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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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dumpfe Geräusche ertönten, als die Geschosse den Rumpf des Drachenschiffes zerfetzten und das Achterdeck voll Wasser lief. 
    Einige schafften es schwimmend zu ihrem geenterten Schwesternschiff, wo sie in Anbetracht dieses weit mächtigeren Feindes gar nicht beachtet wurden und etwas abseits stehend stumm von der an Bord herrschenden Paralyse ergriffen wurden. 
    Aus der Richtung der Kriegsgaleere erklang eine kehlige Stimme. Sie forderte dazu auf, die Waffen niederzulegen oder zu sterben. 
    »Pah!«, machte Kraeh nur. Und Sedain empörte sich: »Für wen hält sich dieser Furz? Wenn ich erst da oben bei ihm bin, dann stecke ich ihm …« Weiter kam er nicht, da Lou ihn an Heikhe erinnernd zurechtwies. 
    Rhoderik war klar, dass die beiden natürlich nicht ernsthaft vorgehabt hatten zu kämpfen. Es war schlichtweg nicht sinnvoll, einem Feind mit dem Herz in der Hose gegenüberzutreten. Und ein wenig, so schien es ihm zumindest, färbte der gespielte Optimismus auf die Umstehenden ab. Das Funkeln in Sedains Augen, wie er als Erster ein heruntergelassenes Seil zu fassen bekam, ließ Rhoderik dann aber doch zweifeln, ob der Halbelf sich wirklich zurückhalten würde. Erleichtert atmete er auf, da von oben kein Kampfeslärm zu hören war. 
    Einer nach dem anderen kletterten sie empor und betraten die Galeere. Und damit die Sklaverei. 
     
    *** 
     
    Die Verschleppten bekamen kaum etwas von dem kolossalen Schiff zu Gesicht. Ihr einziger Trost bestand darin, auf demselben Deck, an die jeweils sechs Mann starken Ruderbänke gefesselt, gemeinsam untergebracht worden zu sein. Seit dem Betreten der Galeere und ihrer Kapitulation machte Thorwik Kraeh pausenlos Vorhaltungen. Der ehemalige Kapitän war in dem Kampf gegen die Seeräuber am Oberschenkel verletzt worden und bald schob man sein aggressives Gerede, das auch die Peitsche des Aufsehers immer nur kurz abzustellen vermochte, auf den Wundbrand, der sich durch die fehlende Behandlung stetig verschlimmerte. Leise sprach Kraeh auf Heikhe ein, die zwischen ihm und Lou saß. Er schenkte ihr Worte der Beruhigung und des Lobes für ihre kühne Idee. »Der Plan wäre perfekt aufgegangen, wer hätte schon damit rechnen können …« Die Neunschwänzige knallte. Einmal am Tag wurden sie von Bewaffneten eskortiert nach unten geführt, wo sie ihre Notdurft in einer Kammer verrichteten, die danach geflutet wurde. 
    Bei einer solchen Gelegenheit flüsterte Rhoderik, er habe von seinem Banknachbarn erfahren, sie seien auf dem Weg nach Thister, eine Stadt bekannt allein für ihren Sklavenmarkt. Trotz ihrer misslichen Lage war es eine gute Nachricht, immerhin brachte sie das ihrem Ziel Skaarbrok näher, das etliche Tagesreisen nördlich davon, aber doch zumindest im gleichen Land lag. 
    Nach der widerwilligen Abgabe der Waffen hatte Sedain versucht herauszubekommen, wo sie aufbewahrt wurden, was sich natürlich als ausweglos erwiesen hatte. Er war der Einzige, der nicht murrte, sein Schicksal beklagte oder sonst wie Sorgen zeigte. Einige bewunderten seine stoische Ruhe, andere nahmen daran Anstoß, aber Kraeh allein wusste, was ihn so gelassen machte: die unzweifelhafte Sicherheit auf Rache, die er aus einer tief in seinem Inneren vergrabenen, brodelnden Wut schöpfte. Für jeden Hieb auf den Rücken einer derer, die Sedain als seine Freunde ansah, wozu mittlerweile auch Rhoderik und Thorwik zu zählen waren, verspürte er beinahe Mitleid mit dem Peiniger, wenn er an die Vergeltung dachte, die der Halbelf, das erkannte er an seinem kalten, gleichmütigen Blick, sich schon ausmalte. 
    Das den Gefangenen in Eimern hingeworfene Essen war zwar abstoßend anzuschauen und stank nach Rattendreck – was womöglich gar eine der Zutaten war –, aber immerhin war es nahrhaft. Jeden zweiten Tag gab es sogar einen Becher Ziegenmilch, die die Ruderer bei Kräften halten sollte. Woher die Milch stammte, war nicht schwer zu erraten, das Blöken der Ziegen und Grunzen der Schweine wurde nur durch gelegentliche Aufregung übertönt. Wo diese Aufregung herrührte, blieb ihnen schleierhaft, sie wurde aber stets davon begleitet, dass die Aufseher, zwei hochgewachsene Männer mit scharfkantigen Gesichtszügen und in den Backen auslaufenden Koteletten, sie brutal zu Höchstleistungen antrieben. 
    Fiel einer bei einer solchen Gelegenheit aus dem Takt oder brach über der Stange zusammen, wurde er losgebunden und weggebracht. Jene wurden nie wiedergesehen; vermutlich warf man sie einfach über Bord. Am

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