Quicksilver
zurückzuholen.
Eliza entspannte behutsam den Hahn, warf die Pistole in die Pinasse, watete ein paar Schritte ins Wasser, griff über ihren Kopf, um sich am Heckbalken des Boots festzuhalten und zog sich hoch. Nach einigem Gestrampel gelang es ihr, ein Bein über den Heckbalken zu schwingen, dann hievte sie sich aus dem Wasser, wälzte sich seitlich über das Heck und ließ sich auf den Boden des Bootes fallen.
Als Erstes fiel ihr Blick auf eine kalfaterte Seemannskiste. Als sie sich daran hochzog, sah sie, dass es sich um einen von mehreren massiven Kästen handelte, die auf dem Deck standen.Vermutlich enthielten sie Waffen. Aber falls es zu einer Schießerei kam, waren sie alle verloren.
Die Waffen, die sie brauchte, waren Riemen, und sie lagen deutlich sichtbar auf den schlichten Bretterbänken des Bootes. Sie versuchte, sich rasch einen zu schnappen, und stellte bestürzt fest, dass seine Länge dem Doppelten ihrer Körpergröße entsprach und dass er zu schwer und zu unhandlich war, um sich rasch schnappen zu lassen; aber sie hievte ihn immerhin von den Bänken hoch und drehte das Blatt ins Wasser. Im Heck stehend, wo das Wasser unterm Kiel am flachsten war, stieß sie ihn durch die Brandung in den festen Sand. Die Pinasse bewegte sich nur widerwillig, und jemand, der sich nicht erst kürzlich mit dem Inhalt von Newtons Principia Mathematica vertraut gemacht hatte, hätte womöglich aufgegeben. Aber die elementaren Prinzipien dieses Werks waren bestimmte Bewegungsgesetze, laut denen sich das Boot bewegen musste, wenn sie mit dem Riemen Druck ausübte; zuerst mochte es sich so langsam bewegen, dass man es nicht wahrnahm, aber bewegen musste es sich. Eliza ignorierte das unzuverlässige Zeugnis ihrer Sinne, die ihr sagten, dass das Boot sich überhaupt nicht bewegte, und drückte stetig mit aller Kraft. Schließlich spürte sie, wie der Winkel des Riemens sich veränderte, während das Boot sich vom Ufer wegbewegte.
Kaum zog sie den Riemen aus dem Wasser, begannen Wind und Brandung sie zurückzutreiben, und schwächten so die vis inertiae, die sie dem Boot verliehen hatte. Abermals stach sie den Riemen ein. Das Wasser kam ihr ein klein wenig tiefer vor als beim ersten Mal.
Sie hätte nur zu gern einen Blick auf den Strand riskiert, aber mit Blicken war ihr nicht geholfen. Das Boot vom Strand wegzubefördern war das Einzige, was ihnen nützte. Und so wartete sie, bis sie den Riemen ein halbes Dutzend Mal in den Grund gestoßen und die Entfernung zur Brandungslinie verdoppelt hatte, ehe sie aufzublicken wagte.
Fatio lag am Boden. Ein Dragoner saß auf ihm und hielt ihm etwas an den Kopf.Wilhelm war in die Enge getrieben, zwar noch nicht entwaffnet, aber von vier Dragonern umringt, die Musketen auf ihn gerichtet hielten. Einer von ihnen schien, nach seiner Haltung und seinen Gesten zu urteilen, auf den Prinzen einzureden – vermutlich verhandelte er über die Kapitulationsbedingungen. Der Dragoner, den man zurückgelassen hatte, damit er das Haltetau des Beiboots festhielt, war endlich bei den anderen angekommen und versuchte gestikulierend, sie auf sich aufmerksam zu machen. Diejenigen, die Wilhelm umringt hatten, ignorierten ihn, doch derjenige, der auf Fatio saß, schenkte ihm Beachtung und schaute zu Eliza herüber.
Diese stellte mit einem kurzen Blick zum Ufer fest, dass die Brandung sie wieder ein paar Ellen zurückgetrieben hatte; das Wasser unter dem Beiboot war nur hüfttief. Nun hängte sie in aller Eile die Riemen in die Dollen und begann zu rudern. Ihre ersten Schläge waren nutzlos, da das chaotische Kräftespiel der See immer wieder eines oder beide Ruderblätter freilegte, sodass sie wild über die Wasseroberfläche fuhren und hüpften. Aber die Dragoner formierten sich mit bewundernswerter Kaltblütigkeit neu, und sie kam zu dem Schluss, dass sie sich besser ein Beispiel an ihnen nahm. Sie stand halb auf und hob die Riemengriffe, sodass die Blätter tief eintauchten, dann warf sie sich, mit den Beinen stoßend und das Kreuz durchdrückend, zurück und spürte, wie das Boot sich bewegte. Dann wiederholte sie das Ganze.
Fatio war unbewacht und rührte sich nicht. Wilhelm war zwischen zwei Dragonern eingeklemmt, die ihm Musketen an den Kopf hielten. Die verbleibenden vier Franzosen waren den Strand hinabgerannt und starrten nun über etwa fünfzig Ellen rauer See hinweg auf Eliza. Einer von ihnen hatte bereits den größten Teil seiner Kleidung abgeworfen, und als Eliza zu einem weiteren
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