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Rabenmond - Der magische Bund

Titel: Rabenmond - Der magische Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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bewährt, um zu erfahren, wie es jetzt weiterging.
    Die Türen waren nicht verschlossen. Mion drückte die Klinke hinunter, ohne anzuklopfen - gewiss war Jagu in seinem Schlafzimmer und hörte sie sowieso nicht. Leise durchquerte sie das Atelier. Durch die Fenster fiel Mondlicht, kaum stark genug, um der Dunkelheit Umrisse zu entlocken.
    Mion blieb stehen. Jagus Schlafzimmertür stand einen Spalt offen. Verwundert kam sie näher und schob sie ganz auf.
    Jagu lag auf dem Bett, ein Bein angewinkelt und die Arme hinter dem Kopf verschränkt, ein schmales Lächeln auf dem Gesicht. Und er war nicht allein. Faunia strich zwischen den Leinwänden umher, die Hände leicht gespreizt, als wiederhole sie ganz langsam die Schritte eines Kindertanzes. Sie trug einen seidenen Hausmantel und ihr Haar fiel ungeordnet zu ihren Hüften herab. In ihrem Mund klemmte Jagus Pfeife.
    Als sie Mion bemerkte, senkte sie die Arme und nahm die Pfeife heraus. Ausdruckslos ließ sie den Rauch zwischen den Lippen hervorwabern.
    Jagu stützte sich träge auf und sah Mion an, offenbar eine Erklärung erwartend.
    Sie versuchte, ihre Stimme zu finden. Die beiden empfanden es offenbar als ganz normal, dass Faunia durch das Zimmer ihres Meisters tanzte.
    »Ja?«, fragte Jagu.
    Faunia gab ein kurzes, albernes Kichern von sich.
    Mion schluckte alle Fragen hinunter. »Ich wollte... Wir müssen was bereden.«
    Er blinzelte als Zeichen, dass sie fortfahren sollte. Irgendwas stimmte nicht mit ihm. Vielleicht hatte er getrunken …
    »Wann treffen wir die Drachen, Jagu?«
    Faunia brach in helles Gelächter aus. Dann lief sie auf das Bett zu und warf sich regelrecht neben Jagu, legte eine Hand auf seine Schulter und paffte die dämliche Pfeife. Auch sie wirkte eigenartig - noch eigenartiger als im Normalzustand.
    »Du wirst... die Drachen treffen«, sagte Jagu gedehnt. »Du wirst ihren Sohn... treffen.«
    Faunia beobachtete Mion wie eine lauernde Katze. Dann schwenkte sie den Kopf zu Jagu herum und rückte so nah an ihn heran, dass ihre Nasenspitze fast seine Wange berührte. »Wen? Jagu, wen wird das Ruinenkind treffen? Ach, sag mir doch, wer es ist! Ich tu auch nichts Falsches.«
    Jagu schüttelte ärgerlich den Kopf, aber um seine Mundwinkel spielte noch immer ein Lächeln. »Nein, Faunia, diese Maus wirst du nicht zum Spielen bekommen. Es ist ein ganz besonderes Mäuschen.« Er lachte leise in sich hinein.
    Mion wurde bang. Was hatten die beiden getan? Stärker als die Sorge aber war ihre Verärgerung darüber, dass Jagu und Faunia ein Geheimnis hatten und sie nicht eingeweiht war. Nachdem er so schlecht über Faunia geredet hatte, war Mion davon ausgegangen, dass er sie nur aus Mitleid im Haus behielt.
    »Was ist mit dir?«, fragte sie dumpf.
    Jagu erhob sich. Faunia sah ihm beleidigt nach, dann ließ sie sich in die Kissen sinken und widmete sich wieder der Pfeife. Unentschlossen ging Jagu durch den Raum, ehe er schließlich zu seinem Schreibtisch tapste und nach einer Weinkaraffe griff. Großzügig schenkte er sich ein und leerte den silbernen Krug in einem Zug.
    »Bist du betrunken?«, fragte Mion abweisend. Ihr Vater hatte manchmal mit den anderen Holzfällern selbst gebrannten Schnaps getrunken, und wenn er abends heimkam, stank er und schnarchte die ganze Nacht so laut, dass niemand außer ihm schlafen konnte.
    Jagu würdigte diese Frage keiner Antwort und kam ein paar Schritte auf sie zu. Gedankenverloren sah er sie an, und Mion fröstelte unter seinem Blick. Hinter seiner spöttischen Versonnenheit lag Dunkelheit... Sie ging einen Schritt zurück. Wie damals, als sie den Streit zwischen Jagu und Faunia beobachtet hatte, kam er ihr vollkommen verändert vor.
    Er schien sich zu sammeln und kippte die letzten Tropfen Wein in den Mund. »Du wirst die Drachen sehen. Viele wirst du sehen. Beim großen Fest der Sommersonnenwende im Palast.«
    Faunia fuhr auf. »Was? Du darfst nicht zwei Lehrlinge mitnehmen!«
    »Ich weiß.« Jagu hielt sich mit einer Hand an dem Bettpfosten fest und blickte zwischen ihr und Mion hin und her. »Eine von euch... wird mitkommen. Ihr wisst beide, um was es geht, also... keine Geheimnisse mehr.«
    Faunia richtete sich auf dem Bett auf, mit ihrem wirren Haar und ihrem verrutschten Seidenmantel doch so herrisch wie eine Königin. »Ich verlange, dass du mich mitnimmst.«
    »Wieso?« Sein Lächeln konnte nicht trügen, er war ganz ernst.
    Faunia blähte die Nasenflügel. »Weil ich besser geeignet bin«, sagte sie leise. »Ich

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