Quintessenzen
Ohren, um zu erkennen, ob hier unsere »Natur« spricht, unser »Wesen« – oder ein ganz anderes.
Es gilt nämlich von Geburt an: Jeder hat das Recht auf keine eigene Meinung. Die meisten halten zwar ihre geborg ten Überzeugungen für die ihren, für ihre »Natur«, aber das soll dir nicht passieren, denn dir steht qua Klugheit und Furchtlosigkeit der Weg zu Schönerem offen.
Wir durchlaufen, was unsere Urteile betrifft, im Leben idealerweise drei Phasen. In der ersten wissen wir wenig und übernehmen notgedrungen die Ansichten anderer – die von Eltern, Lehrern, Älteren. Wir machen uns diese Ansichten zu eigen und halten sie für »unsere Natur«. Weshalb es uns so schwerfällt, sie in der zweiten Lebensphase als Fremdeigentum zu erkennen – und zu überprüfen, ob sie überhaupt zu uns gehören. Niemand trennt sich gern von Besitz. Notwendig ist es allerdings, denn nur so kommen wir zu eigenen Einschätzungen: indem wir uns selbst mit gehöriger → Skepsis begegnen. ( → Erzähl dich um )
In der dritten Phase geben wir dann weiter. Entweder Genuines, also unsere eigenen Erkenntnisse, oder das, was man uns in der ersten Phase eingehämmert hat – fremdes Denken und Fühlen.
Finde also »deine Natur«, ehe du Wege nicht einschlägst, weil sie einer Natur nicht entsprechen, die gar nicht deine eigene ist, sondern eine geborgte. Deine Natur ist möglicherweise etwas ganz anderes. Erst wenn du diese deine tatsächlich eigene innere Stimme hörst, folge ihrem Rat. (Soweit es sich mit dem Gesetz vereinbaren lässt oder du davon ausgehen kannst, dass du nicht erwischt wirst.)
Wasser
Wozu Worte verschwenden auf das Element, in dem alles Leben entstanden ist, das unseren Planeten zu zwei Dritteln bedeckt und aus dem wir zu zwei Dritteln bestehen? Sagen wir’s in aller gebotenen Kürze und für unters Kopfkissen so: Wasser ist allgegenwärtig und natürlich – in seiner seltenen salzlosen Form – für uns überlebenswichtig. Aber obwohl wir Meerwasser weinen und schwitzen, vertragen wir es nicht als Getränk. Aber damit endet das Mysterium nicht. Nicht genug damit, dass Wasser im Gegensatz zu Erde, Feuer und Luft temperaturabhängig verschiedene Aggregats zustände kennt (gasförmig als Dampf, fest als Eis, flüssig als Wasser) und in all seinen Extremformen für uns ausgesprochen tödlich sein kann, es verhält sich zudem sogar völlig absurd und überhaupt nicht nach irgendwelchen Regeln, die wir so gern entdecken und dann Naturgesetze nennen.
Flüssigkeiten ziehen sich bei Kälte zusammen, Wasser dehnt sich aus (um etwa 10 % ). Benähme Wasser sich normal, also wie alle anderen Elemente, würde gefrorenes Wasser sinken, was zwar in Cocktails lustig aussähe, für unsere Existenz aber gravierende Folgen hätte.
Es ist einerseits leicht, die zwei Wasserstoffatome in einem H 2 O-Molekül von dem einen Sauerstoffatom zu trennen (draufhauen reicht), andererseits aber verdammt schwer, die getrennten Atome daran zu hindern, sich sofort neue Partner zu suchen. Rückschlüsse auf unser Beziehungsverhalten sind zulässig, zudem könntest du für einen coolen Vorschlag zur eleganten Atomtrennung zwei Nobelpreise und einen Maserati in Rechnung stellen.
Zuletzt aber (und deshalb zuerst) sucht Wasser nach dem kosmischen Idealzustand, nämlich der Kugelform ( → in unseren Kreise und Kugeln ) – und ist auch in dieser Hinsicht allen anderen Elementen überlegen. Weshalb du die Nähe des Wassers suchen solltest, so du dich jemals versehentlich zu weit von allen Idealzuständen entfernt hast. Ich weiß, du hast Respekt vor Wasser. Aber falls du dich je mit dem Kosmos in Einklang bringen musst oder dringend einen gesunden Austausch von ein paar Milliarden Zellen brauchst, begib dich ausdauernd in die salzige Variante des verblüffendsten Elementes von allen und lass dich runderneuern.
Licht
Kann sich ja bekanntlich nicht entscheiden, ob es Wellen- oder Teilchennatur hat, solange man es nicht scharf ankuckt und so zwingt, Farbe zu bekennen. Was für Naturwissenschaftler irritierend ist und bleibt, kann uns alltäglich wurscht sein, solange wir zwei, drei Kleinigkeiten im Hinterkopf behalten. Erstens, dass ohne Licht alles nichts ist. Ohne Licht: keine Farben. Ohne Farben: Keine Ahnung, welches von diesen ganzen grauen Gemüsen besser schmeckt und welches Kleid dir besser steht. Je nachdem, mit welcher Frequenz Licht daherkommt, hat es mehr oder weniger Energie (und eben unterschiedliche Farben), blaue Energie
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