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Quipu

Quipu

Titel: Quipu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Vidal
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war, was dort unten vor sich ging.
    »Halten Sie aus!«, rief er Sebastián zu. »Der Steuermann versucht, wieder auf Kurs zu kommen!«
    Das war kein großer Trost für den Ingenieur: Bis dahin wäre es für sie beide zu spät. Er hatte nur eine vage Vorstellung vom Mechanismus des Ruders. Das Blatt führte parallel zum Heck hinab und ragte über das Schiff hinaus. Sein Kopfteil war an einem kräftigen Querbalken befestigt, der auf Höhe des ersten Decks in das Schiff eindrang und innen weiter verlief, genau dort, wo Qaytu für gewöhnlich schlief. Über ein System von Rollen schwenkte der Balken in halbkreisförmiger Führung nach backbord und steuerbord, dem Zug der Taue folgend, die der Steuermann auf einem Rad führte, das wie eine Winde mit senkrechter Achse funktionierte.
    Da diese Taue sich nun gelockert hatten, würde es für den Steuermann schwer werden, das Ruder wieder unter Kontrolle zu bekommen. Und in der Zwischenzeit würde es Miguelito und ihn zerquetschen.
    Sebastián schloss die Augen, da eine weitere Welle über das Schiff fegte. Als er sie vorsichtig wieder öffnete, sah er, dass das Ruderblatt sich in der Strömung ausrichtete. Das schien jedoch |202| nicht Werk des Steuermanns zu sein, der die volle Manövrierfähigkeit noch immer nicht wiedererlangt hatte, sondern eines anderen, der mit verzweifelter Anstrengung den Querbalken festhielt.
    Das Ruderblatt bewegte sich nicht mehr, doch sein Zittern verriet die enorme Spannung, unter der es stand. Endlich schien auch der Steuermann die Kontrolle wiedererlangt zu haben. Das bedrohliche Ruder reagierte auf das Steuerrad und entfernte sich von ihnen. Zuerst nur langsam, dann aber ganz deutlich.
    Er hörte Hermógenes von der Reling aus jubeln. Doch er verstand nicht, was passierte, bis er in der Geschützpforte einer der Heckkanonen Qaytu stehen sah, der mit voller Kraft an dem Tau zog, an dem er und der Schiffsjunge hingen, und sie eigenhändig hochhievte.
    Als Sebastián mit Miguel triefnass durch die Geschützluke aufs Deck purzelte, sah er, dass der Indio seine ganze Kraft auf den Querbalken verwandt hatte, der das Kopfteil des Ruders mit dem Steuerrad verband. So hatte er ihnen das Leben gerettet.
    »Danke, vielen Dank«, brachte Sebastián gerade noch vollkommen erschöpft heraus, ehe er kraftlos in eine Ecke fiel.
    Qaytu wollte sich gerade über den Schiffsjungen beugen, als sie Stimmen vernahmen. Da machte der Ingenieur ihm ein Zeichen, sich schnell wieder zu verstecken.
    Doch ehe der Indio sich in Sicherheit bringen konnte, nahm Sebastián noch wahr, wie er vor Schreck erstarrte.
    Der Ingenieur sah zur Tür und erblickte einen Mann, der eilig den Rückzug antrat. Sein Gesicht war in dem Halbdunkel nicht zu erkennen, doch hätte Sebastián schwören können, dass er den linken Arm verbunden hatte.
    Als Hermógenes mit seinen Kameraden ankam, hatte sich das Schiff unter lautem Krachen wieder aufgerichtet und suchte sich seinen Weg durch die schäumenden, allmählich kleiner werdenden Wellen. Die englischen Fregatten waren weit abgeschlagen. Sie selbst ließen den Sturm hinter sich, der meerwärts zog, während sie weiter in Richtung amerikanischer Kontinent segelten. |203| Der Wind blies noch immer kräftig, doch das Ruder reagierte wieder, sodass die Segel den Wind vom Heck aus aufnehmen und in ihr gleichmäßiges Knattern verfallen konnten.
    Mit letzter Kraft folgte Sebastián Hermógenes, der den schwer verletzten Miguel auf seinen Armen in die Krankenstation trug. Der Schiffsarzt kam ihnen schon mit einer Wachstuchplane entgegen, auf die er den Jungen legen ließ, damit er sicherer transportiert werden konnte. Als sie zwischen den Männern der Besatzung hindurchschritten, die bereits von der Heldentat des Schiffsjungen gehört hatten, zogen diese zum Zeichen ihrer Hochachtung die Mützen.
    Die Schäden im Inneren des Schiffes waren beträchtlich. Die Männer von Montillas Expedition hatten bei dem starken Seegang in den hintersten Ecken des Schiffes Zuflucht gesucht und übergaben sich nun unter lautem Jammern so heftig, dass man meinen konnte, sie spuckten sich die Seele aus dem Leib.
    »Er hat reichlich Wasser geschluckt«, erklärte Sebastián dem Arzt.
    »Worauf warten Sie? Lassen Sie Wein und Öl bringen!«, rief Hermógenes ungeduldig aus.
    »Das wird gerade schon vorbereitet«, erwiderte der Doktor verärgert. »Hebt seine Beine hoch.«
    Während der Zimmermann die Beine des Schiffsjungen in die Höhe hielt, stocherte der Arzt mit

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