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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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Mädchen tief und fest. 
     
    *** 
     
    Nachdem sie die Schlafende im Bauch des Schiffes zu Bett gebracht hatten, stiegen Lou und Kraeh auf das Achterdeck. Er zauberte unter seiner Fellweste eine Flasche Met hervor, die er in der Taverne eingesteckt hatte. 
    Die vier Seeleute, die hinter Fässern versteckt Wache hielten, um Bretels Gastfreundschaft nicht durch Misstrauen zu beleidigen, enthob er ihrer Pflicht und wies ihnen den Weg zu dem Freudenhaus, wo auch die anderen einkehren wollten. Sie bedankten sich und machten sich nach der Versicherung des Kriegers, dass es auch wirklich in Ordnung sei, schleunigst davon. 
    In der Stadt waren einzelne Feuer auszumachen, deren Rauch sich in Säulen in den wolkenlosen Himmel verflüchtigte. Am Firmament leuchteten Tausende von Sternen, so hell, wie es nur in besonders klaren Nächten der Fall ist. Der Mond war von ovaler Form, schien aber in seiner Größe sehr nah an dem Schiff zu sein, an dessen Mast die beiden es sich gemütlich gemacht hatten. Kraeh nahm einen tiefen Schluck aus der tönernen Flasche und reichte sie dann der dunkelhaarigen Frau an seiner Seite. Der Honigwein war derb, fast säuerlich, was den Krieger erfreute, dem die süßeren Sorten zu sehr nach Kopfschmerz schmeckten. Auch sie trank und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Die Geste hatte etwas Aufreizendes. Für einen kurzen Moment war Kraeh verwirrt. War ihm die Schönheit der Frau die ganze Zeit über nicht aufgefallen oder lag es am Rausch? Er entschied sich für Letzteres. Sofort erinnerte er sich daran, wie sie ihn noch vor nicht allzu langer Zeit hatte ausschalten wollen. Hier war eindeutig Vorsicht geboten. 
    »Du bist jung für die Verantwortung, die du zu tragen hast«, sagte sie nachdenklich. 
    »Es ist nicht die Anhäufung von Jahren, die einen Mann zum Krieger macht«, gab er patzig zurück. 
    Ihr Schweigen wühlte ihn auf. 
    »Ich habe ein Geschenk für dich«, hub er an, »wie es aussieht, verstehst du etwas vom Umgang mit Schwertern. Da ich zwei neue habe, brauche ich mein altes nicht mehr. Nimm es oder tausche es gegen eine Klinge, die dir eher zusagt. Bretel könnte dir dabei bestimmt aushelfen. Es ist ein gutes Schwert, lang und leicht. Vielleicht etwas groß für dich.« 
    Lou sah ihn mit einer Mischung aus Abfälligkeit und Verführungskunst an. 
    »Keine Furcht mehr vor Mordanschlägen?«, lächelte sie. 
    Er riss ihr die Flasche aus der Hand. Zwischen zwei Schlucken brauste er auf: »Ich hatte noch nie Angst vor dir, du aufgeblasene Orkdirne!« Seine Rohheit tat ihm noch beim Aussprechen leid, doch ihr Lachen hinderte ihn an einer Abschwächung oder gar einer Entschuldigung. 
    »Denkst du, Gorka hätte es gewagt, mich anzurühren? Und wenn wir gerade dabei sind, du bist gut, aber bei Weitem nicht der Beste mit dem Schwert, wie du zu denken scheinst.« 
    Allmählich ging dem Krieger ein Licht auf. 
    »Unser Treffen war nicht zufällig«, mutmaßte er. 
    »Es gibt keine Zufälle.« 
    Mächte, die er nicht kannte, zogen im Hintergrund die Fäden und bestimmten sein Leben. Vermutlich war auch sie nicht mehr als eine Marionette, doch stand fest, dass sie mehr wusste als er. Die Milchstraße, mit der ihn zuvor ein Gefühl der Harmonie verbunden hatte, ließ ihn auf einmal klein und unwichtig in einem großen Spiel vorkommen, dessen Regeln er nicht kannte. Er besann sich auf das Hier und Jetzt. 
    »An wen denkst du da zum Beispiel? Wer, meinst du, kann es mit mir aufnehmen?« 
    »Ich zum Beispiel«, gurrte sie süß. 
    »Ist das so?« Sein Blick fiel auf die beiden Übungswaffen, die Rhoderik für Heikhe gemacht hatte. »Beweise es!«, sagte er und stand auf. Er war jedoch langsamer als sie, denn im Aufstehen bemerkte er, wie betrunken er war. Die Sterne waren zugleich unter und über ihm. Er schüttelte den Kopf. Mit einiger Anstrengung gelang es ihm, die Welt halbwegs gerade zu rücken. 
    Sie warf ihm eine der Weidenruten zu. Scheppernd fiel sie ein Stück neben ihm aufs Deck. Ärgerlich bückte er sich, hob sie auf und funkelte die Frau an, unter deren verwaschener Bluse sich die Brustwarzen abzeichneten. Großartige Voraussetzungen, dachte er, während sie ihn nach dem Einsatz fragte, sogleich jedoch selbst einen Vorschlag machte. 
    »Wenn ich gewinne, kommt das Mädchen mit mir.« Ein kratziges Lachen entfuhr seiner Kehle. Sie musste ihn für völlig bescheuert halten. 
    »Abgemacht. Gewinne ich, machst du mich zum König über die Druden.« 
    »Du

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