Quipu
teilnehmen zu können. Doch er scheiterte stets an dem erbitterten Widerstand Martín de Loyolas. Ohne die tatkräftige Unterstützung seines Quechua-Lehrers Cristóbal de Fonseca, der sich seinen Einfluss beim Vizekönig bewahrt hatte, wäre ihm dies nicht gelungen. Der Jesuit musste schwer kämpfen, um seine Meinung geltend zu machen und die unleugbaren Vorteile aufzuzeigen, die Acuñas Teilnahme in sich barg: Dieser sei nicht nur der beste Dolmetscher vor Ort, sondern auch der Einzige, der die Festung Vilcabamba von innen gesehen habe.
Schließlich wurde er in das Heer aufgenommen, das ein paar Tage später mit einem feierlichen Tedeum in der Kathedrale verabschiedet wurde. Kurz darauf verließ die Truppe die Stadt Cuzco in Richtung der Ebene von Anta, um von dort nach Norden weiterzuziehen.
Nach verschiedenen anfänglichen Scharmützeln kam es am Nachmittag des dritten Pfingsttages, dem 1. Juni 1572, zur großen Schlacht. Die Indios waren so mutig, dass einige Veteranen aus dem Chile- und Flandernkrieg beteuerten, noch nie einem so erbitterten Gegner gegenübergestanden zu haben. Scharenweise kamen sie aus dem Dickicht gestürmt, einzig getrieben von dem Bedürfnis, Mann gegen Mann zu kämpfen. Das bekam Martín de Loyola, der in der Vorhut marschierte, bald am eigenen Leib zu spüren. Man musste ihn nur ansehen, um zu erkennen, dass er kein guter Soldat war. Grausamkeit und Habgier hatten fehlenden Mut noch nie wettgemacht. Nur dank seiner Adjutanten kam der Neffe des heiligen Ignatius von Loyola mit dem Leben davon.
Die Eingeborenen hatten sich nach Vilcabamba zurückgezogen, um dort ihre besten Trümpfe auszuspielen. Die Veteranen früherer Kämpfe durchschauten diesen gegnerischen Schachzug und rieten dazu, erst einmal in der Nähe das Lager aufzuschlagen und das Gelände zu erkunden. Einer der gefangen |207| genommenen Indios sollte sie dabei unterstützen. Für Diego tat sich ein schweres Dilemma auf, da er während des Dolmetschens erkennen musste, dass dieser Indio sie in einen Hinterhalt locken wollte: zu dem sichelförmigen Einschnitt im Berg, dessen Anhöhen, wie er wusste, an jeder Wegkrümmung mit Felsbrocken übersät waren. Acuña rang lange mit sich, ob er das Sírax gegebene Versprechen halten oder diese Falle aufdecken sollte, die den gesamten spanischen Feldzug vernichten würde. Und er kam zu dem Schluss, dass er nicht schweigen durfte.
Also erklärte er dem Oberbefehlshaber Hurtado de Arbieto, dass der Weg, den sie nehmen sollten, an einem Abhang entlangführe, der mit zahlreichen Felsbrocken bestückt sei. Der Pfad sei der perfekte Ort für einen Hinterhalt.
Martín de Loyola tat diese Ortskenntnisse zunächst als Geschwätz eines verängstigten Dolmetschers ab, der wenig Ahnung vom Heeresdienst hatte. Doch die älteren Kämpfer rieten ihrem Heeresführer, auf Acuña zu hören und von oben anzugreifen, um diesen Hinterhalt zu umgehen.
Diegos Angaben folgend, stiegen sie, bis an die Zähne bewaffnet, mit Tross und Hakenbüchsen den Berg hinauf. Er war so schmal und steil, dass sie nur kriechend vorankamen, mit Ausnahme eines Portugiesen, der so kräftig war, dass er auf seinen Schultern ein kleines Artilleriegeschütz mitführte, was ihm die Bewunderung seiner Männer einbrachte.
Von oben konnten sie erkennen, dass sie gut daran getan hatten. Wäre alles so gelaufen, wie der Feind es sich vorgestellt hatte, wäre keiner der Spanier mit dem Leben davongekommen. Die Indios lagen in den Höhen der rauen Berge auf der Lauer, um sie unter Beschuss zu nehmen, und weiter unten hatten sie zusätzlich einen Trupp Bogenschützen postiert, die sie hätten vernichten sollen.
Die Spanier griffen von oben an und überrumpelten ihre Gegner. Nach diesem Sieg stand fest, dass die Indios aus Vilcabamba ihre letzte Karte verspielt hatten und der Weg in |208| die Stadt frei war. In der Nacht ruhte die Truppe sich aus, um Kräfte für den letzten Angriff zu sammeln.
Diego konnte nicht schlafen, denn es plagte ihn noch immer sein Gewissen. Zwar hatte er seine Pflicht erfüllt und den Kameraden den Hinterhalt verraten, doch musste er dafür das Versprechen brechen, das er Sírax gegeben hatte. Es quälte ihn vor allem die Sorge, welches Schicksal sie wohl erwartete, wenn die spanischen Truppen die Zitadelle einnähmen. Er zuckte jedes Mal zusammen, wenn er die anzüglichen Kommentare der Soldaten hörte, mit denen diese witzelnd ihre Absichten hinsichtlich der Indiofrauen kundtaten.
Kurze Zeit später,
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