Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin
schluchzte sie, »und das war meine einzige Hoffnung! Stunde um Stunde habe ich zur Göttin gebetet, dass sie dir beisteht und schützend ihre Hand über dich hält!« Sie wischte sich über die Augen. »Als du im Lager der Söldner zu mir gekommen bist, war ich so glücklich ...« Ihre Stimme versagte und sie schlang ihre Arme um seinen Oberkörper.
Raven drückte sie fest an sich, um von der Wucht seiner eigenen Gefühle nicht umgerissen zu werden. An eine Begegnung mit Kara hatte er nicht mehr geglaubt und nun spürte er sie so nah bei sich. Und erst ihre Worte! Er warf dem Raben einen dankbaren Blick zu, dann strich er mit der Hand an Karas Wange entlang und hob sanft ihren Kopf an, so dass sie ihm in die Augen blickte.
»Es tut mir so leid, dich immer wieder belogen und im Unklaren gelassen zu haben«, erklärte er rau. »Menwin hat recht, mit allem, was er sagte: Ich bin keiner von Herons Kriegern.«
Auf ihrem Gesicht erschien das Lächeln, das er so liebte. »Ich bin froh, dass du nicht zu ihnen gehörst. Das hätte nicht zu dir gepasst.«
Sie war so schön, so warmherzig und so gütig! Doch er durfte ihr gutes Wesen nicht ausnutzen. »Ich bin ein armer Knecht aus den Minen, Kara«, fuhr er eindringlich fort, »noch dazu körperlich gezeichnet! Niemand hat je Wert auf meine Gesellschaft gelegt, ganz im Gegenteil: Jeder, der auf seinen Ruf bedacht war, hat einen großen Bogen um mich gemacht.«
Sein Magen krampfte sich zusammen und alles in ihm weigerte sich, weiterzusprechen, aber es musste sein. »Auch wenn du mir meine Lügen vielleicht verzeihst, erwarte ich nicht, dass du mich noch magst. Du ... du kannst deine Verachtung für mich ruhig offen zeigen, das bin ich gewohnt. Ich nehme es dir nicht übel.«
Ihre Augen weiteten sich und ihre Stirn legte sich in Falten. »Du willst, dass ich dich verdamme wie alle anderen? Nachdem ich mir seit Ewigkeiten nichts weiter als deine Nähe wünsche?« Ihre Stimme überschlug sich fast vor Empörung. »Ich habe mich in dich verliebt, als ich noch annahm, du seist ein stummer Feldarbeiter. Mein Herz schlug weiter für dich, selbst als ich dachte, du wärst mein Feind! Glaubst du im Ernst, deine Herkunft könnte an meiner Zuneigung zu dir etwas ändern?«
Er wollte widersprechen, doch bevor er etwas sagen konnte, streckte sich Kara auf die Zehenspitzen und legte ihre Arme um seinen Hals. »Ich liebe dich«, flüsterte sie. »Alles andere ist mir egal.« Dann berührten ihre weichen Lippen seinen Mund.
Raven wusste, er sollte diesen Kuss beenden, aber er konnte es nicht. Zu tief waren seine Gefühle, zu groß seine Sehnsucht. »Ich liebe dich auch«, murmelte er heiser und zog sie näher an sich. Für einen Moment vergaß er alles: Heron, Menwin, seine Vergangenheit. Kara war die richtige Frau für ihn. Bei ihr zu sein gab ihm Kraft, er fühlte sich angekommen und angenommen . Niemals mehr würde er Augen für eine andere haben. Sie war seine Zukunft, und sein ganzes Leben würde sich von nun an darauf ausrichten, sie glücklich zu machen.
Als sie sich nach einer Weile keuchend voneinander lösten, waren Karas Wangen gerötet. In ihren Augen glommen Leidenschaft und der Wunsch nach mehr. Auch Raven fühlte Hitze und Verlangen in jedem Winkel seines Körpers, doch sie beide durften ihrem Begehren nicht nachgeben.
»Weiteres sollten wir auf später verschieben«, erklärte er lächelnd und fuhr mit den Fingern die Konturen ihres Gesichtes nach. »Noch bist du Seherin, und ich will die Große Mutter nicht noch mehr verärgern. Außerdem«, sein Gesicht wurde ernst, »ist Menwin uns höchstwahrscheinlich auf der Spur.«
Kara nickte. »Ja, es ist besser, wir reiten weiter.« Sie trat einen Schritt von ihm weg und sah sich um. »Wo steckt Jorin? Er hat mich zu den Pferden geleitet und ist mit mir bis zu der Stelle geritten, an der ich die Straße verlassen habe. Dann hat er mir gesagt, wo ich auf euch warten soll, und ist zurückgeritten, um dir im Kampf beizustehen.«
Erstaunt sah Raven sie an. »Er ist nie bei mir angekommen, nur das Pferd habe ich gefunden.« Er runzelte die Stirn. »Du wartest hier, und ich reite zurück und suche nach ihm. Falls der Barde Menwin in die Hände gefallen ist, muss ich ihn retten, bevor dieser ihn ...«
Goriks Schrei unterbrach seinen Satz.
»Dein Rabe ist ja wieder da!«, rief Kara und wies zum Baum hinauf.
»Ja, er hat mich zu dir geführt, sonst hätte ich dich niemals gefunden.«
Jetzt war es an Kara, verwirrt zu schauen.
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