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Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin

Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin

Titel: Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
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der Großen Mutter hören zu dürfen!
    Doch die Botschaft, die diese Offenbarung enthielt, schien keine gute zu sein. Kara löste sich aus dem Feuer und sah die drei Männer ernst an. »Euer Dorfvorsteher ist nicht so rechtschaffen gewesen, wie ihr glaubt. Für seinen Erfolg hat er gegen die Göttin und auch gegen euer Dorf gesündigt. Der Tod ist seine gerechte Strafe. Wenn er bereit ist, euch seine Verfehlungen zu gestehen und Abbitte zu leisten, wird die Göttin ihm im Jenseits jedoch Gnade erweisen.«
    Die Männer wagten kein Widerwort mehr und gingen sichtlich betroffen auf ihre Plätze zurück. Nach ihnen trat Fragesteller um Fragesteller vor das Bassin. Mal ging es um Missernten, mal um Streitigkeiten. Viele der geäußerten Probleme erschienen Raven äußerst banal zu sein. Möglicherweise war es seine Sorge um Kara, die ihn zu diesem Urteil verleitete. Inzwischen war es später Nachmittag, und obwohl Kara immer wieder etwas trank, schwanden ihre Kräfte zusehends. Zwei Tempeldienerinnen standen mittlerweile an ihrer Seite und stützen sie, und Raven atmete erleichtert auf, als endlich der letzte Besucher vor das Feuerbecken trat.
    Die Frage des Mannes war glücklicherweise schnell beantwortet. Doch als Theon bereits die Arme ausgebreitet hatte, um ein Dankesgebet für die Göttin zu sprechen, flog plötzlich die Tür des Tempels auf. Ein hochgewachsener Mann in kostbarer Robe trat ein und eilte auf Theon zu. Auf dem Gesicht des Tempelherrn erschien ein sowohl erstaunter als auch besorgter Ausdruck. Der Neuankömmling schien ihm nicht unbekannt zu sein.
    »Das ist der Statthalter von Gawyn, der großen Stadt am Meer«, flüsterte Tomin ihm auch sogleich zu. »Er ist ein Freund Theons und ein großer Wohltäter des Tempels. So hereinzuplatzen sieht ihm nicht ähnlich, es muss also einen dringenden Anlass für sein Kommen geben.«
    Die Gründe des Statthalters waren in der Tat besorgniserregend. Nachdem er sich für sein Zuspätkommen entschuldigt hatte, kam er sofort zu Sache. »In Gawyn breitet sich eine Epidemie aus. Viele Menschen dort sind schon erkrankt und etliche Kinder und Alte bereits gestorben. Keiner unserer Heiler kann der Krankheit Einhalt gebieten. Wir hoffen auf ein Wort der Göttin, wie wir eine weitere Ausbreitung verhindern und die erkrankten Bürger retten können.« Sein Blick wanderte zwischen Theon und Kara hin und her. Auch ihm schien aufzufallen, dass die junge Frau am Rande der Erschöpfung stand. »Ich würde die Seherin nicht um die Befragung des Feuers bitten, wenn es nicht dringend wäre. Das Leid der Menschen in Gawyn ist unermesslich.«
    Raven biss sich auf die Lippe. Einerseits war es unverantwortlich, Kara nochmal den Flammen auszusetzen, doch er verstand den Wunsch des Statthalters nach Hilfe.
    Theon sah Kara fragend an, und dass sie nickte, wunderte Raven nicht. Er hätte sich an ihrer Stelle genauso entschieden: Das Wohl vieler stand vor der eigenen Befindlichkeit. Trotzdem war seine Sorge groß, als Kara erneut an das Feuerbecken trat und ihre Hände ausstreckte.
    »Es ist eine Krankheit, die über das Meer gekommen ist«, sagte Kara nach wenigen Augenblicken. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Braut einen Trank aus folgenden Zutaten ...« Schweratmend zählte sie die Bestandteile auf, danach zog sie ihre Hände aus dem Feuer zurück. »Jeder Einwohner der Stadt, egal ob krank oder nicht, soll davon zweimal täglich trinken. So werdet ihr die Seuche bannen ...« Sie keuchte auf, ihre Augen verdrehten sich und ihre Beine knickten ein. Die beiden Tempeldienerinnen an Karas Seite reagierten geistesgegenwärtig und fingen sie auf, bevor sie auf den Boden stürzen konnte.
    Entsetzt sprang Raven von der Bank auf und wollte zu Kara laufen, aber Tomin hielt ihn zurück.
    »Bleib hier«, bat der Knecht. »Sie ist in besten Händen. Ona und Xalva sind bei ihr.«
    Tatsächlich knieten die beiden Heilerinnen bereits neben Kara, und auch Theon und Songan waren zu ihr geeilt. Nach einem Nicken Onas hob der kräftige Tempelwächter Kara hoch und trug sie aus der kleinen Tür hinaus, gefolgt von den Heilerinnen und einigen Tempeldienern.
    Theon trat wieder vor das Becken. Erst sprach er beruhigende Worte, danach das Dankesgebet. Doch Raven hörte ihm nicht zu, seine Angst um Kara ließ ihn nicht los. Würde sie aus ihrer Ohnmacht wieder erwachen oder würde sie sterben, wie die Seherin, von der Tomin berichtet hatte? Kara hatte sich trotz ihrer Entkräftung dem Feuer gestellt,

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