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Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin

Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin

Titel: Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
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eingebüßten Schwanzfedern abgesehen.
    Gorik antwortete ihr mit einer schnellen Tonfolge, wechselte die Flugrichtung und erhöhte sein Flugtempo.
    Kara keuchte, machte ebenfalls eine Kehrtwendung und bog in ein schmales Gässchen ein. Kreuz und quer lief sie dem Raben durch die Stadt hinterher, ohne auch nur die geringste Ahnung zu bekommen, wo er sie hinbringen würde. Dabei sah sie sich immer wieder über die Schulter nach Verfolgern um. Doch falls es welche gegeben haben sollte, hatten sie diese durch Goriks Zickzackkurs abschütteln können.
    Ein plötzliches Kra! des Raben ließ Kara langsamer werden und ihre Umgebung genauer betrachten. Sie waren am Stadtrand angekommen und vor ihnen lag eine kleine Pforte, durch die das Vieh auf die Weiden am Waldrand getrieben wurde. Der Waldrand! Kara wurde eiskalt und sie blieb im Schutz eines Stalles stehen. Mit einem Mal wusste sie, wo Gorik sie hinbringen wollte.
    Der Rabe hatte ihr Zurückbleiben bemerkt und flog zu ihr. Er landete auf dem Griff eines Schubkarrens und stieß drängende Laute aus.
    »Ich weiß, wo du mich hinführst«, sagte sie unglücklich. »Aber dorthin kann ich nicht – noch nicht. Jetzt an seinem Grab zu stehen, das ist ... ich würde es nicht ertragen.« Verzweifelt sah sie ihn an. »Verstehst du das nicht?«
    Statt einer Antwort flatterte Gorik auf ihre Schulter und riss an ihrem Haar.
    »Bitte«, wimmerte sie, »verlange das nicht von mir!«
    Doch genau das schien Gorik von ihr zu wollen. Kara biss sich auf die Lippe. Sie hatte die Wahl entweder weiterzugehen oder von den Kriegern ihrer Mutter zurück in die Burg geschleppt zu werden. »In Ordnung«, sagte sie, rannte los und lief durch die Pforte.
    Der Rabe schwang sich wieder in die Lüfte empor und wies ihr den Weg durch die Felder, Wiesen und Weiden. Bald sah Kara am Rand des Waldes zwei Männer, die einen leblosen Körper von einem Pferdekarren zu einer ausgehobenen Grube schleppten und ihn hineinwarfen. Wie angewurzelt blieb sie stehen. Das waren die Totengräber, und sie waren noch nicht fertig mit ihrer Arbeit.
    Schlagartig verkrampfte sich ihr Magen: Sollten die Männer ihre tägliche Runde in der Burg begonnen haben, lag Raven nicht in der Grube, sondern noch auf dem Karren. Kara begann zu würgen. Der Anblick eines Grabhügels war das eine – Ravens entstellten Leichnam zu sehen, etwas ganz anderes. Sie wandte sich ab und hielt sich die Hand vor den Mund, aber Gorik war unerbittlich. Krächzend umflatterte er sie und trieb sie in die Richtung des Fuhrwerks.
    Durch sein Getöse blieb ihr Herannahen nicht unbemerkt. Die beiden Männer, dem Aussehen nach mussten es Brüder sein, hielten inne und starrten sie mit offenem Mund an.
    Zum Glück trugen die zwei gerade keinen Toten, dachte Kara erleichtert. Sie trat auf sie zu, wobei sie tunlichst vermied, einen Blick in die Grube oder auf den Wagen zu werfen.
    »Oh, Prinzessen, welche Ehre!«, stotterte der Ältere und verbeugte sich unbeholfen vor ihr. Nach einem Stoß in die Rippen verneigte sich auch der Jüngere, den die Göttin nicht gerade mit einem scharfen Verstand gesegnet zu haben schien.
    »Ich suche einen Mann«, sagte Kara rasch, denn trotz des frischen Herbstwindes war der Geruch nach Verwesung unerträglich. »Ihr habt ihn heute früh aus der Burg geholt.«
    In den Augen des Älteren blitzte Erkenntnis. »Ah, der Sarwe! Ein wunderbares Beispiel für die Künste des Foltermeisters Eurer Mutter.« Er nickte anerkennend.
    »Liegt noch auf’m Karren«, ergänzte sein Bruder hilfsbereit. »Den werfen wir als Letzten ins Loch.«
    Kara stockte der Atem. Genau, wie sie befürchtet hatte! Allerdings wusste sie immer noch nicht, warum Gorik sie hierher gebracht hatte.
    Die Frage nach dem Zweck ihres Kommens schienen sich auch die Totengräber zu stellen. »Wie können wir Euch helfen, Prinzessin?«, erkundigte sich der Ältere.
    »Wenn Ihr die Hose des Sarwen haben wollt, verkaufen wir sie Euch gerne«, bot der Jüngere geschäftstüchtig an. »Sie ist blutgetränkt, aber gut gearbeitet. Die Haare könnt Ihr ihm auch abschneiden, falls Ihr sie braucht.«
    Mit Feinfühligkeit schien die Große Mutter den Mann ebenfalls nicht bedacht zu haben, und Kara benötigte einen Moment, bis sie die Fassung wiederfand und antworten konnte. »Ich will ihn nur ansehen«, erklärte sie, auch wenn das nicht ihrem Wunsch entsprach. Doch Gorik hatte sich auf der hölzernen Umrandung des Karrens niedergelassen und blickte auffordernd zu ihr

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