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Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Titel: Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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trennten. Aber im Moment gehe es ja nicht.
    „ Wir können nur warten“, sagte der andere, „das ist das einzige, was wir tun können.“
    Endlich passierten sie einen Wachtposten und dann noch einen. Sie gelangten auf eine Kiesfläche, die von Hecken umfriedet war. Kamark grunzte zufrieden. Sie hatten das Tor erreicht.
    „ Los dann“, sagte er, umschloss ohne viel Theater Elsas Handgelenk mit seinen kalten, knochigen Fingern und zog sie hinüber in eine andere Welt. Es ging alles sehr schnell. Kein Mond schien über Sommerhalt, es regnete und die Nacht war stockdunkel.
     
    Hier standen sie nun, Elsa und Kamark, erst einmal sprachlos und rührten sich nicht. Die weichen Regentropfen fühlten sich angenehm auf der Haut an und die Luft roch gut, nach Erde und Gras und einem fast vergangenen Sommer. Elsa ertastete eine Mauer und setze sich darauf. Sie fragte sich, ob dies die Zerfurchten Wiesen waren, in denen sie hier saß. Ihr ursprünglicher Ankunftsort. Nur einen Schritt von Istland entfernt.
    „ Also“, sagte Kamark nach einiger Zeit, „ich muss dann wohl wieder.“
    „ Hoffentlich hat sich die See beruhigt“, sagte Elsa mitfühlend.
    „ Glaube ich kaum.“
    „ Gibt es noch irgendwas, das du mir erzählen könntest? Über Gaiuper und seine Pläne?“
    Er seufzte laut hörbar und verschränkte die Arme vor der Brust. Elsa konnte nun seine Umrisse erkennen, so gut hatten sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt.
    „ Ich musste ihn neulich an einen komischen Ort bringen“, sagte Kamark. „Eine Welt, in der ich vorher noch nie war. Hab mich zweimal vertan, er hätte mich fast erwürgt. Na ja, als wir den richtigen Ort endlich gefunden hatten, war da ein Mann. Der hat ihm was verkauft. Eine Rolle mit Papieren. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, hatten die was mit dem Verfahren zu tun, mit dem die Antolianer solche wie dich für immer kalt machen wollen. Ja, Gaiuper interessiert sich für das Verfahren. Warum, weiß ich nicht.“
    „ Wer war der Verkäufer? War es ein Ausgleicher?“
    „ Glaube ich nicht. Die würden solche Informationen nicht verkaufen. Das ist ganz geheimes Zeug! Keine Ahnung, wie der Mann das aufgetrieben hat. Er wollte von Gaiuper wissen, was er mit den Papieren vorhat. Der meinte, er verwende das Wissen nur zu Forschungszwecken. Mehr kann ich dir nicht sagen. Übrigens darf ich es niemandem erzählen, du weißt ja. Sonst hetzt er die Schläger auf mich.“
    „ Danke. Das war sehr mutig von dir.“
    „ Ach was, ich bin nur geschwätzig. Ich hab es schon mehreren Leuten erzählt. Also dann – man sieht sich?“
    „ Tja, vielleicht. Pass gut auf dich auf!“
    „ Klar doch, du auch.“
    Und weg war er.

KAPITEL 14
     
    Elsa trug ein dünnes, weißes Kleid, wie man es auf der warmen Ganduup-Insel eben so trägt, und jetzt fror sie jämmerlich. Ihre Sommersandalen waren schon in Sommerhalts aufgeweichter Erde versunken und in den kalten Fingern hielt sie immer noch das Kästchen, das in nasse Seide gewickelt war. Das Geschenk, das König Nada milde stimmen sollte. Aber was nutzte es, den netten König milde zu stimmen, wenn er gar nicht mehr das Buch besaß, das sie haben wollte?
    Sie zitterte am ganzen Leib und beschloss, dass sie auf diese Weise nicht nachdenken konnte. Sie musste ein Rabe werden, der würde nicht frieren. Das war aber sehr gefährlich in der Nähe des Tores. Das Kästchen wollte sie auch nicht dem Raben oder ihren Verwandlungskünsten anvertrauen. Also tastete sie die Mauerreste ab, auf denen sie saß, und als sie einen Hohlraum zwischen den Steinen gefunden hatte, schob sie das Kästchen hinein. Dann zog sie ihre Sandalen aus, schlang die Arme um ihren Körper und tastete sich Schritt für Schritt ins nasse Dunkel Sommerhalts. Gedankenlos stolperte sie vor sich hin, bis sie die ersten Bäume des Waldes erreichte. Dort lehnte sie sich an einen Baum und überlegte, wohin sie als Rabe fliegen wollte. Bevor sie aber einen Entschluss fassen konnte, schlüpfte sie schon in ihre Rabengestalt wie in ein warmes, gemütliches Zuhause. Zwar war der Vogel störrisch und neigte dazu, seine eigenen Wege einzuschlagen. Doch Elsa war es egal. Sie war zu müde und zu ratlos, um sich darum zu kümmern. Sie ließ es geschehen, dass er Mäuse jagte und die abgeernteten Felder jenseits des Waldes mit dem Schnabel aufwühlte. Als sie aber die Umrisse von Hagl schwarz in der Ferne entdeckte, sogar einige leuchtende Fenster darin, da nahm sie ihren Willen zusammen und lenkte den

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