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Rabenherz & Elsternseele

Rabenherz & Elsternseele

Titel: Rabenherz & Elsternseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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nächsten Vormittag mit mir zur Burg fahren. Während sie Herrn von Meutinger darum bäte, seine Vögel sehen zu dürfen, würde ich im Wald warten. Strix konnte vom Laden aus einigermaßen im Auge behalten, wie sich die Begegnung zwischen den beiden entwickelte, und zur Sicherheit wollte ich das Gespräch aus der Ferne mit anhören. Jori lieh sich Strix’ Handy, sollte mich anrufen, bevor sie von Meutinger ansprach, und das Telefon so in der Tasche verstecken, dass die Verbindung bestehen blieb.
    Wir waren uns wirklich schlau vorgekommen, als wir uns das ausdachten, aber als ich am nächsten Tag mit meinem Rad im Wald darauf wartete, dass das Telefon klingelte, schlug mir das Herz bis zum Hals. Ich fragte mich, ob ich selbst den Mut gehabt hätte, zu von Meutinger zu gehen. Jori hatte nicht eine Sekunde lang gezögert, obwohl sie sogar immer noch ein bisschen humpelte.
    Das Handy spielte die ersten Töne der Star-Wars-Titelmelodie, da drückte ich auch schon den grünen Hörer. Am anderen Ende der Leitung hörte ich ein Rascheln, als steckte das Telefon schon in der Tasche der Kapuzenjacke, die ich Jori geliehen hatte. Dann Schritte, ein Vogelschrei und ein Geräusch wie von einem Staubsauger.
    »Hallo! Sind Sie Herr von Meutinger?«, sagte Jori mit zuckersüßer Stimme.
    Die einzige Antwort war, dass das Staubsaugergeräusch verstummte.
    »Ich wollte Sie gern mal etwas fragen«, fuhr Jori fort. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie sie dabei einen hinreißenden Augenaufschlag machte. »Wir sollen über die Ferien einen Bericht über ein Projekt schreiben, das mit Naturschutz zu tun hat. Ich habe gehört, dass Sie seltene Vögel sammeln. Das interessiert mich total. Hätten Sie vielleicht Zeit, mir Ihre Vögel zu zeigen und mir etwas über sie zu erzählen?«
    Alle Achtung. Nun war ich sicher, dass ich es an ihrer Stelle nicht so gut hinbekommen hätte.
    Leider kam von Meutingers Antwort nicht deutlich bei mir an. »… keine Zeit. … grundsätzlich nicht.«
    Jori seufzte leidend. »Ach, das ist aber schade. So ein gutes Thema finde ich so leicht bestimmt nicht noch einmal. Sind Ihre Vögel denn besonders empfindlich, dass Sie niemand zu Ihnen lassen? Haben Sie sie da oben im Turm?«
    Ich hörte, wie sie sich bewegte. Wahrscheinlich ging sie näher zum Turm. Dann brach die Verbindung ab. Mit einem wütenden »Schneckendreck« steckte ich das Handy ein. Sicher war versehentlich eine Taste gedrückt worden. Sollte ich nun warten oder mich doch lieber näher ans Geschehen heranschleichen? Da von Meutinger Joris Bitte schon abgelehnt hatte, war es eigentlich nicht so schlimm, wenn er mich entdeckte. Aber ich musste es ja nicht darauf anlegen. Also ließ ich mein Rad im Versteck und näherte mich dem Burgtor zu Fuß. Gerade ging eine Gruppe von Wanderern mit Kindern hinein; zwei kleine Jungen lieferten sich dabei mit langen Stöcken einen Ritterkampf.
    Für mich war es günstig, weil diese Leute sämtliche Aufmerksamkeit auf sich zogen, nur mit Strix war jetzt für eine Weile nicht zu rechnen. Der musste ihnen jetzt sicher erst mal Eintrittskarten verkaufen.
    Als ich durch den Torbogen marschierte, schrillte ein falsch klingender, aber mordslauter Habichtschrei über das Burggelände, gleich darauf ein weiterer. Prompt ertönte eine Antwort darauf: Erst schrie ein Habicht, dann ließen sich ein paar andere Vögel anstecken, die ich nicht erkannte. Bevor ich mir einen Reim darauf machen konnte, kam Jori mir auf Omas Fahrrad entgegengestrampelt. Hinter ihr lief von Meutinger, stoppte jedoch, als er auf die Besuchergruppe mit den Kindern stieß. »Weg hier!«, rief Jori mir zu. Doch da hatte sie leicht reden. Mit ihr konnte ich nicht querfeldein rasen wie mit Strix. Sie hatte keine besonders gute Beziehung zu Omas Rad, um es freundlich auszudrücken. Und auf der Straße hätte der Kotanwi-Falkner uns mit dem Auto im Nu eingeholt.
    »Runter von der Straße. Wir schmeißen das Rad in die Büsche und verstecken uns auf der anderen Seite der Burg«, sagte ich, während ich neben ihr herrannte.
    Wir sprangen gleich hinter der ersten Kurve vom Weg, zerrten das Rad ins Gestrüpp und liefen gebückt zurück zu dem alten Gemäuer, unterhalb der mächtigen Burgmauern entlang. Der Abhang, über dem die Burg thronte, war an einigen Stellen so steil und felsig, dass ich Jori helfen musste, denn ganz in Ordnung war ihr Fuß noch nicht.
    Bald hatten wir eine Stelle zwischen Steinen und Büschen gefunden, wo wir von der Burg aus nicht

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