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Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition)

Titel: Rabenschwärze: Das Mädchen aus Istland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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mochten.
    „ Wie spät ist es wohl?“, fragte Elsa. „Was glaubst du, Sinhine?“
    „ Später Nachmittag. Die Sonne dürfte in ein oder zwei Stunden untergehen.“
    Sinhine sprach überzeugt. Sie war schon früher in anderen Welten gewesen, als kleines Kind in Begleitung ihrer Mutter. Kamark sah sich verdrossen um. Nach einigem Herumschauen tat er kund, was ihn bedrückte:
    „ Was sollen wir hier zu essen finden? Wo sollen wir schlafen? Es ist ja alles nass!“
    Sinhine rollte mit den Augen.
    „ Was hast du eigentlich gelernt außer Zittern und Jammern?“
    Dann drehte sie sich um und kletterte Ebene für Ebene hinab in eine Art grünes Buschland. Dort verschwand sie in der verschwommenen Grenze zwischen Grün und Nebel.
    „ Sie ist gut“, sagte Elsa. „Sie wird etwas finden. Pilze oder Kaninchen oder so etwas.“
    „ Kaninchen?“, fragte Kamark. „Habt ihr Feuer? Und Gewürze?“
    Elsa schwieg. Kamark gab etwas wie ein Grunzen von sich, schlang die Arme enger um sich und starrte vor sich auf die Steine. Vielleicht war ihm eingefallen, dass er eigentlich Angst vor Elsa haben sollte.
    „ Du?“, sagte Elsa nach einer langen Zeit des Schweigens.
    Kamark sah überrascht auf.
    „ Hast du ein Zuhause?“, wollte Elsa wissen. „Eine Welt, aus der du kommst und in die du gehörst?“
    Kamarks Mundwinkel zuckten leicht.
    „ Da kann ich nicht mehr hin.“
    „ Tut mir leid.“
    „ Ach, es war sowieso nicht so toll da“, sagte er.
    „ Warum?“
    „ Kann ich nicht erklären“, sagte er. „Ich saß immer nur in meinem Zimmer am Computer. Tag und Nacht. Das konnte ich am besten.“
    Elsa versuchte sich vorzustellen, was er meinte. Von Computern hatte sie schon gehört. Es gab welche in Istland, das waren Maschinen, so groß wie Häuser, die etwas ausrechnen konnten. Aber wieso hatte er so eine Rechenmaschine in seinem Zimmer?
    „ Und das war nicht so toll?“
    „ Na ja“, sagte er, „ich weiß nicht, ob es echt war. Wenn du ein Computerspiel programmierst und nebenher Pizza isst – was ist dann echter? Das Spiel oder die Pizza?“
    „ Was ist Pizza?“
    „ Etwas, das ich jetzt verflucht gerne hätte!“, grummelte er und suchte die Gegend nach Sinhines Gestalt ab. Sie war nicht zu sehen. „Etwas zu essen eben!“
    „ Du warst also immer in deinem Zimmer, mit dieser Maschine und der Pizza, und bist nicht von Welt zu Welt gegangen?“
    „ Wie denn? So was gibt es doch bei uns gar nicht. Ich bin der totale Freak. Wenn ich nach Hause käme und denen erzählen würde, was ich hier so mache, dann würden sie mich einweisen!“
    Elsa lachte.
    „ Ja, das wäre in meiner Welt genauso. Mich würden sie auch einweisen.“
    „ Du meinst“, sagte Kamark, „wir sind vielleicht gar nicht hier, sondern gemeinsam irre? Irgendwo eingesperrt bei Kaffee und Kuchen?“
    „ Dann wären wir nicht so hungrig, oder?“
    „ Alles Einbildung“, meinte er. „Jedenfalls – wenn wir nicht ganz richtig im Kopf sind, dann ist die da“, er zeigte auf Sinhine, die nun als Punkt in der Ferne zu sehen war, „die Durchgeknallteste von uns allen.“
    Elsa versuchte zu erkennen, ob Sinhine etwas mitbrachte. Sie war auf einmal schrecklich hungrig. Das lag vermutlich daran, dass alle Angst und aller Kummer von ihr abgefallen waren. Tatsächlich hielt Sinhine in beiden Händen etwas Dunkles.
    „ Rohes Kaninchen?“, fragte Kamark.
    „ Ich hoffe nicht“, sagte Elsa. „Aber warum kannst du nicht zurück in deine Welt?“
    „ Wenn ich das wüsste. Irgendwann hab ich den Rückweg verloren. Selbst wenn ich den noch mal finden würde, sollte ich ihn nicht benutzen. Die brauchen mich so dringend, deine Rabenkumpels, dass sie alles tun würden, um mich zu kriegen. Alles!“
    Das war kein lustiger Gedanke. Er traf auf Elsa genauso zu wie auf Kamark. Sie schwiegen nun, denn Sinhine kam allmählich in Hörweite.
    „ Was haltet ihr davon?“, fragte das Vogelmädchen und warf ihnen zwei dicke schwarze Fische vor die Füße.
    Kamark und Elsa starrten erschrocken auf die glänzenden, toten Tiere, die im Moos vor sich hin dampften und nach Tümpel stanken.
    „ Wenn du die vielleicht ausnehmen und grillen könntest?“, meinte Kamark, doch er sagte nichts weiter, als er Sinhines Gesicht sah.
    Wie die rohen Stücke aussahen, die sie sich schließlich in den Mund stopften, das wusste Elsa nicht, denn die Sonne ging unter, bevor Sinhine die Fische zerlegt hatte. Von den Geräuschen, die sie dabei machte, abgeschreckt, zog sich Kamark in die

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