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Rabenmond - Der magische Bund

Titel: Rabenmond - Der magische Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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bin schön. Schöner als sie.«
    »Sie ist wortgewandt«, warf Jagu ein, als sei Mion gar nicht mehr da.
    Faunia holte zitternd Luft. »Eine Chance. Die bist du mir schuldig. Ich kann dir beweisen, dass ich besser bin!«
    Mion hielt es nicht mehr aus. »Also - ihr seid ja beide übergeschnappt!«
    Jagu grinste. »Und sie hat Verstand. Wie es aussieht, spricht mehr für Mion als für dich. Aber gut, eine Chance... die sollt ihr bekommen. In zwölf Tagen ist die Sommersonnenwende. Sagen wir, diejenige, die das schönere Kleid trägt, werde ich zum Fest im Palast mitnehmen.«
    Alles in Mion sträubte sich dagegen, sich auf einen so ungeheuerlich blöden Wettkampf einzulassen.
    »Abgemacht«, sagte Faunia sofort.
    »Gut«, sagte Jagu. »Jedem von euch stehen zweitausend Gulden zur Verfügung. Lasst euch was Hübsches schneidern.« Er sah Mion an. »Beantwortet das deine Frage, wann du die Drachen zu sehen bekommst?«
    Sie schwieg. Sie war zu enttäuscht und verwirrt, um irgendetwas zu sagen, und wünschte, sie wäre nie hergekommen.
    Faunia kletterte vom Bett und stellte sich direkt vor Mion. Herausfordernd blies sie ihr Rauch ins Gesicht, aber Mion zwang sich, ihr unverwandt in die Augen zu sehen.
    »Also ist es abgemacht«, sagte Faunia leise und schüttelte ihre Hand. Ihr Griff war kühl und erstaunlich kräftig - die zarten, knochigen Finger drückten Mions unangenehm fest. Dabei entdeckte Mion, dass an Faunias Daumen und Zeigefinger weiße Kreide haftete. Und in der Kuppe ihres Ringfingers war ein winziger roter Stich.

Prügelei
    E in paar Tage verstrichen, ohne dass Faunia und Mion ein Wort wechselten. Während der Mahlzeiten bedachte Faunia sie mit halb hämischen, halb angriffslustigen Blicken und sonst sahen sie sich nicht.
    Jagu hatte sich wieder einmal zurückgezogen. Da das Atelier verschlossen war und auch nachts das Zimmer gegenüber dunkel blieb, vermutete Mion, dass er verreist war. Wohin ging er bloß immer? Jedes Mal wenn sie glaubte, sich ihm einigermaßen genähert zu haben, entglitt er ihr wieder und offenbarte neue Rätsel.
    In manchen Momenten hing sie Tagträumen nach, in denen sie und Jagu in die Welt der Drachen eintraten, in anderen war sie davon überzeugt, dass ihm niemals zu trauen war und er ihr nur die Hälfte seiner Pläne verraten hatte. Vor allem was Faunia betraf, schien er alles andere als ehrlich zu sein.
    Mion beobachtete, wie Faunia das Haus verließ und geheimnisvolle, in Seidenpapier gehüllte Päckchen geliefert bekam. Anfangs dachte sie mit Belustigung und Spott daran, wie Faunia sich für die Sommersonnenwende vorbereitete. Dann wurde sie unruhig. Wenn die Drachen wirklich die Gilden in den Palast einluden, wollte sie das um keinen Preis verpassen. Da musste Jagu sie doch mitnehmen.
    Was für ein Kleid Faunia sich wohl schneidern ließ? Zweitausend Gulden standen ihnen beiden zur Verfügung, das war ein wahnwitziger Betrag. Für so viel Geld hätte Mion die halben Ruinen kaufen können.
    Am vierten Tag fasste sie einen Entschluss und ging noch vor dem Frühstück in die Küche, damit das Dienstmädchen ihr einen Wagen bestellte. Herone lief los. Bald kam ein Fuhrjunge und holte Mion ab.
    »Zu Icastoba«, sagte sie.
     
    Es war ein riesiges Haus, noch viel prunkvoller als Jagus. Mächtige Marmorsäulen flankierten die Haustür und in der Eingangshalle gluckerte ein Brunnen mit blauen und goldenen Zierfischen. Eine Dienerin ließ Mion warten, während sie den Sohn des Hausherrn holen ging.
    Wenig später erschien Atlas auf der Wendeltreppe. Anders als auf den Festen, bei denen sie ihn sonst gesehen hatte, trug er nur ein einfaches Hemd und ausgebeulte Hosen, in denen er noch schmächtiger aussah.
    »Mion! Schön, dich zu sehen, was verschlägt dich hierher?«
    Sie lächelte, einfach weil sie sich freute, ihn zu sehen. »Ich brauche ein Kleid.«
    »Soso, du bist also als Kunde hier. Das Einzige, was besser ist als Besuch von Freunden, ist Besuch von Kunden, sagt Meister Icastoba. Leider hat mein Vater alle Hände voll zu tun, das Palastfest steht bevor.«
    Mion schluckte. »Du meinst die Sommersonnenwende?«
    »Natürlich. Kommst du denn auch?«
    Sie holte tief Luft und erzählte ihm von dem Wettbewerb. Atlas hörte mit gerunzelter Stirn zu, dann verschränkte er die Arme und musterte Mion mit einem Blick, bei dem ihr ganz und gar nicht wohl war. Er schien sie zu durchschauen, obwohl es eigentlich ja nichts zu durchschauen gab - aber es missfiel ihr, dass er aus ihrem Bericht

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