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Rabenherz & Elsternseele

Rabenherz & Elsternseele

Titel: Rabenherz & Elsternseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Sophie Marcus
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mittendrin.
    Begeistert von der Kabelbindertechnik holte ich noch einen vierten sowie ein Stück dünnes Seil heraus. Rasch befestigte ich die Fußfessel von unten am Sofagestell.
    »Prima. Und nun auf in den Kampf«, sagte Strix. Er nahm Jori und Bubo auf je einen Arm, und wir gingen zur Terrassentür. Piepko blieb überraschend still zurück.
    Ehe wir die Tür zum Garten öffneten, verwandelten Jori und Bubo sich und schlüpften in Jogginghosen und Hemden, an denen sie nur zwei Knöpfe schlossen.
    In der Aufregung klappte es mit dem Verwandeln wieder mal nicht perfekt, aber schlimm war das nicht. Jori behielt Federn auf dem Rücken, Bubo die rund um das Gesicht, einschließlich der zipfligen Federohren, die aus seinen Haaren ragten. Bei dem lustigen Anblick fing es prompt hinter meinem Ohr an zu jucken, und die Schmuckfedern sprossen.
    »Ihr wisst Bescheid: Keine Alleingänge. Vogelgestalt erst, wenn es sein muss. Ausrüstung bei mir«, sagte Strix.
    Er öffnete die Tür, und dann marschierten wir geschlossen gegen unseren Feind, der uns mit seiner fiesen Rübenfratze angrinste.
    Auf den Stufen, die von der Terrasse hinunter in den Garten führten, war noch alles in Ordnung. Sobald wir jedoch auf dem makellosen, kurz gemähten Rasen standen, brach das Unheil los.
    Der schwarze Mantel der Vogelscheuche flatterte auf einmal wie im Sturm, obwohl kein Wind wehte. Wir sahen den Käfig mit dem kleinen Gimpel darin. Einige Meter über dem Rübenkopf zog sich eine dunkle Wolke zusammen, und wie aus weiter Ferne drangen Vogelstimmen zu uns, als würden sie dem Gimpel antworten, der zaghaft tschilpte. Die Luft wurde eisig, trotzdem brach mir der Schweiß aus, und den anderen ging es nicht besser.
    Wäre Strix nicht entschlossen vorausgegangen, hätte sich wahrscheinlich keiner von uns vom Fleck gerührt.
    Vögel, die vorher ihres Weges geflogen waren, begannen in großer Höhe über dem Garten zu kreisen. Möwen, Krähen und verschiedene Singvögel konnte ich erkennen. Es wurden stetig mehr.
    Mit jedem Schritt auf die Scheuche zu, verstärkte sich das bedrückende Gefühl von Bösartigkeit. Das Monster bewegte sich nicht, nur der Gimpel reckte einmal matt seinen Flügel. Doch mein Herz schlug so heftig wie nach einem Hundert-Meter-Sprint, und ich hatte weiche Knie. Die Vogelstimmen wurden lauter und wirrer, die kreisenden Vögel verdichteten sich allmählich zu einem Schwarm.
    Strix holte das kleine Beil aus der Tasche, das Papa sonst fürs Kaminholz benutzte, und reichte es mir. »Leg los!«
    In dem Augenblick stießen zwei schwarz-weiße Blitze vom Himmel: Leander und die fremde Elster. Mir wurde klar, dass ich die beiden schon früher einmal zusammen gesehen hatte. Ich war fast sicher, dass die zweite Elster Oma war. Aber Oma lag doch bewusstlos im Krankenhaus, oder nicht?
    Die zwei Elstern landeten neben mir im Gras. Leander keckerte aufgebracht die Vogelscheuche an, die geheimnisvolle Oma-Elster schwieg, schien aber den Feind ebenfalls zu kennen.
    Nun lag es an mir, sie nicht zu enttäuschen. Ich schluckte meine Angst herunter und schwang das Beil. Halb erwartete ich, auf eine magische Wand zu stoßen oder einen anderen Widerstand. Doch die Schneide meiner Waffe traf mit dumpfem Pock auf den hölzernen Hals des Ungetüms, sodass der Kopf anschließend schief saß. Schäckäck, dachte ich, während Leander lauthals dasselbe kundtat. Mit einem mächtigen Schwung schlug ich noch einmal zu, und der Rübenkopf flog durch die Luft. Bubo sprang vor, zerrte an dem flatternden schwarzen Mantel und zerfetzte ihn vorn mit einem Taschenmesser. Ein Arm der Vogelscheuche brach ab. Plötzlich war der Wind zu spüren, eine Böe riss Bubo den Mantel aus der Hand. Wie eine dunkle Flagge wehte er vom zweiten Arm des Scheuchengestells, das noch den Stab hielt, mit dem das Ding bei unserer ersten Begegnung nach Strix geschlagen hatte.
    Der verschnörkelte alte Eisenkäfig mit dem Gimpel stand jetzt frei da. Eigentlich hätte der zunehmende Wind durch die Gitterstäbe pfeifen und den kleinen Vogel zerzausen müssen, doch innerhalb des Käfigs schien alles ruhig zu sein. Traurig reckte der Gimpel den Hals und tschilpte und zirpte weiter sein Lied. Er schien uns nicht zu bemerken. Im Lärm der anderen Vogelstimmen war er kaum zu hören.
    Nun mussten wir nur noch den Käfig öffnen. Warum wehrte sich Kotanwi nicht? Kotanwi? Ja. Auf einmal war ich sicher, dass wir es mit Kotanwi persönlich zu tun hatten.
    Ich warf einen Blick nach oben und

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