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Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Titel: Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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Mitte marschieren. Der Zaun des Friedhofs war bereits niedergetrampelt und vermutlich auch die Wachen, die dort gestanden hatten. Wie ernst die Lage war, erkannte Elsa, als zwei schwarze Umrisse durch die Dämmerung flogen und mit einem hässlichen Geräusch am schwarzen Boden aufschlugen. Elsa hörte keine Schmerzensschreie. Wer oder was da geflogen war, war schon tot. In Elsa löste das Geräusch den dringenden Wunsch aus, unsichtbar zu werden und wegzurennen, doch die Möglichkeit hatte sie nicht. Stattdessen wurde sie vorwärtsgedrängt, aus dem Friedhof hinaus. Der Zug der Soldaten marschierte in gleichmäßigem, aber sehr schnellem Tempo voran und das einzig Tröstliche daran war, dass sie laut auftraten und ihre Waffen klirren ließen. Dies entsprach Gaiupers Wunsch. Er wollte seine Feinde stolz herausfordern. Überraschend, aber nicht feige. Hoffentlich hörten die Wehrlosen, dass der Feind nicht feige sein wollte, und flohen, bevor es zu spät war.
    Stolz, wie sie waren, spazierten die Rabenkrieger auch nicht in Zweierreihen zum Haupteingang hinein, sondern stürmten die Mauern des Anwesens, kaum dass sie sie erreicht hatten, ohne Schwierigkeiten und scheinbar schwerelos. Elsa staunte, als sie die ausgewachsenen, schwer uniformierten Männer und Frauen über die Mauern klettern sah, spinnengleich, schwarz und schnell. Auch Elsa hatte gelernt, wie man Mauern erklomm und sich von großer Höhe fallen ließ, aber es war anstrengend, vor allem mit Rüstung, und so schnell hätte sie es niemals tun können. Musste sie auch nicht, denn sie wurde von mehreren Händen gepackt und weitergereicht und ehe sie sich versah, war sie oben und wieder unten auf der anderen Seite, im weichen Gras zwischen riesigen dunkelgrünen Buchsbaumschiffen. Sie war ein Eindringling und fühlte sich auch so, genauso winzig und hilflos wie die Wühlmäuse, die bei den Gärtnern immer so verhasst gewesen waren. Weit weniger wühlmäusig als sie und sehr viel selbstbewusster kam Gaiuper jetzt neben Elsa zum Stehen, mit flatterndem Mantel, ein Dämon, umschwirrt von schwarzen Geistern. Die Rabenkrieger waren jetzt überall, sie breiteten sich im Garten aus. Dann auf einmal gingen die Lichter an: Feuer überall, Elsa sah die alten Bäume wie riesige Fackeln brennen. Rechts und links rannten weitere Soldaten an ihr vorbei und liefen zum Haus, ebenso wie alle anderen Krieger, die sich im Garten aufgehalten hatten. Sie war verdutzt, hatte sie doch gar kein Startsignal gehört. Aber da fiel ihr ein, dass natürlich die Feuer das Startsignal gewesen waren. Es ging los, aber sie war verwirrt und blieb stehen, wo sie war.
    Gaiuper stand neben ihr, bestimmt nicht verwirrt, sondern aus der kühlen Überlegung heraus, dass er die Feinheiten der Kampfführung lieber seinen Befehlshabern überließ, die er am Vorabend auf seine Strategie eingeschworen hatte. In diesem Moment gab es nichts zu entscheiden und nichts zu befehlen für Gaiuper und so konnte er in aller Ruhe hier stehen, im Schein des Feuers, die Arme vor der Brust verschränkt. Seine orangeroten Vogelaugen glühten vor Freude. Denn das Haus, das Elsa immer so riesig vorgekommen war, wirkte nun hoffnungslos zerbrechlich in der schwarzen Brandung aus zerstörungswütigen Soldaten. Zwar strömten heller gekleidete Kämpfer aus den Türen, um sich dem Ansturm entgegenzuwerfen, doch wurden sie schnell zurückgedrängt ins Innere. Die Fenster zersplitterten, Feuer wurde ins Haus geworfen und Haken mit Seilen daran, an denen die Rabenkrieger zu den oberen Stockwerke hinaufkletterten. Elsa sah, wie ein Mensch aus einem Fenster im Erdgeschoss sprang. Er wollte fliehen, schaffte es aber nicht. Elsa sah ihn untergehen in einer Menge aus Leibern und mehr erkannte sie zum Glück nicht. Mittlerweile kündigte sich das Licht des Morgens über den Hügeln an, doch am Boden blieb es dunkel. Da halfen selbst die Feuer nichts. Dort, wo ihr Licht ausgeschlossen blieb, blieben die Schatten schwarz.
    Elsa wusste nicht, wo Hoppier und Sinhine waren. Hoffentlich nicht im Haus, wo der heftigste Kampf stattfand, sondern in irgendeinem geschützten Winkel dieses großen, brennenden Gartens. Es war so widersinnig, einfach hier herumzustehen, geschützt von einer Horde Kriegern, die ebenfalls nur herumstand, denn hier draußen gab es nichts zu tun. Alles in allem wirkte der Überfall wie eine einfache Kleinigkeit. Ein paar Wächter am Friedhof, ein paar bewaffnete Möwen im Haus, mit denen würden die Rabensoldaten

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