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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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durch Nachfrage seine Unwissenheit kundzutun, bis eines Tages eine Kutsche aus London kam, der mehrere Männer mit Admiralshüten entstiegen und sich zu dem Mann in den Park begaben, um mit ihm zu reden. Zuvor allerdings zogen sie allesamt die Hüte und verbeugten sich tief.

    »Der blonde Mann, der zuweilen am Arm des Großen Bären im Park spazieren geht – ob das wohl der Herzog von York ist?«
    »Ja«, sagte Wilkins – er wollte offenbar nicht mehr sagen, atmete flach, und sein weit geöffnetes Auge wurde vom Okular seines Guckglases in ein grünliches Licht getaucht.
    »Und Großadmiral«, fuhr Daniel fort.
    »Er hat viele Titel«, bemerkte Wilkins in ruhigem, geduldigem Ton.
    »Die Burschen in den Hüten sind demnach – offenbar -«
    »Die Admiralität«, sagte Wilkins kurz angebunden, »oder ein Teil oder eine Fraktion derselben.« Er fuhr von dem Instrument zurück. Daniel bildete sich, allerdings nur einen Moment lang, ein, man werde nun ihm einen Blick gewähren – Wilkins hob das Instrument aus der Astgabel und schob es zusammen. Daniel schloss daraus, dass er etwas gesehen hatte, was Wilkins ihn lieber nicht hätte sehen lassen.
    Die Holländer und die Engländer befanden sich miteinander im Krieg.Wegen der Pest war dies bislang nur ein halbherziger Kampf gewesen, und Daniel hatte die Sache vergessen. Es war mitten im Winter. Die Kälte hatte die Pest zum Stillstand gebracht. Es würden noch Monate vergehen, bis das Wetter eine Fortsetzung des Seekrieges erlaubte. Doch der richtige Zeitpunkt, Pläne für einen solchen Krieg zu machen, war jetzt. Es dürfte also niemanden überraschen, wenn die Admiralität jetzt mit dem Großadmiral zusammentraf. Überraschend wäre eher, wenn das nicht geschähe. Was Daniel auffiel, war, dass es Wilkins etwas ausmachte, dass er, Daniel, etwas gesehen hatte. Die Restauration, Daniels babylonisches Exil und seine Zähmung in Cambridge hatten ihn dazu gebracht, sich selbst als kompletten Niemand zu sehen, außer vielleicht im Hinblick auf die Naturphilosophie – und es wurde jeden Tag deutlicher, dass er auch innerhalb der Royal Society im Vergleich mit Wren und Hooke nichts galt. Warum also sollte es John Wilkins einen Dreck kümmern, ob Daniel eine Flotille von Admirälen erspähte und daraus schloss, dass John Comstock Gastgeber von James, dem Herzog von York, Bruder von Charles II. und erstem Thronfolger war?
    Es musste daran liegen (ging Daniel auf, während er neben dem brütenden Wilkins durch einen entlaubten Obstgarten zurückging), dass er der Sohn von Drake war. Und obwohl Drake, ein in den Ruhestand getretener Agitator einer besiegten und niedergeworfenen Sekte, sich nicht aus seinem Haus in Holborn rühren konnte, hatte irgendwer noch immer Angst vor ihm.
    Und wenn nicht vor ihm, dann vor seiner Sekte.
    Doch die Sekte war in tausend Claquen und Kabalen zersplittert. Cromwell war tot, Drake war zu alt, Gregory Bolstrood war hingerichtet worden, und sein Sohn Knott war im Exil -
    Das war es. Sie hatten Angst vor Daniel.
    » Was erheitert Euch so?«, fragte Wilkins.
    »Die Menschen«, sagte Daniel, »und was zuweilen in ihrem Kopf vorgeht.«
    »Ihr sprecht doch nicht etwa von mir -?-!«
    »Gott bewahre. Ich würde mich niemals über höher Stehende lustig machen?«
    »Wer, bitte schön, steht auf diesem Landsitz denn nicht höher als Ihr?«
    Eine schwierige Frage. Daniels Antwort bestand in Schweigen.Wilkins schien sogar das beunruhigend zu finden.
    »Ich hatte vergessen, dass Ihr ein in der Wolle gefärbter Fanatiker seid.« Was das Gleiche bedeutete wie Ihr erkennt niemanden als höher stehend an, nicht wahr?
    » Im Gegenteil, wie ich jetzt sehe, habt Ihr es niemals vergessen.«
    Doch irgendwie schien sich Wilkins anders besonnen zu haben.Wie ein Admiral, der sein Schiff an den Wind manövriert, hatte er plötzlich beigedreht und befand sich nach wenigen Momenten des Anluvens und der Unordnung nun auf einem ganz neuen Kurs: »Die Dame hieß früher Anne Hyde – eine enge Verwandte von John Comstock. Also alles andere als gewöhnlich. Doch zu gewöhnlich, als dass ein Herzog sie heiraten könnte. Aber immer noch zu vornehm, um sie in ein Kloster auf dem Kontinent zu stecken, und ohnehin zu fett, um sich groß zu bewegen. Sie hat ihm zwei Töchter geboren: Mary und Anne. Der Herzog hat sie schließlich geheiratet, allerdings nicht ohne zahlreiche Komplikationen. Da es durchaus denkbar ist, dass Mary oder Anne eines Tages den Thron erben, wurde das Ganze zur

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