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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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sich öffentlich zu zeigen, und verbürgte sich, daß der Gekreuzigte den Cäsar nicht beschimpfen werde, wie Crispus es getan. Das Volk war ohnedies des Blutvergießens satt; deshalb wurde ihm eine neue Verteilung von Lotterielosen und Geschenken versprochen und dazu ein Fest; denn das Schauspiel sollte am Abend im glänzend beleuchteten Amphiheater stattfinden.
    Als die Dämmerung eintrat, war das ganze Amphitheater gefüllt. Die Augustianer, Tigellinus an der Spitze, erschienen bis auf den letzten – nicht allein um des Schauspiels willen, sondern auch, um dem Cäsar ihre Ergebenheit und ihren Abscheu gegen Chilon zu bekunden, der ganz Rom beschäftigte.
    Man munkelte, der Cäsar sei nach seiner Heimkehr von der Szene in den Gärten in Raserei verfallen und könne nicht schlafen, leide unter Angstanfällen und schrecklichen Erscheinungen; deshalb habe er schon den folgenden Morgen seine baldige Abreise angekündigt. Andere bestritten dies und behaupteten, er werde nur um so erbarmungsloser gegen die Christen wüten. Es fehlte auch nicht an solchen, die vorhersehen wollten, daß die Anklage, die Chilon dem Cäsar ins Gesicht geschleudert hatte, die denkbar schlechteste Wirkung hervorbringen müßte. Endlich gab es auch solche, die Tigellinus um der Menschlichkeit willen baten, von weiterer Verfolgung abzusehen.
    „Seht, wohin ihr geratet“, sagte Barcus Soranus. „Ihr wolltet den Zorn des Volkes sänftigen, es überzeugen, daß die Schuldigen die Strafe treffe; aber das gerade Gegenteil habt ihr erreicht.“
    „Das ist richtig“, fügte Antistius Vetus bei, „alle flüstern sich jetzt zu, die Christen seien unschuldig. Wenn diese Handlungsweise euren Scharfsinn beweisen soll, dann hatte Chilon recht, wenn er behauptete, daß für euer Gehirn eine Nußschale groß genug sei.“
    Tigellinus kehrte sich den beiden zu und sagte: „Barcus Soranus, das Volk flüstert sich auch zu, daß deine Tochter Servilia ihre christlichen Sklaven der Bestrafung durch den Cäsar entzogen habe, und dasselbe sagt man auch von deiner Frau, Antistius.“
    „Das ist nicht wahr“, rief Barcus beunruhigt.
    „Deine geschiedenen Frauen wollen nur die meinige ins Verderben stürzen, weil sie sie um ihrer Tugend willen beneiden“, versetzte Antistius Vetus in nicht geringerer Unruhe.
    Andere sprachen über Chilon.
    „Was ist mit ihm?“ fragte Eprius Marcellus. „Er selber überlieferte die Christen den Händen des Tigellinus. Aus einem Bettler wurde er zum reichen Manne, hätte seine Tage in Frieden vollenden, ein glänzendes Leichenbegängnis bekommen und ein großartiges Grabmal besitzen können! Aber nein! Kurz gesagt, er verlor lieber alles und ging selber zugrunde, er muß wirklich toll geworden sein.“
    „Nein, nicht toll, sondern ein Christ“, unterbrach Tigellinus.
    „Unmöglich!“ sagte Vitellius.
    „Habe ich euch nicht gesagt: Tötet die Christen, wenn euch das Vergnügen macht“, warf Vestinus ein; „aber glaubet mir, deren Gottheit könnt ihr nicht bekriegen. Mit der ist nicht zu scherzen. Seht, ich habe Rom nicht verbrannt; doch wenn der Cäsar es erlaubt, bringe ich der christlichen Gottheit Hekatomben. Und alle sollten dasselbe tun; denn ich wiederhole: Mit ihr ist nicht zu scherzen. Gedenket meiner Worte!“
    „Und ich sage noch etwas anderes“, fügte Petronius bei. „Tigellinus hat gelacht, als ich behauptete, die Christen bewaffneten sich; ich gehe jetzt noch weiter und sage: Sie werden siegen.“
    „Wie meinst du das? Wie meinst du das?“ riefen mehrere.
    „Bei Pollux, sie werden siegen! Denn wenn ein Subjekt wie Chilon ihnen nicht widerstehen kann, wem wird es dann gelingen? Wenn ihr glaubt, die Zahl der Christen vermehre sich nicht nach jedem Schauspiel, dann werdet Kupferschmiede, schert Bärte, und ihr werdet hören, was das Volk denkt und was in der Stadt vorgeht.“
    „Er spricht die volle Wahrheit, beim geheiligten Peplos der Diana“, rief Vestinus.
    Barcus wandte sich an Petronius:
    „Zu welchem Schlusse gelangst du dabei?“
    „Ich schließe mit dem, womit ihr angefangen habt – es ist genug des Blutvergießens.“
    Tigellinus betrachtete ihn höhnisch:
    „Ah – noch ein wenig mehr!“
    „Wenn dein eigener Kopf nicht ausreicht, so hast du noch so einen auf deinem Spazierstock“, erwiderte Petronius.
    Weitere Gespräche wurden durch die Ankunft des Cäsars abgeschnitten, der Pythagoras neben sich Platz nehmen ließ. Unmittelbar darauf begann die Darstellung des „Aureolus“; man

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