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Rabenherz & Elsternseele

Rabenherz & Elsternseele

Titel: Rabenherz & Elsternseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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gehabt. Das sah sowas von monstermäßig aus. Der einzige Vorteil war, dass er die Klappe halten musste, bis es vorbei war. Kam nur Krächzen raus. Das war aber schon ein Fortschritt zu dem, was er sonst so von sich gibt, wenn er gerade zurückgekehrt ist. Ich möchte ihm öfter mal eins auf die Nase geben, so bescheuert ist er dann.«
    Ich musste lachen. »Das kann ich mir gut vorstellen. Du meinst, das gehört dazu?«
    »Könnte sein. Muss ja auch alles ganz schön anstrengend sein. Also sei nicht zu hart zu ihr. Wie heißt sie denn?«
    »Jorinde Isabeau Merveux. Oder Jori.«
    Er prustete. »Vielleicht liegt es auch an ihrem Namen, wenn sie gelegentlich ätzend ist. Manche Eltern sind echt gnadenlos.«
    »Ach, eigentlich klingt es doch schön.«
    »Zuuu schön. Aber ich muss jetzt los, hab nachher noch ein Hockeyspiel. Kann ich dich anrufen oder so?«
    Ich nickte, und wir tauschten unsere Handynummern aus.
    Auf dem Heimweg erinnerte ich mich an sein »Zuuu schön« und dachte, wie recht er hatte. Nur, wenn ich ehrlich war, dann passte der Name genau zu Jori. Und dafür konnte sie nichts. Nach dem zu urteilen, was Strix über Bubo gesagt hatte, konnte sie vielleicht nicht einmal etwas für ihre biestige Laune. Während ich die Treppe zu meinem Zimmer hinaufstieg, fasste ich den festen Vorsatz, der Vogelzicke gegenüber die Ruhe selbst zu sein.
    Sie lag auf meinem Hochbett, das Gesicht dem Fenster und der Kastanie zugewandt, und schlief. Ich überlegte noch, ob ich sie wecken sollte, da kamen meine Eltern nach Hause. »Pia, bist du da? Was sollen wir dir zu essen bestellen?«
    Jori öffnete die Augen und setzte sich ruckartig auf. »Mist, die Kitschkammer. Ich hatte gehofft, es war nur ein Traum. Was ist los, was glotzt du denn so? Hast du irgendwas Nützliches erreicht?«
    Ich atmete tief durch und hielt mich an meinen Vorsatz. »Erzähl ich dir später. Möchtest du mit uns essen? Mama bestellt was beim Lieferservice. Meine Eltern laden dich bestimmt ein.«
    Es gab keine Schwierigkeiten damit, Jori über Nacht bei mir einzuquartieren. Mama und Papa waren erleichtert, weil ich auf diese Weise am nächsten Tag nicht allein sein würde. Mama hatte in ihrem Stadtmarketingbüro viel zu tun, und Papa würde morgen früh bis zum Ende der Woche auf eine Geschäftsreise verschwinden.
    Nach dem Essen setzte ich mich mit Jori im Garten unter die Kastanie und berichtete, was ich auf der Burg herausgefunden hatte.
    »Na toll. Hätte ich das bloß ein paar Tage früher gewusst«, sagte sie. »Dann wäre ich durchs Turmfenster hineingeflogen und hätte nachgesehen, was der Kerl versteckt.«
    »Denkst du als Vogel eigentlich genau wie ein Mensch?«, wollte ich plötzlich wissen.
    Die Frage schien ihr peinlich zu sein. Sie reckte trotzig das Kinn. »Das geht dich nichts an. Du würdest es sowieso nicht verstehen.«
    Ganz ruhig, Pia, befahl ich mir. »Nun sag schon. Es interessiert mich. Und wenn du es mir erklärst, könnte es uns dabei helfen, einen Plan zu schmieden.«
    »Was für ein Plan soll das denn sein? Ich kann erst in einem Monat wieder fliegen, das nützt also gar nichts, denn so lange werde ich nicht warten. Wie ich als Habicht denke, hat deshalb nichts damit zu tun. Wir müssen uns etwas anderes einfallen lassen.« Einen Moment lang beobachteten wir schweigend eine schwarze Amsel, die vor uns auf dem Rasen herumhüpfte und Würmer suchte.
    »Bist du eigentlich ganz sicher, dass du dich erst in einem Monat wieder verwandeln kannst? Hast du schon mal versucht, es absichtlich zu tun?«, fragte ich.
    »Spinnst du? Ein Mal im Monat ist schlimm genug. Außerdem wüsste ich gar nicht, wie ich das machen soll.«
    »Wenn du dich darauf konzentrieren würdest und … Vielleicht würde es helfen, wenn du Habichtfedern in die Hände nimmst oder so. Denk doch mal an all die Märchen. Da gibt es immer so ein Federkleid, das die Jungfrau braucht, um sich zu verwandeln. Fällt dir dazu nichts ein?«
    »Du hast wirklich keine Ahnung! Ich mache auf keinen Fall irgendwelche Experimente. Wer weiß, was dabei alles schiefgehen kann. Es ist schon schwer genug auszuhalten, wenn es von selbst passiert. Wie du siehst, geht es sogar dann nicht immer glatt. Und was das Denken betrifft … Je länger ich Habicht bin, desto weniger handle ich wie ein Mensch. Erst ein paar Stunden bevor ich mich zurückverwandle, kann ich wieder nachdenken. In den Turm fliegen könnte ich nur dann.«
    Die Amsel vor uns zerrte inzwischen an einem Regenwurm. Zum

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