Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rabenherz & Elsternseele

Rabenherz & Elsternseele

Titel: Rabenherz & Elsternseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
Vom Netzwerk:
Fliegen immer noch.
    »Hey, flieg nicht weg«, sagte Strix, doch darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen. Ich flog nach oben ins Dachgeschoss des Turms. Die Tauben waren verschwunden, aber die schönen Sachen, die ich gesammelt hatte, warteten noch auf mich. Es war wohl besser, wenn ich sie Strix brachte. Er sollte sie aufbewahren, bis ich sie in mein Nest legen konnte.
    Es war zu viel, um alles auf einmal zu tragen, deshalb nahm ich zuerst die Hauben und brachte sie zum Fenster. Unten, ganz klein, stand Strix und sah zu mir empor. Das ersparte mir den Weg. Ich ließ einfach alles fallen, holte die Geschüh, dann die glänzenden Schlüssel. Er hob brav alles auf und steckte es in seine Taschen. Nur die Schlüssel sah er sich genauer an.
    Ich zögerte nicht länger, sondern schlüpfte drinnen auf dem schon gewohnten Weg durch den Spalt ins untere Stockwerk. Jori hockte zusammengekauert an einer Wand und hatte das Gesicht in ihren Händen vergraben. Bubo sah durch die offene Luke nach unten, bereit, die Klapptür jederzeit zu schließen. Ich landete diesmal schweigend neben Bubo. Schließlich musste von Meutinger nicht gleich wissen, dass ich da war.
    »Ach, da bist du ja wieder. Na, viel erreicht hast du offenbar nicht. Oder?«
    Frechheit. Ich setzte meine kostbaren Federn für ihn aufs Spiel und durfte mir dafür so ein Genörgel anhören. Das war keine Antwort wert. Mit einem abfälligen Gefiederschütteln stürzte ich mich durch die Luke nach unten. Von Meutinger hatte es noch nicht geschafft, das massive, dicke Holz der Klapptür zu zertrümmern. Offenbar war sie im Gegensatz zu seiner Badezimmertür noch solide Handwerkerarbeit aus dem Mittelalter oder so. Aber jeder Schlag der Axt hieb einen weiteren Span der mittleren Bretter ab und auch hier würde der Spalt bald groß genug sein, um durch ihn hindurch den Riegel der Klappe erreichen zu können.
    Da konnte ich nicht viel tun. Also konzentrierte ich mich auf das, was ich ursprünglich vorgehabt hatte, und wandte mich dem Kondor zu. Ich wollte nicht den Fehler wiederholen, den ich bei Bubo gemacht hatte, löste daher zuerst nur die Fußfessel von der Leine und lockerte die Geschühknoten. Als Nächstes machte ich mich daran, seine Haube zu lösen, was knifflig war. Ich konnte mich schlecht an seinen nackten Geierhals klammern, um den Knoten zu öffnen. Also musste ich mit einem Klauenfuß mehr oder weniger auf seinem Kopf balancieren und dabei flattern, bis es mir gelang. Und sobald ich ihm die Haube vom Kopf gezerrt hatte, musste ich zusehen, dass ich fortkam, denn er sah mich auf eine Art an, die mir eine Gänsehaut verpasst hätte, wenn ich nicht schon eine Elsternhaut gehabt hätte. Ich war sicher, dass der Riesenhakenschnabel mich für Futter hielt. Damit, sein Geschüh ganz loszuwerden, würde er allein zurechtkommen müssen.
    Gerade als ich wieder zu der Klappe nach unten blickte, fand von Meutingers Hand den Riegel und zog ihn zurück.
    »Elster!«, rief Bubo von oben. Aber so hatte ich mir das nicht vorgestellt. Was jetzt hoffentlich gleich hier geschah, wollte ich mir nicht entgehen lassen. Bubo offensichtlich auch nicht, denn er schloss die Klappe noch nicht.
    Auch der Kondor hatte von Meutingers Hand entdeckt. Vielleicht hielt er sie ebenfalls für Futter, jedenfalls sprang er von seinem Sitzblock, lief in seinem merkwürdig taumelnden, aber sehr schnellen Geierschritt zur Klapptür und schlug seine Fänge in die Hand des Falkners, gerade als dieser sie zurückziehen wollte. Sein Schmerzensschrei gefiel mir gut, ich hüpfte von einem Fuß auf den anderen und keckerte. Wenn der Geier sich nun nicht blöd anstellte, sondern einfach festhielt, waren wir alle vorerst sicher. Leider sah der Riesenvogel mich schon wieder an, als würde er gern seine Fänge an mir ausprobieren.
    Da passte es gut, dass ich sowieso eine bessere Idee hatte als dazubleiben. Wie der Blitz war ich an Bubos staunendem Gesicht vorbei oben bei meinem Schlupfloch, hindurch und aus dem Fenster. Sturzflug zu Strix, der mit dem Handy und meinem hübschen Schlüsselbund in der Hand unten stand und mir angespannt entgegenblickte. Die Landung auf seiner Schulter war hart, aber er zuckte nicht. Aus dem Turm dagegen erklangen von Meutingers Wut- und Schmerzensschreie.
    Strix wandte mir sein Gesicht zu und streichelte mir mit einem Finger über meinen weißen Bauch, was sich nett anfühlte. »Was ist los? Wie sieht es drin aus? Was kann ich tun?«
    Ich hob wieder ab, pflückte ihm mit dem

Weitere Kostenlose Bücher