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Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Titel: Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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ihr die Ganduup weit voraus, denn sie bewegten sich viel schneller als sie.
    Elsa strengte sich an, sie einzuholen, und dabei hörte sie sich laut atmen. Es war nämlich ganz still rund um sie her. Die Ganduup bewegten sich ohne jedes Geräusch, das Sonnenlicht kam lautlos zu den Fenstern herein, Wind gab es an diesem Morgen so gut wie keinen und das Meer lag regungslos da. Hätte nicht wenigstens ab und zu in der Ferne ein Vogel geschrien, so hätte Elsa Zweifel daran gehabt, ob sie nicht aus Versehen im Jenseits gelandet war. In Laudas weißem Himmel womöglich, auch wenn sich die Engel anders darstellten, als es ihr der Priester beschrieben hatte. Fliegen konnte n sie ja, die Ganduup, oder zumindest schweben. Hell und leuchtend waren sie auch, aber vom allmächtigen Schöpfer fehlte jede Spur. Sicher war er getürmt, nachdem ihm die Sünden der Menschen über den Kopf gewachsen waren. Er hatte sich Bolhins Boot geschnappt und war einfach davon gesegelt in eine andere Wirklichkeit.
    Im nächsten Moment erschrak Elsa, denn sie wurde von einer Ganduup eingeholt, die vorher noch nicht da gewesen war. Sie mochte aus einem Zimmer oder einem tieferen Teil der Festung gekommen sein und glitt in ihrer lautlosen Art an Elsa vorbei. Dann blieb sie stehen und drehte sich um. Zu ihrem Erstaunen nahm Elsa wahr, dass es sich um ein Vogelwesen handelte. Die Ganduup hatte Flügelarme und ein Schnabelgesicht. Ihre runden Vogelknopfaugen waren rötlich, ihr Haar braun. Elsa hatte sie noch nie gesehen.
    „Pssst“, machte die Vogel-Ganduup mit einem Finger auf den Geisterlippen und flüsterte dann: „Sag bitte niemandem, dass du mich gesehen hast.“
    Die Vogel-Ganduup wirkte sehr normal für eine Ganduup. Wären ihre Umrisse nicht leicht verschwommen gewesen und wäre sie nicht so lautlos neben Elsa hergegangen, dann hätte Elsa Zweifel gehabt, ob es sich überhaupt um eine Ganduup handelte. Der natürliche Tonfall der Frau hatte etwas Wärmendes. Er war sehr menschlich.
    „Sinhine schickt mich. Sie braucht deine Hilfe.“
    Das überraschte Elsa nun sehr. An Sinhine hatte sie schon lange nicht mehr gedacht. Sie wusste nicht mal, wann sie Sinhine das letzte Mal gesehen hatte. Wahrscheinlich vor dem ersten Angriff auf Hagl. Danach hatte sich Sinhine geweigert, Elsa zu treffen.
    „Ist Sinhine auch eine Ganduup geworden?“, fragte Elsa.
    Die Vogel-Ganduup schüttelte den Kopf.
    „Nein. Sie hasst die Ganduup. Aber sie würde es sich noch anders überlegen, wenn ihre Wünsche erfüllt würden.“
    Jetzt war Elsa wieder sehr langsam geworden. Denken, sich wundern und gleichzeitig bergauf gehen nach einer durchwachten Nacht, das war nicht ihre Stärke. Die anderen Ganduup waren schon eine ganze Weile hinter der nächsten Windung des Gangs verschwunden.
    „Was genau bist du?“, fragte Elsa. „Ihre Freundin?“
    „Nein, ihre Dienerin.“
    „Das ist ja unglaublich.“
    „Findest du? Warum sollte ich nicht ihre treue Dienerin sein?“
    „Sinhine ist nicht älter als ich. Was ist an ihr so wichtig oder besonders, dass eine Frau wie du ihr dienen muss?“
    Elsas Frage erstaunte die Vogel-Ganduup. Sie schien darüber nachzudenken, dann hatte sie die Lösung des Rätsels gefunden.
    „Ich verstehe“, erwiderte sie im Flüsterton, „du findest, dass Sinhine weit unter dir steht. Das mag sein, aber sie ist bei uns eine große Anführerin. Zusammen mit Tegga steht sie über allen Rabendienern, die nicht Ganduup sind.“
    Elsa ließ die Worte auf sich wirken.
    „Sind das denn so viele? Ich dachte, gerade werden alle zu Ganduup gemacht.“
    „Nur die, denen es gestattet wird. Es gibt auch welche, die es nicht wollen, weil sie den Ganduup misstrauen. Insgesamt sind wir noch einige Tausend. Ich meine – nicht wir. Ich bin ja jetzt Ganduup. Ich habe es für Sinhine getan. Sie braucht hier Verbündete.“
    Die Vogel-Ganduup sah sich um und blieb fast auf der Stelle stehen. Ihr schien es nur recht zu sein, dass Elsa so langsam geworden war.
    „Wir haben nicht viel Zeit“, sagte die Vogel-Ganduup. „Was ich dir sagen soll, ist das: Tegga wird von den Ganduup gequält und gefangen gehalten. Du sollst erwirken, dass er frei kommt. Wenn ihm gestattet wird, Ganduup zu werden, ist Sinhine bereit, sich den Ganduup anzuschließen.“
    „Warum wird Tegga gefangen gehalten?“
    „Er hat eine Ganduup getötet.“
    „Ach ja? Wie macht man das?“
    „Indem man eine Schlafende tötet. Er wollte noch mehr töten als die eine, es war ein groß

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