Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin
Wache halten sollten, ließen die Köpfe hängen und gaben Schnarchgeräusche von sich – ebenso wie die beiden Krieger, die Kara bewachten. Sie lagen neben dem Baumstamm und schliefen.
»Alles sieht gut aus«, flüsterte er Jorin zu. »Wir sollten es wagen.«
Der Barde nickte und sie schlichen im Schutz der Bäume um das Lager herum bis in die Nähe des Stammes, an dem Kara gebunden war. »Du wartest hinter dem Gebüsch hier, Jorin«, ordnete Raven an, zog sein Messer und ging leise auf den Baum zu.
Kara trug noch immer einen Knebel im Mund, wahrscheinlich fürchteten sich die Krieger vor weiteren Verwünschungen. Sie konnte demnach nicht erschreckt aufschreien und ihn und Jorin damit unabsichtlich verraten, trotzdem berührte Raven sie leicht am Oberarm, um sie auf ihre Rettung aufmerksam zu machen.
Ihre Reaktion erfolgte prompt: Kara zuckte mehrmals gleichmäßig mit den Schultern, um zu zeigen, dass sie wach war.
Sogleich zog er ihr den Knebel aus dem Mund und begann, die Stricke durchzuschneiden. »Ich habe Pferde für uns im Wald versteckt«, raunte er ihr zu.
Sie keuchte, als sie seine Stimme erkannte. »Raven!« Ihr Tonfall verriet Freude und Erleichterung gleichermaßen.
»Gleich sind wir hier fort«, erwiderte er und setzte sein Messer erneut an. Mit dem Schnitt fiel das Seil zu Boden. »Du bist frei«, erklärte er überflüssigerweise, denn Kara war längst aufgesprungen. »Jetzt nichts wie ...«
»Glaubst du Bastard tatsächlich, du kannst einfach vorbeispazieren und mir die Seherin stehlen?« Wie aus dem Nichts stand Menwin vor dem Baum, blickte ihn hasserfüllt an und zog sein Schwert. »Dafür wirst du sterben!«
Raven, der Menwin nicht hatte kommen hören, fuhr herum. Sein Herz schlug bis zum Hals, doch weder würde er sich von dem Hauptmann einschüchtern lassen noch kampflos aufgeben – schließlich hatte er nichts mehr zu verlieren. »Du und Heron habt schon zweimal das Todesurteil über mich gesprochen und ich bin immer noch am Leben!«, rief er herausfordernd, in der Hoffnung, Menwin von Kara abzulenken. Denn statt wegzulaufen, stand diese wie versteinert da und starrte den Hauptmann an.
»Dieses Mal entkommst du mir nicht, das verspreche ich dir«, höhnte Menwin. »Ich bin schneller als du.«
»Dann sollte ich das vielleicht ändern.« Raven schleuderte das Messer in seiner Hand auf Menwin. Tief drang die Klinge in dessen Oberschenkel ein. Der Hauptmann gab einen unterdrückten Schmerzenslaut von sich und krümmte sich zusammen.
»Lauf, Kara!«, schrie Raven, um sie aus ihrer Erstarrung zu reißen. Sie sah ihn mit großen Augen an und wollte Einwand erheben, doch Jorin, der aus seinem Versteck im Gebüsch herausgelaufen war, packte sie am Arm und riss sie mit sich fort.
»Jorin, bring Kara zu den Pferden und reitet los!«, rief er ihnen hinterher. »Beschütze sie auf ihrer Reise – ich komme hier alleine zurecht!«
Der Barde nickte im Laufen und verschwand mit Kara, die Raven einen verzweifelten Blick zuwarf, im Unterholz.
»Verdammt!«, brüllte Menwin und zog das Messer aus seinem Bein. »Männer, verfolgt sie!«
Aus dem Lager kamen auf seinen Befehl hin jedoch nur benommene Stimmen, was Menwin mit zusammengezogenen Brauen zur Kenntnis nahm. »Die Gaukler haben ein Schlafmittel in das Bier geschüttet«, fauchte er. »Wie gut, dass ich von diesem Gesöff kaum etwas getrunken habe!«
Ravens Anspannung wuchs. Das war keine gute Nachricht, und auch die Wunde, die er Menwin zugefügt hatte, setzte ihm nicht so zu wie erhofft. An seine eigene Flucht war demnach nicht zu denken – er musste sich dem Hauptmann zum Kampf stellen!
Er riss das Schwert aus seinem Waffengürtel und richtete es auf Menwin, der sofort zur ersten Attacke überging. Mit zusammengebissenen Zähnen wehrte Raven die brutalen Hiebe ab und wich zurück.
Menwin lachte auf. »Ist das alles, was du kannst, Raven? Jedes alte Weib kämpft besser.«
Das war richtig, aber er wollte Zeit gewinnen, um Kara und Jorin die Flucht zu ermöglichen. Denn sobald Menwin ihn besiegt hätte, würde er die Verfolgung aufnehmen. So verzichte Raven auf eine Antwort, konzentrierte sich auf seine Verteidigung und lauschte aufmerksam den Geräuschen des Waldes. Als er das Geräusch galoppierender Pferdehufe vernahm, trat ein grimmiges Lächeln auf sein Gesicht. Kara und der Barde hatten es geschafft. Nun gab es keinen Grund mehr für Zurückhaltung!
Er machte einen Schritt nach vorne und stieß sein Schwert in Richtung Menwins
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