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Rabenherz & Elsternseele

Rabenherz & Elsternseele

Titel: Rabenherz & Elsternseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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von meiner Oma.«
    »Wow. Nette Oma.«
    Auf einmal konnte ich mir vorstellen, ihm alles zu erzählen. Glücklicherweise hatte aber mein Verstand noch nicht völlig ausgesetzt. »Ja, Oma ist klasse. Und sie kennt sich wahnsinnig gut mit Vögeln aus. Tausendmal besser als ich. Aber für dich scheint das ja auch so ein Hobby zu sein. Sind eigentlich alle Vögel, die Herrn von Meutinger gehören, da draußen auf dem Hof? Oder hat er noch woanders welche? Ich habe mal gelesen, dass er Vögel sammelt.«
    Strix’ Miene wurde ernst. »Wie viele Vögel er tatsächlich hat, wüsste ich auch gern. Leider lässt er niemanden in seinen Turm. Ich glaube, er hat mindestens ein Stockwerk voller Käfige. Vielleicht sogar zwei.«
    »Weißt du gar nicht, was für Arten er da noch so hat? Spricht er nicht darüber?«
    »Warum willst du das eigentlich so genau wissen? Geh doch mal mit deiner Oma in den Zoo, wenn du exotische Vögel sehen willst. Da kannst du wenigstens sicher sein, dass die Tiere legal dort sind.«
    Hoppla, nun sah er so aus, als würde er am liebsten zurücknehmen, was er da gesagt hatte. »Glaubst du etwa, von Meutinger hat gestohlene Vögel bei sich im Turm?«
    Strix blickte mich misstrauisch an. »Warum bist du wirklich hier?«
    Ich strich mir die Haare hinter das Ohr und setzte meine Unschuldsmiene auf. »Habe ich doch gesagt. Ich interessiere mich dafür, was auf einer Greifvogelwarte abläuft. Und ich wüsste gern, welche Vögel Herr von Meutinger besitzt.«
    »Na gut. Dann verrate ich dir mal so viel: Ich glaube, dass er mindestens einen Vogel hat, den er nicht besitzen sollte. Und ich würde gern herausfinden, ob ich damit recht habe. Was dich betrifft, solltest du dich allerdings lieber von Herrn von Meutinger fernhalten. Der hat keinen Humor, und er kann ziemlich unangenehm werden.«
    »Das glaube ich. Aber ich wüsste trotzdem gern mehr über den Vogel, den er nicht besitzen sollte. Vielleicht ist das zufällig einer, für den ich mich besonders interessiere. Willst du etwas unternehmen, um mehr herauszufinden?«
    »Sobald sich eine Gelegenheit bietet. Allerdings warte ich jetzt schon eine ganze Weile darauf und hatte noch keine Idee. Der Turm hat nur eine einzige Tür, und durch die Fenster kann man nicht hineinsehen. Man müsste oben zu den offenen Luken fliegen und von dort aus innen hinunter in die oberen Stockwerke.«
    Man hätte das mit dem Fliegen für einen blöden Witz halten können, aber er sagte es in so selbstverständlichem Tonfall, als wäre es keiner. Ich beobachtete sein Gesicht scharf. »Und kannst du fliegen?«, fragte ich.
    »Nein. Was ist mit dir?«
    »Nein, tut mir leid. Allerdings …« Wieder biss ich mir auf die Zunge.
    Strix beugte sich ein wenig vor. »Allerdings was?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Gar nichts. Mir fällt auch nichts ein.«
    Die Türglocke rettete mich davor, mich weiter zu verplappern. Sie klingelte, und ein glatzköpfiger Mann kam herein. »Jonas, du kannst Schluss machen. Die Abrechnung erledige ich heute.«
    Strix grinste. »Okay. Passt mir super. Wollen wir zusammen ins Tal runterfahren, Pia Rabea?«
    »Ist das vor der Tür dein Rad?«, fragte ich.
    »Yep«, sagte er.
    »Dann ja.«
    Schon als Strix auf sein Rad stieg, wusste ich, dass er nicht auf der Straße den Berg hinunterfahren würde. Und ich wollte eher meine Bremsbeläge essen als mich abhängen lassen. Als er sich kurz zu mir umschaute und dann auf einen Waldpfad abbog, war ich daher vorbereitet und folgte ihm. Wir fuhren so schnell, dass ich zweimal beinah einen Baum erwischte und mir ein paar fiese Buckel und Wurzeln um ein Haar zum Verhängnis wurden. Ganz abgesehen von den Zweigen, die im Vorbeirasen aussahen wie grüne Schlieren und es auf mein Gesicht abgesehen hatten. Einer streifte meine Wange und verpasste mir eine Schramme, aber der Spaß war es wert. Außerdem war es mir eine Genugtuung, dass Strix kaum besser fuhr als ich, obwohl er älter war.
    Ein gutes Stück weiter unten, am Fuß des Berges, stießen wir wieder auf die Straße. Ohne dass wir uns absprechen mussten, traten wir noch mal richtig in die Pedale und rasten weiter, bis zu der Abzweigung nach Queckenberg, dem Nachbarort von Rosenrode. Da bremste Strix und sah mich an. Er grinste bis zu den Ohren, sein Gesicht leuchtete förmlich. Meins wahrscheinlich auch, so wie es sich anfühlte. Ich hätte laut jubeln können. Das war eindeutig eine von den Abfahrten gewesen, von denen Mama nichts wissen durfte. Und eindeutig meine bisher

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