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Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin

Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin

Titel: Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
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gezwungen zu gehen ...
    »Und was deinen Arm und dein Bein betrifft«, fuhr Tomin fort, während sie auf das Eingangsportal zuschritten, »hat Kara dir jemals gezeigt, dass es sie stört?«
    Ehrlicherweise musste Raven auf diese Frage verneinend den Kopf schütteln.
    »Dann würde ich das nicht als Hindernis ansehen«, entgegnete der Knecht mit gesenkter Stimme, da sie in diesem Moment den Tempel betraten.
    Verblüfft über diese Antwort blickte Raven Tomin an, dann zog das Innere des Tempels ihn in seinen Bann. Die riesige Halle des steinernen Gebäudes war vollständig mit Marmorplatten bedeckt, die grün und schwarz glänzten. Wandfackeln erleuchteten den Raum, dem der Verzicht auf jeglichen Pomp Erhabenheit und Weite verlieh. Staunend ging Raven weiter. Durch drei schmale, hohe Fenster, die dem Hauptportal gegenüberlagen, fiel das Tageslicht genau auf den Mittelpunkt des Tempels: eine im Boden eingelassene, mit Wasser gefüllte Vertiefung. Das Becken war schätzungsweise genauso lang und breit wie ein Mann, und auf der Wasseroberfläche schillerte ein glänzender Film.
    Öl , dachte er. Also würde an dieser Stelle das Feuer für die Zeremonie entzündet werden. Er folgte Tomin durch den breiten Mittelgang, an dessen Seiten lange Bankreihen standen. Der Knecht führte ihn bis ganz nach vorne, wo sich tatsächlich am äußersten Bankende noch zwei freie Plätze fanden. Erleichtert, eine solch gute Sicht zu haben, ließ Raven sich neben Tomin nieder. Der Tempel war mehr als beeindruckend, ein würdiges Haus der Göttin.
    Die Reihen füllten sich mit Besuchern, und als der Zustrom nach einiger Zeit endete, schlossen die Wächter das Eingangsportal. Raven sah sich um. Jeder Platz auf den Bänken war besetzt – Kara hatte ein großes Publikum. Zu seiner Überraschung stellte er fest, dass er nervös war. Natürlich war er neugierig auf die Befragung des Feuers; seine Aufregung galt jedoch Kara, da er wusste, welche Gefühle diese Zeremonie in ihr auslöste.
    Das Murmeln der Menschen um ihn herum verebbte und Raven richtete den Blick nach vorne. Theon war aus einer Tür getreten, die sich unterhalb der drei Fenster befand. Zwanzig Männer und Frauen in den weißen Gewändern der Tempeldienerschaft folgten ihm und als der Tempelherr hinter dem Wasserbecken stehenblieb, stellten sie sich rechts und links neben ihm auf.
    »Seid willkommen im Tempel der Großen Mutter «, hob Theon an, »die in ihrer unendlichen Gnade heute wieder zu uns sprechen und uns ihren Willen kundtun wird.« Er verneigte sich tief vor dem Becken, und die Männer und Frauen neben ihm begannen in den Worten der alten Sprache zu singen. Erst leise, dann immer lauter und vielstimmiger erscholl ihr Gesang, den die steinernen Wände um ein Hundertfaches verstärkt zurückwarfen.
    Auf dem Höhepunkt des Chorals öffnete sich die Tür hinter dem Becken erneut und Kara betrat die Halle. Ihr Kleid strahlte wie frisch gefallener Schnee in der Sonne, das Licht der Fackeln ließ ihr hochgestecktes Haar in tausend Rottönen schimmern und das leuchtende Grün ihrer Augen übertraf die Farbe des Marmors bei weitem.
    Geblendet von ihrer Schönheit senkte Raven den Blick. Schon immer hatte er sie als hübsch empfunden, doch ihr heutiges Aussehen war unglaublich. Er spürte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte und es in seinem Bauch merkwürdig zu flattern begann. Obwohl er es Tomin gegenüber kurz zuvor vehement abgestritten hatte – Kara war ihm alles andere als gleichgültig.
    Rasch hob er seinen Blick wieder und sah, wie Kara – einer Königin gleich – auf das Becken zuschritt und an Theons Seite stehen blieb. Der Tempelherr nickte, woraufhin der Gesang leiser wurde und schließlich verklang. Kara ging in die Knie und streckte ihre Hand aus. In der Halle herrschte eine erwartungsvolle Stille, jedes Augenpaar war auf sie gerichtet. Kaum berührten ihre Fingerspitzen das Wasser, schossen mannshohe Flammen empor, die eine ungewöhnliche blaugrüne Färbung aufwiesen.
    Kara erhob sich wieder. Theon umrundete das Becken und trat vor die Besucher. »Wir beginnen mit der Zeremonie«, verkündete er. »Wer eine Frage an die Göttin hat, hebe die Hand.«
    Unzählige Arme schnellten in die Luft und Tomin seufzte leise. »Das wird viel Arbeit für Kara. Hoffentlich steht sie es bis zum Ende durch.«
    Besorgt blickte Raven ihn an und der Knecht setzte erklärend hinzu: »Um eine Antwort von der Göttin zu erhalten, muss Kara ihre Hände ins Feuer strecken – dann

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