Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin

Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin

Titel: Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
Vom Netzwerk:
stand, würde sie bestimmt nicht herausfinden, was der Rabe ihr mitteilen wollte.
    Inzwischen war Gorik wieder nähergekommen und beäugte ihren Begleiter kritisch. Dann flatterte er auf und landete auf ihrer Schulter.
    »Oh, er ist zahm«, stammelte Kara, der das misstrauische Gesicht des Kriegers immer weniger gefiel. Ihr Aufpasser durfte keinesfalls merken, dass sie und der Rabe einander kannten – und es wohlmöglich noch ihrer Mutter berichten, der sie dann Rede und Antwort stehen müsste. Fieberhaft überlegte sie, was sie nun tun sollte. Wenn Gorik nur sprechen und ihr mitteilen könnte, was er von ihr wollte!
    Ehe sie weiter überlegen konnte, zog der Rabe kräftig mit dem Schnabel an einer Strähne ihres Haares – und endlich begriff sie. Erst vorgestern hatte Raven ihr erklärt, Gorik mache dies, wenn er ihm folgen sollte. Demnach wollte der Rabe ihr etwas zeigen, das – seiner vorangegangenen Flugrichtung nach – außerhalb der Burg zu liegen schien. Nur was?
    »Ich kann nicht weg, Gorik«, raunte sie ihm zu. »Der Krieger lässt mich nicht fort.«
    »Was sagtet Ihr, Prinzessin?«
    »Nun ... ich würde mir gerne etwas die Beine vertreten.« Der Krieger nickte und Kara schlenderte unter seinem kritischen Blick in Richtung des Burgtores. Das Tor wurde bewacht, stand aber weit offen. Wäre sie erst hindurch, würde man sie in den engen, belebten Gassen der Stadt nicht so leicht verfolgen können. Bloß wie sollte sie ungehindert hinauskommen?
    Gorik rieb seinen Kopf an ihrer Wange, dann stieß er sich von ihrer Schulter ab und schwang sich mit kräftigen Flügelschlägen in den Himmel empor – nur um im nächsten Augenblick im Sturzflug herunterzustoßen.
    Der Krieger schrie erschrocken auf, als Goriks Krallen sein Gesicht zerkratzten, und riss das Schwert aus dem Waffengürtel. Doch der Rabe wich geschickt allen Schlägen aus und griff erneut an.
    Das war die beste Gelegenheit zu entkommen, wenn nur nicht die Wachmänner vor dem Tor ständen! Verärgert runzelte Kara die Stirn, dann kam ihr eine Idee. Einen Versuch war es wert, beschloss sie, schließlich hatte ihre Schauspielerei schon einmal zum Erfolg geführt. »Hilfe!«, schrie sie laut. »Der Vogel ist vom Wahnsinn besessen. Kommt und steht dem Krieger bei!«
    Die Wirkung ihres Rufes hätte nicht größer sein können: Mägde und Knechte vergaßen ihr Tagewerk und liefen zu ihnen, um den wildwütigen Raben zu sehen, und auch die Torwachen kamen wie erhofft mit erhobenen Waffen herangestürmt, um ihrem Kameraden zu helfen. Gorik bot allerdings auch ein großes Spektakel: Er krächzte in schrillsten Tönen und sah aus wie ein leibhaftiger Dämon.
    In kürzester Zeit hatte sich eine riesige Menschentraube um sie geschart, die nur Augen und Ohren für den Kampf zwischen Vogel und Krieger hatte. Eilig zog Kara den Kopf ein und zwängte sich durch die Schaulustigen hindurch. Es würde einen Moment dauern, bis der Krieger merkte, dass sie fort war. Und noch einen weiteren, bis er sich durch die Umstehenden gekämpft hatte.
    Kaum hatte sie den Kreis der Neugierigen hinter sich gelassen, eilte Kara auf das große Burgtor zu.
    »Halt, Prinzessin!«
    Kara fluchte im Laufen. Vor dem Burgtor stand noch ein einziger Wachmann, den sie in ihrer Freude über ihre geglückte List übersehen hatte.
    Die verbliebene Torwache trat auch sogleich auf sie zu, um ihr den Weg zu versperren. »Prinzessin, die Fürstin hat angeordnet, dass Ihr die Burg nicht verlassen dürft.«
    Kara verlangsamte ihre Schritte und tat, als wolle sie stehen bleiben. Doch bevor der Wachmann seine Hand nach ihr austrecken konnte, schlug sie einen Haken und rannte an dem verdutzten Mann vorbei. Nicht umsonst hatte sie mit ihren drei älteren Brüdern jahrelang Fangen gespielt!
    »Prinzessin, bleibt stehen!«, schrie der Mann ihr hinterher – zerrissen zwischen seiner Pflicht, das Tor zu bewachen und dem Wunsch, dem Befehl seiner Fürstin zu folgen.
    Kara dachte gar nicht daran, seiner Aufforderung nachzukommen. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust, während sie sich ihren Weg durch das Gedränge auf der Straße bahnte. Wo hatte Gorik sie hinführen wollen? Ziellos lief sie zwischen den Häusern weiter, in der Hoffnung, der Rabe würde sie bald finden. Tatsächlich erklang kurz darauf ein vertrautes Krächzen und Gorik segelte an ihr vorbei.
    »Ich folge dir«, rief Kara ihm zu, glücklich, dass der Vogel seine Auseinandersetzung mit dem Krieger unbeschadet überstanden hatte – von ein paar

Weitere Kostenlose Bücher