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Rabenherz & Elsternseele

Rabenherz & Elsternseele

Titel: Rabenherz & Elsternseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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nichts erklären mussten. Zu meinem Schreck war es jedoch Papa, der uns die Vordertür öffnete.
    »Was ist denn mit euch los? Ihr seht ja kräftig durchgeschüttelt aus«, begrüßte er uns.
    »Was machst du denn hier? Ich dachte, du kommst erst morgen wieder«, entgegnete ich.
    »Na, du scheinst dich ja richtig zu freuen, mich zu sehen. Die Konferenz war früher zu Ende, und da dachte ich, ich nehme morgen frei, damit wir einen netten Ferientag zusammen verbringen können. Wollt ihr hereinkommen, obwohl ich hier bin, oder lieber wieder gehen?«
    Auf einmal war ich froh, dass er da war. Wir konnten wirklich etwas Hilfe gebrauchen, und in gewissen Situationen hatte er bessere Nerven als Mama.
    »Jori ist verletzt. Sie ist auf ein Teil von einem Eisenzaun gefallen und hat ein Loch im Arm. Kannst du mal gucken, ob sie damit zum Arzt muss?«, sprudelte ich los, bevor jemand eine andere Geschichte erzählen konnte.
    Wenig später war Papa mit Jori bei unserem Hausarzt, und ich saß mit den beiden Jungs in meinem Zimmer. Leander und die fremde Elster hatten es sich in der Kastanie gemütlich gemacht.
    »Wir sind zu naiv an die Sache herangegangen. Die verfluchte Scheuche ist viel mächtiger als wir dachten«, sagte Strix.
    Bubo schüttelte den Kopf. Seine Augen waren noch immer uhuhaft groß. »Ich weiß nicht, was da los war. Eigentlich hatte ich begriffen, dass ich Jori herausbringen soll. Aber als mich das fiese Ding geschlagen hat, bin ich so wütend geworden, dass ich es einfach angreifen musste. Und irgendwie konnte ich nicht damit aufhören.«
    »Ich glaube, das hat sie gewollt. Sonst hätte sie sich gewehrt«, warf ich ein.
    »Wir brauchen einen besseren Plan. Wir müssen vorausdenken und unsere Vorteile ausnutzen«, meinte Strix mit grimmiger Miene. Anklagend zeigte er auf mich. »Und ich gehe in Zukunft vor. Ist das klar?«
    Bubo schnaubte belustigt. »Tja, offensichtlich schaffst du es nicht einmal über den Zaun.«
    Strix warf eins von meinen herumliegenden Sweatshirts nach ihm. »Das war doch nicht normal. Dieser bescheuerte Zaun wäre eigentlich kein Problem für mich.«
    »Kann sein. Aber wenn er heute ein Problem war, dann wird er das beim nächsten Mal wohl auch sein«, erwiderte Bubo.
    Ich seufzte. Mein Überschuss an Mut war verflogen. Meinetwegen musste es kein nächstes Mal geben. Aber Aufgeben kam nicht infrage. »Also gut. Teil eins des neuen Plans: Wir versuchen es nicht wieder von der Wiese aus.«
    Strix begann sich auf meinem Schreibtischstuhl um die eigene Achse zu drehen. »Genau. Dieses Mal kommen wir von vorn. Und der durchgeknallte Vogelmörder wird sein gefiedertes Wunder erleben. Kotanwi-Vogelscheuche hin oder her, der Kerl tickt garantiert auch ohne Zauberei nicht richtig.«
    »Du meinst, wir marschieren bei ihm durchs Haus, geben ihm eins auf die Mütze und nehmen uns danach das andere böse Monster vor?«, fragte Bubo.
    »So ungefähr«, sagte Strix.
    Unser neuer Plan war beinah fertig, als Papa mit Jori zurückkehrte. Jori kam direkt zu uns. »Alles halb so schlimm. Nur ein kleiner Verband«, sagte sie.
    »Und meinst du, dass du trotzdem fliegen kannst?«, fragte Bubo.
    Ich versetzte ihm einen kleinen Stoß, aber es war zu spät. Papa tauchte hinter Jori im Türrahmen auf und lachte. »Na, ausgerechnet jetzt sollte sie vielleicht nicht mit dem Fliegen anfangen«, meinte er.

Rabenherz
    A
m nächsten Nachmittag standen Strix und ich in ordentlichem Verwandtengeburtstagsoutfit bei dem irren Vogelhasser vor der Tür. »D. Piepko«, las ich auf dem Klingelschild. Wir trugen beide eine große Schultertasche, und ich hielt ein hoffentlich offiziell wirkendes Klemmbrett mit bedruckten Zetteln in der Hand.
    Nach Strix’ erstem Klingeln tat sich nichts, außer dass meine Handflächen vor Aufregung feucht wurden.
    »Und wenn er nicht aufmacht?«, flüsterte ich.
    »Lass ihm Zeit. Er ist auf jeden Fall zu Hause. Vielleicht hält er gerade im Garten Wache«, flüsterte Strix zurück und drückte zum zweiten Mal die nervtötend schnarrende Klingel.
    Rechts von der Haustür war ein kleines Fenster mit drei eisernen Gitterstäben davor. Dahinter vermuteten wir eine Gästetoilette. Den Blick durch das größere Fenster links von der Tür versperrte eine Gardine mit dichten Falten. Die drei rot blühenden Topfpflanzen auf der Fensterbank sahen aus, als wären sie aus Plastik.
    Ich hatte mich schon damit abgefunden, dass Herr Piepko uns nicht aufmachen würde, da hörten wir drinnen Schritte. Ein

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