Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
Vom Netzwerk:
schwärzen. Der Himmel schimmerte nach Sonnenuntergang nicht mehr in blutrotem Lichte, und erst nach Eintreten der Dunkelheit zitterten blaue Flämmchen über der weiten, schwarzen Öde, Flämmchen, die von den im Innern glühenden Aschenhaufen ausgingen.
    Von den vierzehn Teilen Roms standen nur noch vier, einschließlich der Gegend jenseits des Tibers. Alle anderen waren vom Feuer verzehrt. Als auch die letzte Glut erloschen war, zeigte sich eine weit ausgedehnte, graue, düstere, tote Fläche vom Tiber bis zum Esquilin. Daraus ragten Reihen von Kaminen empor, wie Säulen auf den Gräbern eines Friedhofes. Dazwischen bewegten sich während des Tages düstere Menschengruppen, von denen die einen nach kostbaren Gegenständen, die anderen nach den Gebeinen ihrer Lieben suchten. Nachts heulten Hunde auf der Asche und den Trümmern der früheren Wohnungen ihrer Herren.
    Alle dem Volke vom Cäsar erwiesene freigebige Hilfe verhinderte dennoch die üble Nachrede und Entrüstung keineswegs. Nur das Heer der Räuber, Verbrecher und heimatlosen Mörder, die nach Belieben essen, trinken und rauben konnten, war befriedigt. Leute, die all ihr Eigentum und ihre nächsten Angehörigen verloren hatten, ließen sich durch Öffnung der Gärten, Verteilung von Brot und das Versprechen von Spielen und Geschenken nicht gewinnen. Das Unglück war zu groß, zu beispiellos. Die, in deren Seele noch ein Fünkchen Liebe zur Vaterstadt und zu ihrer Geburtsstätte sich fand, gerieten außer sich bei der Nachricht, daß der alte Name „Roma“ zu verschwinden habe und der Cäsar auf den Trümmern der Hauptstadt eine neue Stadt, „Neropolis“, errichten wolle. Eine Flut des Hasses machte sich Luft und nahm täglich zu, trotz der Schmeicheleien der Höflinge und der Lügen des Tigellinus. Nero, der für die Gunst des Volkes empfindlicher war als jeder frühere Cäsar, dachte mit Schrecken, daß ihm in dem hartnäckigen, tödlichen Kampfe, den er mit den Patriziern im Senate zu wagen gewillt war, die nötige Unterstützung fehlen könnte. Die Augustianer waren nicht weniger geängstigt; denn jeder Tag konnte sie vernichten. Tigellinus dachte daran, einige Legionen aus Kleinasien herbeizurufen. Vatinius, der sonst lachte, selbst wenn man ihn ins Gesicht schlug, verlor den Humor, Vitellius den Appetit.
    Manche berieten unter sich, wie die Gefahr abzuwenden wäre; denn es war kein Geheimnis, daß, falls der Cäsar in einem Aufruhr getötet würde, auch keiner der Höflinge davonkäme, Petronius vielleicht ausgenommen. Ihrem Einfluß schrieb man die wahnwitzigen Taten Neros zu, ihren Einflüsterungen alle Verbrechen, die er beging. Man haßte sie fast mehr als ihn. Darum versuchten einige, sich von der Verantwortlichkeit für den Brand der Stadt frei zu machen. Um aber sich selber aus der Verlegenheit zu ziehen, mußten sie auch den Cäsar vom Verdacht reinigen, sonst würde ihnen niemand glauben, daß nicht sie die Ursache des Unglücks seien. Tigellinus beriet sich in dieser Angelegenheit mit Domitius Afer und selbst mit Seneca, obwohl er diesen haßte. Poppäa, die begriff, daß mit dem Untergang Neros auch ihre Stunde geschlagen hätte, schloß sich der Meinung ihrer Vertrauten und der jüdischen Priester an; denn es war seit Jahren bekannt, daß sie sich zum Glauben an Jehova bekannte. Nero erdachte sich seine eigenen Wege, die häufig schrecklich, doch noch öfter töricht waren, und verfiel einmal in Angst, dann in Entzücken, meistens aber in Klagen über sein Los.
    Eine lange, aber fruchtlose Beratung wurde im Hause des Tiberius abgehalten, das den Brand überdauert hatte. Petronius hielt es für das beste, daß der Cäsar, die Sorgen hinter sich lassend, nach Griechenland und von da nach Ägypten und Kleinasien sich begebe. Die Reise war ja schon lange geplant; warum sollte man sie verzögern, wo jetzt Rom nur Trauer und Gefahren bot?
    Nero nahm den Rat gierig auf; Seneca aber sagte nach einigem Nachdenken:
    „Es ist leicht zu gehen, schwieriger aber möchte es sein zurückzukehren.“
    „Beim Herakles“, antwortete Petronius, „wir können es an der Spitze asiatischer Legionen!“
    „Das werde ich tun!“ rief Nero.
    Tigellinus jedoch widersetzte sich. Er selber konnte keinen Ausweg finden, und wenn des Arbiters Idee in seinem Kopfe entstanden wäre, hätte er sie zweifellos als die rettende erklärt. Der Kern der Frage lag für ihn darin, daß Petronius nicht ein zweites Mal der einzige Mann sein dürfe, der in einem schwierigen

Weitere Kostenlose Bücher