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Quipu

Quipu

Titel: Quipu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Vidal
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dann jenen Raum betreten, in dem sich die Bodenklappe befand, unter der er sich gerade aufhielt. Genau in diesem Augenblick müsste er die Aufmerksamkeit des Schiffsjungen auf sich lenken. Das war seine einzige Chance.
    Angespannt lauschte er, bis er endlich leises Tappen auf der Treppe vernahm und kurz darauf ein Klopfen gegen die Zwischenwand und die hohe Stimme des Schiffsjungen, der bat, man möge ihm aufmachen. Als er keine Antwort erhielt, versuchte er |194| offensichtlich, die Tür zu öffnen, die normalerweise, wenn Qaytu dort wachte, von innen verschlossen war. Doch nun ließ sie sich wohl problemlos öffnen.
    Der Ingenieur überlegte nicht lange und klopfte von unten gegen die Luke.
    »Miguel, ich bin es, Sebastián de Fonseca! Kannst du mich hören?«
    »Señor! Was machen Sie da unten?«
    »Mach die Luke auf, ich bin hier eingesperrt.«
    Er hörte, wie der Junge daran zog. Doch sie gab nicht nach.
    »Was ist los, Miguel?«
    »Sie ist mit einem Knoten zugebunden. Ich kann ihn nicht lösen.«
    »Hast du ein Messer?«
    »Nicht hier, Señor.«
    »Kannst du eines besorgen?«
    Er wartete auf seine Antwort, als oben auf einmal mehrere Stimmen erklangen. Er lauschte.
    Er vernahm neuerliche Geräusche, die er nicht einordnen konnte. Dann spürte er, wie oben jemand an der Luke herumstocherte und dann die Bodenklappe öffnete.
    Eine Laterne leuchtete ihm ins Gesicht. Und ehe er etwas erkennen konnte, hatte er bereits eine Pistole an der Stirn.
    »Raus hier!«, befahl man ihm auf höchst unfreundliche Weise.
    Er kletterte aus der Luke und richtete sich auf. Vor ihm stand der Obermaat. Und hinter ihm eine bewaffnete Patrouille. Die Wache der Pulverkammer.
    »Ich hoffe, Sie können dem Kapitän eine gute Erklärung geben«, brummte der Seemann.
    Als Sebastiáns Augen sich an die Helligkeit gewöhnt hatten, erregte eine Bewegung am Fuße der Treppe zum Oberdeck seine Aufmerksamkeit. Er meinte, einen Mann mit verbundenem linkem Arm gesehen zu haben.
    Doch er hatte keine Gelegenheit mehr, herauszufinden, ob es der Unbekannte war, der ihn ein paar Tage zuvor hatte erwürgen |195| wollen, denn auf der Treppe tauchte der Marqués de Montilla auf. Er pfiff den Schiffsjungen auf so heftige Weise an, dass der Junge zu weinen anfing. Sebastián würdigte er keines Blickes.
    »Führt die beiden zum Kapitän!«, befahl er dem Obermaat.
    Es empörte Sebastián, dass der Marqués die Mannschaft behandelte, als hätte er auf dem Schiff irgendeine Befehlsgewalt. Als die Soldaten sie zum Oberdeck brachten, fragte er sich, was nun wohl mit Umina passieren würde. Wusste Montilla von ihrer Anwesenheit an Bord? Welche Rolle spielte die Mestizin in dem Ganzen?
    An Deck herrschte ein ungewöhnliches Treiben. Die Besatzung hatte das Essen überstürzt abgebrochen, die Backschaften waren aufgelöst und die Tische abmontiert worden, um freien Zugang zu den Kanonen zu erhalten.
    Irgendwas ist hier los, und zwar etwas Ernstes, dachte Sebastián. Sie wurden ganz nach oben ins Achterdeck gebracht, in die geräumige, helle Heckkabine mit ihren nach innen geneigten Fenstern, wo Kapitän Valdés mit ein paar Offizieren am Tisch saß.
    Valdés blickte von den Seekarten auf, als er sie hereinkommen sah, und warf dem Obermaat und Montilla einen fragenden Blick zu.
    Der Marqués trat vor und redete leise auf den Kapitän ein, sodass Sebastián nichts verstand. Der Kapitän stand auf.
    »Was haben Sie dazu zu sagen, Señor de Fonseca?«, fragte er in strengem Ton.
    »Ich möchte nur klarstellen, dass Miguel nichts mit dem Ganzen zu tun hat   …«, begann Sebastián.
    »Ach nein?«, unterbrach ihn Montilla. »Wollen Sie uns etwa weismachen, er sei nicht Ihr Komplize? Er ist der Einzige, der Zugang zu diesem Teil des Hecks hat.«
    »Es war meine Sache, ausschließlich meine Sache«, fuhr der Ingenieur, ungeachtet der Worte des Marqués, fort.
    Valdés sah ihn an, und in seinem Blick war Hochachtung zu erkennen, weil Sebastián sich in einem Augenblick, in dem er selbst tief in der Klemme steckte, um den Jungen sorgte.
    |196| »Wenn es so ist, wie Sie sagen«, wetterte Montilla, »warum wurde der Junge dann dabei überrascht, wie er versuchte, Ihnen aus dem Unterdeck hochzuhelfen?«
    »Reiner Zufall. Miguel war dort gerade mit einem Essenstablett   …«
    Doch er verstummte sogleich, als ihm Valdés’ Blick bedeutete, nicht weiterzureden, um Uminas und Qaytus Anwesenheit an Bord nicht zu verraten.
    In diesem Augenblick betrat einer der diensthabenden

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