Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Titel: Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
Vom Netzwerk:
verstricken. Aber nichts war unstillbar in diesem Moment. Es genügte schon, dass er ihr Gesicht streichelte und sie ansah, wie er es schon immer getan hatte, nämlich in der Gewissheit, sie dort in ihren leeren, nachtschwarzen Augen gefunden zu haben. Er würde sie immer finden u nd in seinem Blick behalten, so lange er lebte, das wusste sie. Wenn er nur lebte, lange genug lebte, denn nie hatte sie so deutlich gesehen wie jetzt, dass seine irdischen Augen, mal grau wie Stein, mal blau wie Wasser, endlich waren. Die Vorstellung, dass er eines Tages sterben würde und sie nicht, versetzte ihr einen Stich und brachte sie zurück zu den Ganduup.
    „Du glaubst, sie wissen Bescheid? Über uns?“
    „Es würde mich nicht wundern. Alles, was diese Geister bisher getan haben, war Teil eines ausgefeilten Plans. Sie scheinen immer alles zu wissen, zumindest wissen sie alles eher als wir.“
    Elsa war sehr beunruhigt. Er nahm ihren Kopf in beide Hände und sagte:
    „Mach dir keine Sorgen. Solange du dich nicht überrumpeln lässt, ist der Rest unwichtig.“
    „Aber wenn dir etwas passiert?“
    „Dann läufst du nicht vor Gram zu den Ganduup über. Das sollte dein fester Vorsatz sein. Je fester er ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie es auf diese Weise probieren.“
    Ihr Kopf gehörte gar nicht ihr selbst, sondern den Händen, die ihn hielten, und den Augen, die ihre Sorgen verlachten.
    „Ich weiß nicht, was schlimmer ist“, sagte er. „Wenn du Angst vor mir hast oder Angst um mich. Beides ist unnötig. Ich bin harmlos und noch sehr lebendig.“
    Lebendig war er allerdings, ihre Hände konnten es fühlen und ertasten und sie war ganz fasziniert und ungläubig, dass das Herz, dessen Schläge sie unter ihren Fingerspitzen spürte, ihr gehören sollte. Sie selbst war nur noch Herzschlag bei der Vorstellung, dass sie ihn jetzt küssen könnte und bis morgen nicht mehr damit aufhören müsste. Es würde kein Leimsel kommen und sie daran hindern, das zu tun, wovor Eneria sie immer aufs Schärfste gewarnt hatte: nämlich ihre Unschuld zu verschleudern und damit ihr Leben zu ruinieren. Auf lange Sicht, denn es bestand die Gefahr, dass sie eines Tages, wenn sie Anbar und sich selbst längst überlebt und vergessen hätte, einschlafen und sich im Traum erinnern würde. Sie hatte diese Fähigkeit, wie ein Fluch verfolgten sie Erinnerungen aus früheren Leben, und jetzt, ohne dass sie es gewollt hätte, kam ihr diese Erkenntnis, dass es schon immer so gewesen war: Die Altjas hatten Mal für Mal die Köpfe geschüttelt, wenn sie anfing, Erinnerungen auszugraben. Wenn sie sich nun eines Tages an Anbar erinnern würde und daran, wie sehr sie ihn geliebt hatte, was sollte sie dann machen? Wo könnte sie ihn suchen, wo könnte sie ihn finden, wenn er nicht mehr da war?
    Für den Augenblick spielte es keine Rolle, denn jetzt konnte sie ihn ja finden. Wenn sie ihn nur gründlich genug fand, dann reichte das vielleicht für immer. Sie konnte sowieso nichts mehr verhindern und wollte es auch gar nicht, denn sie befand sich schon längst im sinnlichsten Aggregatzustand, seelisch verflüssigt und nicht zu bremsen, als seine Lippen die ihren berührten, in der deutlich spürbaren Absicht, sie zu lieben, bis keine Ängste mehr übrig waren, ob sie es nun einsah oder nicht. Sie war aber einsichtig, einsichtig und überwältigt und so in Anspruch genommen von dieser Liebe, dass sie keines Gedankens mehr fähig war, zumindest für eine lange, süße Zeit, doch dann, als sie immer hingebungsvoller wurde und er immer zurückhaltender, fing sie wieder zu denken an und sich zu wundern. Wenn es ihm auch nur annähernd so ging wie ihr, dann hätte von ihrer Unschuld schon längst nichts mehr übrig sein dürfen, aber er schien geradewegs zu meiden, was sie unbedingt wollte, und das bereitete ihr plötzlich solch ein Kopfzerbrechen, dass sie mitten im Kuss erstarrte und dann, nachdem sie eine Sekunde lang Mut gefasst hatte, seinen Blick suchte, um der Wahrheit auf den Grund zu gehen.
    „Ich weiß, das ist unromantisch“, sagte er, ohne dass sie ihn etwas gefragt hätte, „aber wir müssen noch ein paar Dinge klären.“
    Elsa fühlte sich sehr lebhaft an Romers Worte erinnert, ja, ihr blieb fast die Luft weg, wie sehr Romer mit seiner Wenn-und-Aber-und-nie-die-Kontrolle-a ufgeben-Einschätzung von Anbar r echt gehabt hatte.
    „Romer hat mich gewarnt“, sagte sie jetzt. „Er hat gesagt, du könntest niemals deinen Kopf verlieren.“
    „Er

Weitere Kostenlose Bücher