Quipu
kamen, keimte in seinem Herzen der ungewöhnlichste Entschluss auf, den ein einfacher Schreiber je gefasst hatte. Er wollte seiner Chronik etwas hinzufügen und sie den beiden mitgeben, damit sie sie als Beweismittel einsetzen konnten, falls Sírax ihr rechtmäßiges Erbe einklagen wollte.
Er nahm all seine Kraft zusammen und verfasste eine Gedenkschrift, die jegliche Eroberung und Kolonisierung verdammte.
Dieses verzweifelte Plädoyer, das der Dolmetscher während seines Todeskampfs verfasste, ließ die Fieberkrämpfe ahnen, die ihn während dieses langen Wartens auf den Tod schüttelten, und die Bilder, die zu verschwimmen drohten, wenn er sie nicht vorher niederschriebe. Es lautete folgendermaßen:
|227|
Ich, Diego de Acuña, ansässig in Cuzco, Hauptstadt des Vizekönigreiches Peru, möchte in körperlich geschwächtem Zustand, indes im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte, meines Willens und meiner Erinnerung, mit diesem Schreiben Zeugnis ablegen, um meine Seele zu erleichtern.
In diesem schwierigen Augenblick erkläre ich vor Seiner Majestät, König Philipp II., unserem Herrn, dass dieses Land, vor unserer Eroberung und Landnahme von ordentlicher Herrschaft und guten Sitten war. Die Menschen lebten friedlich unter der Herrschaft der Inkas, es gab reichlich Vieh, die Kornspeicher quollen über, das Land war in Terrassen angelegt und ordentlich bebaut und bewässert.
Bis wir es ihnen mit Waffengewalt entrissen. Wir nahmen ihnen ihre Koppeln und Weiden weg, ohne gewahr zu werden, dass diese für sie heilig waren, da sie jeden Felsen, jeden Bach, jeden Baum verehrten. Nicht wie wir, für die das eigene Stück Land nicht mehr wert ist als das unseres Nachbarn, die wir das Grab unserer Väter und den Geburtsort unserer Kinder einfach zurücklassen. Sie behandeln die Erde wie eine Mutter, nicht wie einen Feind.
Man verlangte von ihnen Tribut für Dinge, die sie weder besaßen noch anbauten. Obwohl man ihre Ernten zunichte machte, ihnen die Lebensgrundlage entzog, wurden sie gezwungen, Steuern zu zahlen. In der Kleidung, die sie tagsüber trugen, schliefen sie des Nachts, und wenn jemand ein ordentliches Gewand besaß, dann galt er als reich.
Die von ihnen angelegten Terrassen wurden niedergerissen, Bewässerungskanäle wurden zugeschüttet, Wege und Brücken zerstört, ohne dass irgendjemand sie wieder aufbaute. Die Kornspeicher wurden geleert und die Lamaherden getötet. Ich sah, wie viele dieser Tiere man schlachtete, nur um ihr Hirn verspeisen zu können, während der Rest verschmäht wurde, sodass in vier Jahren mehr dieser Tiere den Tod fanden als zu Zeiten der Inkas in vierhundert.
Wir haben ganze Volksstämme zugrunde gerichtet, die sehr gut wirtschafteten, die weder Verbrechen noch Hinterlist kannten. Das ging sogar so weit, dass ein Indio, der hunderttausend Gold- und Silberpesos in seinem Haus aufbewahrte, dieses nicht abschloss, sondern
|228|
nur einen Besen oder kleinen Stock schräg vor die Tür stellte, zum Zeichen, dass der Hausherr nicht anwesend war. Dadurch durfte, laut ihren Gebräuchen, niemand hereinkommen. Als sie unter den Unseren Diebe gewahrten, verachteten sie uns dafür.
Auf diese Weise ging dieses Königreich zugrunde, weil wir das schlechte Beispiel gaben, denn obwohl seine Eingeborenen vor unserer Ankunft nichts Böses taten, sind sie nun so weit, dass sie nur noch wenig Gutes tun. Der Nahrung und der Wolle ihrer Tiere beraubt, treiben sie sich nun hungernd und halb nackt wie Büßerseelen herum, deren Klage von Hügel zu Hügel schallt. Und so wurde ein Volk, das auf seine Errungenschaften bauen konnte, einfach zerstört und unterworfen.
Es ist eine große Schande, dass ein Herrscher wie Huayna Cápac als Barbar gilt, der sein Reich in so wunderbarer Ordnung gehalten hat, dass weder Alexander der Große noch ein anderer mächtiger König der Antike dies hätte besser machen können. Seine Ländereien waren reich und alle Menschen versorgt, während heute nur noch die verlassenen Häuser der Bauern zu sehen sind. Die einstige Herrschaft der Inkas muss sinnvoller und besser gewesen sein, denn durch sie vermehrten sich die Indios von Tag zu Tag, während das Volk dieser Eingeborenen nun, wenn es so weitergeht, in wenigen Jahren ausgestorben sein wird. Und wenn es keine Indios mehr gibt, wird auch unseres Königs Herrschaft über sie ein Ende haben, wird das Land mit all seinen Reichtümern zugrunde gehen, denn sie sind es, die es bewirtschaften und all dieses Gold und Silber
Weitere Kostenlose Bücher