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Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Titel: Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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sterben, damit der Rabe lebt. Meine Diener werden an seiner Unendlichkeit teilhaben, bis zum letzten Tag und darüber hinaus.“
    Sie starrte die schmucklosen Schriftzeichen an und dachte kurz, dass sie der Schrift ähnelten, die sie damals im kundrischen Wörterbuch gesehen hatte. Dann legte sie die Feder beiseite oder versuchte es zumindest. Ein stark riechendes Tuch, das ihr ins Gesicht gedrückt wurde, hinderte sie an allem weiteren Tun. Sie spürte, wie ihr die Feder aus der Hand glitt, und hörte sie ganz leise zu Boden fallen. Dann verlor sie das Bewusstsein.
    Als sie wieder erwachte, brannte ihr Rücken wie Feuer. Sie lag in ihrem Zimmer und obwohl es draußen hell war, hatte man die Vorhänge zugezogen und Kerzen angezündet. Es war viel zu warm für Elsas Gefühl, aber das mochte auch an den Schmerzen liegen, die sie hatte. Es dauerte einige Zeit, bis sie wach genug war, um sich auf die Seite zu drehen und aufzurichten. Hoppier saß auf seinem angestammten Platz auf der Kleidertruhe, am Ende des Betts. Er sah sie an, ängstlich und neugierig zugleich.
    „ Was ist los?“, fragte sie ihn in einem Ton, der ihn zusammenzucken ließ.
    „ Nichts“, antwortete er. „Ich soll dir nur Gesellschaft leisten.“
    „ Schön, danke!“, sagte sie giftig. Ihre Laune war schon sehr schlecht, was sie aber als nächstes entdeckte, erfüllte sie mit einem Zorn, wie sie ihn noch nie bei sich erlebt hatte. Es gelang ihr nämlich aufzustehen, sich vor den Spiegel zu schleppen und ihren Rücken darin zu betrachten: Er war über und über mit schwarzen Nundume-Zeichen bedeckt. Sie schrie und fluchte vor Wut, sodass Hoppier den Kopf einzog, jederzeit bereit, von seiner Truhe zu springen und fluchtartig den Raum zu verlassen. So wie die Vogelfrau, die gerade eben noch an der Tür Wache gehalten hatte und nun eilig verschwand. Elsa nahm den schwersten Kerzenhalter, den sie finden konnte, und schleuderte ihn gegen den Spiegel, sodass sein Glas in tausend Scherben zersprang. Dann zerrte sie die Vorhänge auf und stieß alle übrigen Kerzen aus ihrer Halterung. Sie fielen herunter, zerbrachen und erloschen, bis auf eine. Die brannte noch, doch Elsa gab ihr einen Tritt und dann war es auch damit vorbei. Ein plötzlicher Schwindelanfall zwang sie, sich wieder aufs Bett zu hocken. Dort hielt sie sich den Kopf, gab einen Stoßseufzer von sich und starrte dann, als ihr nicht mehr schwarz vor Augen war, auf den Boden.
    „ Tut es so weh?“, fragte Hoppier schüchtern.
    Sie schüttelte den Kopf.
    „ Was regst du dich dann so auf?“
    „ Einen Vertrag kann man verbrennen“, sagte sie. „Aber das? Ich werde mein Leben lang mit diesem Unsinn auf dem Rücken herumlaufen!“
    „ Das ist bestimmt kein Unsinn“, erwiderte Hoppier. „Sonst hätten sie es dir ja nicht auf den Rücken geschrieben.“
    Das war sein Ernst. Elsa warf ihm einen dieser Blicke zu, die Hoppier hätten umbringen müssen, wenn an dem Märchen von der mächtigen Rabenkönigin etwas dran gewesen wäre. Doch Hoppier starb nicht, er wurde nicht mal grün im Gesicht, sondern sagte nur kleinlaut:
    „ Das wird schon wieder …“
    So blieben sie eine ganze Zeit lang schweigend sitzen, bis Gaiuper kam. Er machte eine knappe Handbewegung und Hoppier trollte sich wie ein Hund. Nachdem er aus der Tür geschlüpft war, war Elsa mit ihrem Feind alleine. Der setzte sich an ihr Bett und wagte es, sich nach ihrem Wohlbefinden zu erkundigen.
    „ Das kannst du dir sparen!“, rief sie. „Was habt ihr mit mir gemacht?“
    „ Wir haben uns mit dir verbündet“, erklärte er. „Wo immer du auch hingehst, der Vertrag, den wir dir eingebrannt haben, wird seine Spuren hinterlassen. Wir, deine treuen Diener, werden dir folgen. Auch für den Fall, dass du mal abhanden kommen solltest. Hast du etwas dagegen?“
    Elsa hatte so viel dagegen, dass sie gar nicht wusste, wo sie anfangen sollte. Doch bevor sie dazu kam, Gaiuper zu beschimpfen, sagte er etwas, das sie bremste.
    „ Morgen holen wir uns den Vogel“, erklärte er.
    Das war, als ob er Elsa einen Eimer mit kaltem Wasser über den Kopf geschüttet hätte. Statt wütend zu sein, hatte sie auf einmal große Angst. Der Vertrag auf ihrem Rücken war ja nur der Anfang. Es würde noch viel schlimmer kommen! Die Hölle war da und sie konnte nicht wegrennen.
    „ Wozu?“, fragte sie. „Du hast doch schon einen Raben. Brauchst du einen zweiten zum Ausstopfen? Oder als Reserve?“
    „ Red kein dummes Zeug. Er gehört zu uns. Ihr beide

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