das Bootshaus war in Wirklichkeit kein einzelnes Haus, sondern ein hufeisenförmiger Komplex aus mehreren aneinander klebenden Schuppen, Hütten und Werkstätten von verwirrender Detailfülle: Werkzeuge, Essen, Drehbänke, Dachböden... Eliza verlor sich kurze Zeit in diesen Details, dann blickte sie sich um und sah hinter sich eine Landschaft voller Chaos: atemlose Mitglieder der Gilde aus Den Haag, Soldaten der Blauen Garde, Seeleute von Schiffen im Hafen, erzürnte Angehörige der Wache von Scheveningen, sie alle schienen darum zu wetteifern, als Erste Hand an Fatio zu legen – der versuchte, alles auf Französisch zu erklären. Er warf Eliza nicht zu deutende Blicke zu, flehte einerseits um Hilfe und wollte sie andererseits vor der Menge beschützen.
    »Feuert Geschütze ab!«, schrie Eliza auf Holländisch. »Der Prinz ist in Gefahr.« Dann erklärte sie, so gut es in ihrem bescheidenen Holländisch ging, die Sachlage. Der Hauptmann der Blauen Garde, der, soviel sie mitbekam, ohnehin nie sehr viel von der Strandsegelei des Prinzen gehalten hatte, nickte die ganze Zeit mit dem Kopf. Irgendwann beschloss er, dass er genug gehört hatte. Er schoss mit einer Pistole in die Luft, um die Menge zum Schweigen zu bringen, und warf die leere, rauchende Waffe einem Gardisten zu, der ihm dafür eine geladene zurückwarf. Dann gab er ein paar Worte auf Holländisch von sich, und alles lief auseinander.
    »Was hat er gesagt, Mademoiselle?«, fragte Fatio.
    »Er hat gesagt: ›Gardisten, reitet los! Wachleute, schießt! Seeleute, legt ab! Alle anderen aus dem Weg!‹«
    Fatio sah fasziniert zu: Eine Schwadron berittener Blauer Gardisten preschte los, was die Hufe hergaben, und setzte im Galopp dem Prinzen nach. Seeleute rannten in Richtung Wasser, die Artilleristen der Hafenbatterien luden ihre Kanonen. Jeder, der eine geladene Schusswaffe hatte, schoss in die Luft; aber der Prinz war weit weg in einem Kosmos aus Wind und Brandung und konnte sie nicht hören. »Ich vermute, wir gehören der Kategorie der ›anderen‹ an«, sagte Fatio ein wenig niedergeschlagen. »Es wird schon gut gehen... diese Kavalleristen werden ihn bald eingeholt haben.«
    Die Sonne hatte eine Lücke zwischen den hohen Wolken gefunden und ließ Dampfschleier schimmern, die vom verschwitzten Fell der Pferde aufstiegen. »Sie werden ihn nie einholen«, wandte Eliza ein, »bei diesem Wind kann er ihnen mühelos davonsegeln.«
    »Vielleicht wird der Prinz davon Notiz nehmen!«, sagte Fatio, von einer ungleichmäßigen Salve von Kanonenfeuer erschreckt.
    »Er wird vermuten, dass es sich um einen Salut für irgendein Schiff handelt, das den Hafen anläuft.«
    »Was können wir also tun?«
    »Den Befehlen gehorchen. Uns entfernen«, sagte Eliza.
    »Warum, bitte schön, sitzt Ihr dann ab?«
    »Fatio,

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