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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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an seiner holländischen Flanke abziehen, und das versetzt mich in die Lage, die meinen über die Nordsee schicken zu können.«
    »Aber was hat das mit Liselotte zu tun?«
    »Liselotte ist die Enkelin der Winterkönigin – die, sagen manche, den Dreißigjährigen Krieg auslöste, indem sie die böhmische Krone annahm. Jedenfalls hat besagte Königin den größten Teil des Dreißigjährigen Krieges dort drüben, in Den Haag, verbracht – mein Volk gewährte ihr Schutz, denn in Böhmen herrschte mittlerweile ein heilloses Durcheinander, und die Pfalz, die von Rechts wegen ihr gehörte, war als Kriegsbeute an die Papisten gefallen. Aber als vor nunmehr einigen vierzig Jahren der Westfälische Friede unterzeichnet wurde, bekam jene Familie die Pfalz zurück; der älteste Sohn der Winterkönigin, Karl Ludwig, wurde pfälzischer Kurfürst. Mehrere seiner Geschwister, darunter auch Sophie, zogen dorthin und schlugen im Heidelberger Schloss ihren Haushalt auf. Liselotte ist die Tochter ebenjenes Karl Ludwig, und sie ist in diesem Haushalt aufgewachsen. Karl Ludwig ist vor einigen Jahren gestorben und hat die Krone an den Bruder von Liselotte weitergegeben, der schwachsinnig war – er ist vor kurzem gestorben, während er in einem seiner Rheinschlösser eine Phantasieschlacht schlug. Nun ist die Erbfolge umstritten. Der König von Frankreich hat sehr ritterlich beschlossen, Liselottes Partei zu ergreifen, da sie ja schließlich seine Schwägerin ist.«
    »Sehr geschickt«, sagte Eliza. »Indem er Madame brüderlich die Hand reicht, kann Le Roi die Pfalz Frankreich einverleiben.«
    »Es wäre in der Tat ein Vergnügen, Ludwig XIV. bei der Arbeit zuzusehen, wenn er nicht der Antichrist wäre«, sagte Wilhelm. »Ich kann Liselotte nicht helfen, und ich kann nichts für die armen Pfälzer tun. Aber ich kann Frankreich mit den Britischen Inseln für den Rhein bezahlen lassen.«
    »Ihr müsst wissen, ob Le Roi beabsichtigt, seine Regimenter von Euren Grenzen abzuziehen und an den Rhein zu verlegen.«
    »Ja – und niemand ist in einer besseren Position, das zu erfahren, als Liselotte – wenn auch nicht gerade ein Bauer, ist sie doch so etwas wie eine gefangene Dame auf Frankreichs Seite des Bretts.«
    »Wenn so viel auf dem Spiel steht, dann ist wohl das Mindeste, was ich tun kann, mir eine Methode auszudenken, wie ich Liselotte näher kommen kann.«
    »Ihr sollt Ihr nicht näher kommen, Ihr sollt sie verführen, sie zu Eurer Sklavin machen.«
    »Ich wollte mich nur etwas feinfühliger ausdrücken.«
    »Ich bitte um Entschuldigung!«, sagte Wilhelm mit einer höflichen Verbeugung und musterte sie von Kopf bis Fuß. Mit Salz und Sand bedeckt und in den blutigen Rock eines Dragoners gehüllt, konnte Eliza unmöglich feinfühlig wirken. Wilhelm sah so aus, als wäre er kurz davor, das auch zu sagen. Aber er verkniff es sich dann doch und wandte den Blick ab.
    »Ihr habt mich geadelt, mein Prinz. Das ist schon einige Jahre her. Ihr habt Euch daran gewöhnt, mich als Adlige zu sehen, auch wenn das bislang nur ein Geheimnis zwischen uns beiden ist. Für Versailles bin ich noch immer eine Bürgerliche, und dazu noch Ausländerin. Solange das so ist, könnt Ihr versichert sein, dass Liselotte nichts mit mir zu tun haben will.«
    » In der Öffentlichkeit.«
    » Auch privat! Nicht jeder dort ist ein solcher Heuchler, wie Ihr zu glauben scheint.«
    »Ich habe auch nicht behauptet, dass es einfach sein wird. Deswegen beauftrage ich ja Euch damit.«
    »Wie gesagt, ich bin bereit, es zu versuchen. Aber wenn d’Avaux mich heute hier gesehen hat, dürfte es unklug sein, nach Versailles zurückzukehren.«
    »D’Avaux rühmt sich, ein hintergründiges, ausgeklügeltes Spiel zu spielen, und das ist seine Schwäche«, verkündete Wilhelm. »Außerdem ist er auf Euren finanziellen Rat angewiesen. Er wird Euch nicht sofort vernichten.«
    »Dann also später?«
    » Er wird es versuchen«, korrigierte Wilhelm sie.
    »Und es wird ihm gelingen.«
    »Nein. Denn zu diesem Zeitpunkt werdet Ihr schon die Geliebte von Madame – Liselotte – der Schwägerin des Königs sein. Die gewiss auch ihre Rivalen und ihre Schwächen hat – aber von unendlich höherem Rang ist als d’Avaux.«

Versailles
    ANFANG 1688
An Gottfried Wilhelm Leibniz 3. Februar 1688
Doktor, Madame hat mir liebenswürdigerweise angeboten, diesen Brief zusammen mit anderen, die ihre Freundin persönlich zu Sophie bringt, nach Hannover zu schicken, und deshalb werde ich auf die

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